Wie schaffen wir es, als Gesellschaft zu überleben? Zusammen statt gegeneinander.
Natürlich können wir nachvollziehen, dass negative Gefühle ausgelöst werden – gerade bei ökologisch bewusst lebenden Menschen –, wenn Protestierende der Letzten Generation in ein Flugzeug steigen. Vielen von uns geht es so.
Gleichzeitig stehen wir jetzt wieder da. Es wurde ein Haar in der Suppe gefunden. Wie erwartbar. Und doch, angesichts der Katastrophe, die wir als Letzte Generation vor den Kipppunkten versuchen zu verhindern, immer wieder traurig.
Was bisher geschah:
Ein Mensch, der gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen demonstrierte, sollte am Dienstag in Stuttgart vor Gericht stehen. Mit dem Gericht abgesprochen, blieb er diesem fern. Er befindet sich aktuell in Thailand, um dort mit seiner Freundin viele Monate zu bleiben. Die Bild-Zeitung titelte dazu gestern: Klima-Kleber fliegen nach Bali.
War ihnen das Wort „Thailand“ zu lang? Klang „Bali“ empörender?
Individuelles Verhalten ist nicht unwichtig, im Gegenteil. Hier in Deutschland gehört ein großer Teil der Menschen zu den reichsten Prozenten der Welt, die am meisten zur Klimakrise beigetragen haben und beitragen. Dass sich das verändert, muss politisch beschlossen werden. Der entschlossene, friedliche und gemeinsame Protest hierfür ist in Anbetracht der Kürze der Zeit unabdingbar, um die Katastrophe aufzuhalten.
Sich politisch gegen den Klimakollaps zu engagieren, geht oft damit einher, das eigene Leben umzustellen. Es ist jedoch keine Voraussetzung, dies zu tun. Insbesondere beeinflusst es auch nicht, wie richtig oder falsch Forderungen an die Bundesregierung sind.
Aber falls irgendein Zweifel bestand, ob Menschen, die Fleisch essen, Auto fahren oder Langstreckenflüge machen, mit uns gegen den Verfassungsbruch der Regierung auf die Straße gehen können, dann möchten wir den hiermit ausräumen: Ja!
Und seien wir mal ehrlich:
Ist es keine Doppelmoral, „Klimakanzler“ zu sein und Lützerath abzubaggern?
Ist es keine Doppelmoral, Klimaschutz wichtig zu finden, aber in Bayern keine Windkraftanlagen haben zu wollen?
Ist es keine Doppelmoral, in der Klimakrise den Autobahnausbau als Lösung zu verkaufen? Das Rasen auf den Autobahnen als Freiheit zu sehen, eine Freiheit, für die andere mit ihrem Leben bezahlen müssen?
Wenn wir warten, bis alle Menschen sich klimabewusst verhalten, ohne dass sie es müssten, dann gehen wir über die Klippe. Wir laden alle ein, jetzt den Blick voneinander ab – und dem wirklich Wichtigen zuzuwenden: Wie schaffen wir es, als Gesellschaft zu überleben? Lasst uns zusammenkommen und auf demokratische Weise in einem Gesellschaftsrat entscheiden, wie wir das möglich machen.