Die Geschworenen des Strafgerichtshofs erklären die Mitbegründer von Scientist Rebellion, Mike Lynch-White und Dr. Tim Hewlett der Sachbeschädigung im Rahmen ihrer gewaltfreien Protestaktion an der Royal Society in London für nicht schuldig.

Die Aktion, bei der Farbe an den Eingang zur Royal Society geschmiert wurde, veranlasste über zweitausend WissenschaftlerInnen aus aller Welt, sich Scientist Rebellion anzuschließen. Die Aktion unterstrich das Leitprinzip von Scientist Rebellion: Die Warnung der WissenschaftlerInnen vor der Klimakrise wird nicht ernstgenommen werden, wenn sie nicht zu Störaktionen bereit sind.

“Wenn Du jemandem sagst, dass das Haus in Flammen steht und dann so weiter machst wie bisher, dann darfst Du nicht erwarten, dass Dich die Leute ernst nehmen“ – Mike Lynch-White

Beide Wissenschaftler benutzten das “Einverständnis“ zu ihrer Verteidigung. Das bedeutet, wenn die Royal Society das Potential der Wissenschaftler:innen erkannt hätte, politische Veränderungen durch Aktivismus herbeizuführen, wäre sie damit einverstanden gewesen, dass der Schaden an ihrem Gebäude dem Erreichen dieses Zieles diente.

In einem zweiten Fall, der vor den gleichen Geschworenen am Southwark Crown Court verhandelt wurde, wurde Dr. Hewlett der Sachbeschädigung für schuldig befunden, nachdem er im April 2022 an einer Protestaktion vor der Shell-Zentrale in London teilgenommen hatte. Der Protest war Teil einer internationalen Aktion mit mehr als tausend teilnehmenden WissenschaftlerInnen. Im Laufe der Verhandlung erhöhte Shell seine Kostenschätzung für den Schaden, der durch Farbe entstanden war, von ursprünglich 5.000 auf 70.000 Pfund. Den Geschworenen waren nur Kosten von mehr als 5.000 Pfund bekannt, nicht aber die tatsächliche Summe. Der einzige vorliegende Beweis war eine Rechnung von 1.300 Pfund für Reinigungsarbeiten. Vor der Strafverkündung werden in diesem Fall noch weitere Nachweise über Kostenansprüche erwartet.

In beiden Fällen wurden Menschenrechtsgesetze, wie das „Recht auf Leben“ und die „Notwendigkeit“ vom Richter außer Acht gelassen. Von den 45 Beweisstücken gegen Shell wurden nur zwei zugelassen. Einem Sachverständigen wurde es verwehrt, über die Menschenrechtsverletzungen von Shell zu sprechen sowie über deren Versagen, rechtsverbindliche Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen. Ohne Begründung nicht zugelassen wurden außerdem drei weitere Augenzeugen.

“In den Gerichten Großbritanniens wird der Austausch von Argumenten erheblich eingeschränkt, um Schuldsprüche wahrscheinlicher zu machen. Der Sieg gegen die Royal Society rechtfertigt die Argumente von Scientist Rebellion: WissenschaftlerInnen können und müssen wirkliche Veränderungen durch zivilen Widerstand erreichen.“ – Dr Tim Hewlett

Mike Lynch-White ist seit dem 10. Februar in Untersuchungshaft und bleibt es weiter, bis im März weitere Prozesse stattfinden werden.

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


Scientist Rebellion ist eine Klimabewegung mit mehr als tausend Mitgliedern in 32 Ländern. Zu uns gehören Studierende der Wissenschaft ebenso wie Professoren aus einer Vielzahl wissenschaftlicher Bereiche. Wir alle glauben, dass WissenschaftlerInnen direkte, gewaltfreie Aktionen durchführen müssen, um Glaubwürdigkeit zu erlangen. Während unserer Aktionen des zivilen Widerstands identifizieren wir uns durch das Tragen von Laborkitteln. Der Climate Emergency Fund unterstützt Scientist Rebellion bei der Anwerbung, dem Training, dem Aufbau von Kapazitäten und der Bildungsarbeit.