Daniela Gschweng für die Online-Zeitung INFOsperber
So schnell kann es gehen – noch vor einem Dreivierteljahr schrieb die Autorin dieses Artikels, Erfolge in der Entwicklung von Natrium-Ionen-Akkus seien in den nächsten Jahren eher nicht zu erwarten.
Am 23. Februar wurde in China das erste Auto mit Natrium-Ionen-Akkus präsentiert. Das berichtete das chinesische Branchenmedium «CnEVpost». Der JAC Sehol-E10X ist der Prototyp eines Kleinwagens, der bisher serienmässig mit Lithium-Akkus bestückt ist.
Das Testfahrzeug fährt mit einem Akku-Pack mit einer Kapazität von 25 Kilowattstunden (kWh) und einer Energiedichte von 120 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg). Im Test komme der Wagen damit auf eine Reichweite von rund 250 Kilometern. Die Lebensdauer betrage 2000-3000 Ladezyklen, gibt der Hersteller an.
Unerwartet schnell und von unerwarteter Seite
Bisher wurden Natrium-Ionen-Akkus nur in kleinen Fahrzeugen wie Zweirädern eingesetzt oder als Speicher verwendet. Durchbrüche und Neuentwicklungen wurden zwar regelmässig vermeldet, kommerziell tragfähig waren sie bisher nicht.
Erwartet hätte man eine solche Neuigkeit auch eher von einem der grossen Batteriehersteller wie CATL, LG Energy oder BYD, nicht von einem kleinen chinesischen Unternehmen wie Hina (zu Deutsch: «Meerwasser» oder «Meersalz»).
Kooperation mit Volkswagen
Vorgestellt wurde das Natrium-Auto von Sehol, einer Marke von JAC-Volkswagen. JAC wiederum ist eine chinesisches Unternehmen, das ein Joint Venture mit Volkswagen betreibt und zu Hälfte VW gehört.
Die Kapazität des Akkus von 120 Wh/kg sei nicht schlechter als die des Tesla Model 3 von 2020, das Akku-Pack nur wenig schwerer, vergleichen diverse Tech-Portale wie «Golem» und t3n. Die jetzt verbauten Zellen allein haben dabei laut «CnEVPost» 140 Wh/kg. Hina baut auch Akkus mit 150 und 155 Wh/kg.
Der – ebenfalls chinesische – Weltmarktführer CATL fertigt laut «CnEVPost» seit 2021 Natrium-Akkus mit einer Energiedichte von 160 Wh/kg und will in der nächsten Generation 200 Wh/kg erreichen – das entspricht etwa der Energiedichte jetzt gängiger Lithium-Akkus.
Kaum Reichweitenverlust, aber kürzere Ladezeiten
Laut Hina ist die Neuentwicklung auch in anderer Hinsicht vielversprechend. Der Natrium-Akku halte tiefe und hohe Temperaturen besser aus als Lithium-Akkus und lade schneller. Bei minus 20 Grad habe er noch 90 Prozent Kapazität, bei Zimmertemperatur lade er in 15 Minuten auf 80 Prozent.
Grosse Aufmerksamkeit erfuhr die Präsentation des Wagens vor allem deshalb, weil Lithium zu den derzeit begehrtesten Rohstoffen der Welt gehört. Das Leichtmetall wird vor allem in Südamerika und unter umweltschädlichen Umständen gewonnen. Natrium hingegen ist günstig und quasi überall vorhanden. Das Element mit dem chemischen Symbol Na ist unter anderem Bestandteil von Koch- und Meersalz (Natriumchlorid).
Verzicht auf Lithium und weitere umstrittene Rohstoffe
Na-Ionen-Akkus sind im Vergleich nicht nur sehr günstig. Im Gegensatz zu ihren Lithium-Pendants kommen sie unter Umständen auch ohne weitere umstrittene Rohstoffe wie Kupfer, Kobalt und Nickel aus. Nach der Beschreibung der Akku-Technologie auf der Website von Hina ist zumindest Kupfer nicht vorgesehen – stattdessen verwendet Hina Aluminium als Leitungsmedium.
CATL jedenfalls verwendet in seinen Natrium-Batterien weder Kobalt noch Nickel. BYD hat als zweiter Akku-Grossproduzent die Massenfertigung von Na-Ionen-Batterien für das zweite Quartal 2023 angekündigt. Dann soll es auch weitere mit Natrium-Ionen-Akkus bestückte Fahrzeuge geben.