Die Staatengruppe BRICS setzt sich seit dem Beginn ihrer Partnerschaft vehement dafür ein, auf Grundlage des Multilateralismus eine neue und gerechtere globale Wirtschaftsordnung zu verwirklichen. Dafür soll vor allem das von den USA und anderen westlichen Staaten dominierte Weltfinanzsystem transformiert werden.

Von Alexander Männer

Die Staatengruppe BRICS der aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gilt als einer der wenigen Vereinigungen der Welt, die das Prinzip des Multilateralismus als Grundlage für ein alternatives wirtschaftliches und politisches Machtzentrum nicht nur proklamiert, sondern sich aktiv dafür einsetzt, dieses Modell zu verwirklichen. Dafür wollen die fünf Schwellenländer rigorose Veränderungen vor allem im globalen Wirtschafts- und Finanzbereich herbeiführen. Ein Schlüsselaspekt dabei ist die Transformation des von den westlichen Staaten dominierten Weltfinanzsystems.

Im Hinblick auf die heutige Weltwirtschaft kann man definitiv eine wachsende Rolle der BRICS-Länder konstatieren, die auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist. Dazu zählen ihr Beitrag zur Reform der internationalen Wirtschaftsinstitutionen, ihr Einfluss auf den Wandel der internationalen Währungs- und Finanzstrukturen sowie ihre wirtschaftlichen Perspektiven.

Was die Perspektiven der BRICS bezüglich der Transformation der finanzpolitischen Architektur angeht, so versucht die Staatengruppe sowohl  die Abkehr vom US-Dollar als Leitwährung zu realisieren als auch alternative Rahmenbedingungen im Weltwährungssystem zu schaffen, damit der Handel künftig in nationalen Währungen abgewickelt werden kann.

Dabei fördert man, wie etwa China, die Internationalisierung der eigenen Landeswährung. Im Falle der chinesischen Währung, des Yuans, lanciert Peking deswegen eine Vielzahl von entsprechenden Maßnahmen, von bilateralen Geschäftsabwicklungen bis hin zu einer vollständigen Etablierung der besagten Zahlungsmittels als Reservewährung.

Ein Beispiel dafür ist die chinesische Initiative, den Kauf von fossilen Brennstoffen von den wichtigen Ölförderländern des Nahen Ostens künftig in Yuan abrechnen. Ein kluger Schritt, wenn man bedenkt, dass der hautpsächlich in Dollar abgewickelte Rohstoffhandel einen Eckpfeiler der Dominanz Washingtons im internationalen Finanzsektor darstellt. Wenn man den Dollar also ablösen will, dann sollte bei dem Rohstoffhandel auf die US-Währung verzichtet werden. Und genau diesen Weg hat Peking, mit seinem Versuch, den „Petro-Yuan“ zu etablieren,  nun eingeschlagen.

Im Hinblick auf die Transformation des globalen Finanzsystems versuchten die BRICS stets eine entscheidende Rolle bei den Reformen der internationalen Finanzinstitutionen zu spielen. Es ging vor allem darum, die beiden US-geführten Finanzinstitutionen Internationaler Währungsfond (IWF) und Weltbank zu reformieren, um den Entwicklungsländern mehr Entscheidungsmacht zu ermöglichen. Trotz des erwarteten Erfolgs sind die entsprechenden Pläne letzten Endes nicht umgesetzt worden.

Die „New Development Bank“

Laut Experten waren das Scheitern der besagten Reformen sowie der Zeitpunkt und die politische Lage für die Entscheidung der BRICS damals ausschlaggebend gewesen, mit der „Neuen Entwicklungsbank“ (engl. New Development Bank, NDB) ein eigenes und vom Westen unabhängiges Kreditinstitut zu gründen und damit einen Einschnitt im globalen Bankensystem zu unternehmen. Es war 2014, also die Phase, in der die BRICS öffentlich ihren Unmut über die Dominanz des Westens beim IWF sowie die Wahl von Christine Lagarde zur Chefin dieser Institution bekundet hatten. Die Ländergruppe kritisierte den IWF sehr scharf dafür, die im Grunde beschlossenen Reformen der Quoten und der Verwaltung nicht umgesetzt zu haben. Der entsprechende Beschluss über die Umverteilung der Quoten war zwar in Kraft getreten, allerdings ist die Überprüfung der Berechnungsformel für die Quoten immer wieder verschoben und bis heute nicht umgesetzt worden.

Wie Paulo Nogueira Batista Jr., ein bekannter brasilianischer Ökonom und ehemaliger Vizepräsident der NDB, behauptet, hätten die BRICS sich niemals für die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank entschieden, „wenn diese Institutionen flexibler gewesen wären“. So aber wollte man vor allem die globale Architektur für Entwicklungsfinanzierung verändern, und zwar dadurch, dass man für den Geldbedarf der Entwicklungsländer sorgt und damit die Möglichkeit gewährleistet, dass diese Volkswirtschaften sich einer Phase weiterentwickeln, in der es weltweit nicht genug Kredite gab.

Im Grunde sollte sich die „New Development Bank“ zur führenden Entwicklungsinstitution für Schwellen- und Entwicklungsländer entwickeln. In erster Linie jedoch sollte die NDB die Finanzierung von Infrastrukturprojekten und anderen Bereichen einer nachhaltigen Entwicklung in den BRICS-Staaten gewährleisten.

Zugleich gehörte die Sicherung der finanziellen Sicherheit in den fünf Schwellenländern, die einen gleichen Anteil von Aktien und jeweils eine Stimme bei der NBD besitzen, zu den Aufgaben der Bank. Dafür hat die NDB die Multilaterale Clearing-Union entwickelt – ein  Sicherheitsinstrument, das den BRICS-Ländern in Form einer 100-Milliarden-Dollar-Sicherheitsrücklage (engl. Contingency Reserve Arrangement, CRA) in Zeiten der Not die notwendigen Währungsswap-Geschäfte und die Abwicklung in nationalen Währungen garantieren soll. Das CRA umfasst zwei Währungsswap-Instrumente zur Bewältigung von kurzfristigen Zahlungsbilanzlücken in den Leistungs- und Kapitalbilanzen eines Landes: Ein Liquiditätsinstrument zur Bewältigung von aktuellen kurzfristigen Zahlungsbilanzlücken und ein Vorsorgeinstrument, das als Sicherheitspolster bei künftigen Zahlungsbilanzlücken dienen soll.

Zu den weiteren Aufgaben des CRA gehören die Förderung der Zusammenarbeit in der Währungspolitik, die Ausweitung des Handels, Kreditvergaben sowie technische Hilfe zwischen den BRICS-Mitgliedern.

Bis 2022 hatte die NDB die Finanzierung von mehr als 70 Infrastrukturprojekten in Höhe von rund 30 Milliarden Dollar genehmigt. Das CRA soll Projekte in Höhe von 100 Milliarden Dollar genehmigt haben.

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