Eine Mehrheit des Ständerates hat heute die Motion von Thierry Burkart zur Aufhebung der Nichtwiederausfuhr-Erklärung abgelehnt. Der Versuch der Rüstungslobby, unter dem Vorwand der militärischen Hilfeleistung im Ukrainekrieg das Kriegsmaterialgesetz massiv zu lockern, ist somit gescheitert.
Thierry Burkart war in der Debatte um die Weitergabe von Schweizer Waffen an Drittstaaten in den vergangenen Wochen omnipräsent. Bereits im Sommer letzten Jahres reichte er seinen Vorschlag in der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats (SiK-S) ein. Die Motion «Neutralität wahren, Stib stärken» wollte die Nichtwiederausfuhr-Erklärungen für Länder, die «unseren Werten verpflichtet sind» und über ein «vergleichbares Exportkontrollregime» verfügen (sogenannte Anhang-2-Staaten), abschaffen. «Was zunächst harmlos erscheint, entpuppt sich als reine Mogelpackung», meint Anja Gada, Sekretärin der GSoA.
Anhang-2-Staaten erfüllen Bewilligungskriterien des KMG nicht
Gemäss der Begründung der Motion dürften Lieferungen nämlich weiterhin nicht mit dem Zweck erfolgen, sie an ein kriegsführendes Land weiterzugeben – auch nicht an die Ukraine. Hingegen würden indirekte Lieferungen in Drittstaaten wie Saudi-Arabien ohne jegliche Restriktionen legalisiert. Dass Anhang-2-Staaten keineswegs dieselben Exportkontrollregimes wie die Schweiz haben, zeigen die jeweiligen Waffenexport-Statistiken. «Grossbritannien, Frankreich und weitere europäische Staaten liefern in grossem Umfang Kriegsmaterial an Saudi-Arabien, Oman, Libyen, Tschad, Aserbaidschan oder die Vereinigten Arabischen Emirate», gibt Gada zu bedenken. Allein Grossbritannien hat 2022 trotz des Jemen-Kriegs Kriegsmaterial im Wert von 267 Millionen Pfund nach Saudi-Arabien exportiert.
Frontalangriff auf KMG abgewendet
Mit einer rückwirkenden Aufhebung der Nichtwiederausfuhr-Erklärung, welche laut Stellungnahme des Bundesrates vom 7. September 2022 sowieso rechtlich nicht möglich wäre, wären der Rüstungsindustrie Tür und Tor für Waffenexporte an autoritäre Regimes geöffnet worden. Dies hätte das Kernanliegen der Korrekturinitiative, deren Gegenvorschlag im Mai 2022 in Kraft getreten ist, ausgehebelt. Anja Gada sagt hierzu: «Die breite Allianz der Korrekturinitiative hat diese nur unter der Prämisse zurückgezogen, dass das Hauptanliegen der Initiative respektiert wird. Wir sind froh, dass der Ständerat diesem Frontalangriff auf die Menschenrechte in autoritären Staaten zugunsten des Profits der landeseigenen Rüstungsindustrie nicht stattgegeben hat.»
«Würde es Thierry Burkart und seiner FDP wirklich um die konsequente Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg gehen, würde er auch eine Taskforce zur Aufspürung russischer Oligarchengelder, eine Aufstockung der humanitären Gelder und mehr Transparenz im Rohstoffhandel fordern. Das Abstimmungsverhalten im Parlament beweist jedoch das Gegenteil», stellt Gada klar.