Für Tierexperimente darf es keine wirtschaftlichen Anreize geben. Testbiotech, Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie, hat bereits in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen mehrfach erfolgreich Einsprüche am EPA eingelegt.
Teilerfolg für Testbiotech am Europäischen Patentamt
Nach Einspruch von Testbiotech gegen ein Patent auf gentechnisch veränderte ‚Alzheimer-Tiere‘, die in der pharmazeutischen Forschung eingesetzt werden sollen, wurde dieses heute erheblich eingeschränkt. Ursprünglich umfasste das Patent (EP3066203), das 2020 vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt wurde, alle Nagetiere und nicht-menschliche Primaten bis hin zu Menschenaffen, bei denen per Gentechnik bestimmte Symptome der Alzheimer-Krankheit ausgelöst werden. Jetzt wurde das Patent von der Einspruchsabteilung des EPA auf Ratten und Mäuse eingegrenzt.
Mit den patentierten Verfahren sind erhebliche Leiden verbunden. Wie im Patent beschrieben, werden gentechnisch veränderte Viren direkt in das Gehirn der Tiere injiziert und die krankmachenden Gene so in das Erbgut übertragen. In der Folge zeigen sich zunächst Verhaltensauffälligkeiten und dann Veränderungen der Gehirnzellen, wie sie auch bei der Alzheimer-Krankheit zu beobachten sind. Mithilfe dieses ‚Tiermodells‘ sollen Arzneimittel und Therapien entwickelt werden.
Das Patent wurde für Forschungseinrichtungen in Frankreich erteilt. Hintergrund des Einspruchs von Testbiotech sind ethische Bedenken: Durch derartige Patente können wirtschaftliche Anreize für die Durchführung von unnötigen Tierexperimenten geschaffen werden.
Es gibt bereits weit über hundert ‚Tiermodelle‘, mit denen die Alzheimer-Krankheit simuliert werden soll. Ihnen allen gemeinsam ist, dass die gentechnisch veränderten Tiere zwar verschiedene Symptome der Krankheit entwickeln, es aber dennoch nicht gelungen ist, wirksame Therapien oder Arzneimittel zu entwickeln. Trotzdem wurde für den Einsatz entsprechender Modelle in der pharmazeutischen Forschung geworben. Ein Grund dafür können wirtschaftliche Erwartungen sein, die oft mit entsprechenden Lizenzverträgen verbunden sind.
Die europäischen Patentgesetze schreiben vor, dass Patente auf Tiere nur dann erteilt werden können, wenn dem Leiden der Tiere ein wesentlicher medizinischer Nutzen gegenübersteht. Tatsächlich stammt das hier patentierte ‚Tiermodell‘ aus dem Jahr 2014. Seither wurden aber keine neuen Arzneimittel oder Therapien entwickelt, wie dies laut Patent beabsichtigt ist.
Dagegen weisen die PatentinhaberInnen darauf hin, dass es jüngst gelungen sei, ein diagnostisches Verfahren zur Früherkennung der Alzheimer-Krankheit zu entwickeln. Aus diesem Grund widerrief das EPA die Ansprüche auf Ratten und Mäuse nicht. Doch Testbiotech hält es für fraglich, ob das diagnostische Verfahren geeignet ist, den Nutzen des Patentes zu beurteilen, weil dieses im Patent gar nicht beschrieben wurde.
Testbiotech kritisiert, dass es bei Patenten auf gentechnisch veränderte Versuchstiere oft nicht um den Nutzen für die PatientInnen, sondern um wirtschaftliche Interessen geht. Mit dem Leiden von Tieren dürfe aber kein Profit gemacht werden. Testbiotech hat in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen bereits mehrfach erfolgreich Einsprüche am EPA eingelegt.