Rheinmetall will seinen modernsten Kampfpanzer („Panther“) an die Ukraine verkaufen. Unstimmigkeiten begleiten die Lieferung von Leopard 2. Panzerung des Leopard 1 gilt als zu schwach.
Der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern will der Ukraine den neuesten High-Tech-Kampfpanzer Panther liefern, das Nachfolgemodell des Leopard 2. Wie Konzernchef Armin Papperger mitteilt, verhandelt das Unternehmen zur Zeit mit Kiew darüber; die Lieferungen könnten demnach Mitte 2024 beginnen. Papperger stellt zudem in Aussicht, den Panther – technische Bezeichnung: KF 51 – auch in der Ukraine zu produzieren. Darüber hinaus zieht Rheinmetall in Betracht, Kiew seinen Schützenpanzer Lynx zu verkaufen. Diesen hat der Konzern bislang nur in Ungarn absetzen können, wo er auch gefertigt werden soll. Ein erfolgreicher Einsatz im Ukraine-Krieg könnte sich allerdings als verkaufsfördernd erweisen. Unstimmigkeiten begleiten hingegen die geplante Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2. Berlin stimmt der Lieferung niederländischer Exemplare laut Berichten aus Den Haag nicht zu – möglicherweise, weil sie für die NATO-Battlegroup in Litauen benötigt werden. Zu der Lieferung einer dreistelligen Zahl an Leopard 1 heißt es, das Modell habe eine schwache Panzerung und könne im Duell mit russischen T-72 oder jüngeren Versionen kaum bestehen.
Unstimmigkeiten beim Leopard 2
Vor dem nächsten Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe am morgigen Dienstag in Brüssel halten allerlei Unstimmigkeiten bei der geplanten Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine an. Als sicher galt am Wochenende bloß, dass Deutschland und Polen je 14 Leopard 2-Panzer bereitstellen werden. Norwegen, Spanien und Portugal hatten gleichfalls Leopard-Panzer in Aussicht gestellt, jedoch Berichten zufolge noch keine abschließende Entscheidung getroffen.[1] Keine Kampfpanzer werden offenbar die Niederlande liefern. Wie die Den Haager Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren einem Ausschuss des Parlaments berichtete, habe die Bundesregierung den niederländischen Plan abgelehnt, 18 von Deutschland geleaste Leopard 2A6 zu kaufen, um sie der Ukraine weiterzugeben. Ursache sei eine – nicht näher konkretisierte – „militärische Überlegung“ gewesen.[2] Spekulationen besagen, dass die niederländischen Leopard 2-Panzer in Litauen benötigt werden. Die dortige NATO-Battlegroup wird von Deutschland geführt. Vergangene Woche hat das Kommando gewechselt; die nun zurückkehrende Einheit – das Panzerbataillon 203 aus Augustdorf – wird 14 ihrer Leopard 2-Panzer an die Ukraine abgeben.[3] Die Bundesregierung streitet ab, den niederländischen Plan offiziell zurückgewiesen zu haben.
Schwache Panzerung beim Leopard 1
In Gang kommt unterdessen die Bereitstellung von Kampfpanzern des Typs Leopard 1, die zwar sämtlich überholt werden müssen; doch sind Beobachter der Ansicht, Kiew könne in der nächsten Zeit mit einem kontinuierlichen Zulauf an ihnen rechnen. Rheinmetall etwa gibt an, im Laufe der Zeit 88 Stück liefern zu können; die Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) will 90 zur Verfügung stellen. Aus Belgien sind Berichten zufolge möglicherweise 50 Exemplare zu erwarten. Allerdings gilt für sämtliche Leopard 1-Panzer, dass sie zwar überaus beweglich und manövrierfähig sind, aber lediglich schwach gepanzert. Zudem können ihre Geschosse die Frontpanzerung der russischen T-72, T-80 und T-90 nicht durchschlagen. Experten räumen dem Leopard 1 im offenen Gefecht gegen die erwähnten russischen Modelle kaum Chancen ein. Entsprechend „wichtig“ werde es sein, heißt es, „wie gut die ukrainischen Besatzungen ihr Kriegsgerät beherrschen, um russische Verbände in Hinterhalte zu locken oder auszumanövrieren“.[4] In Polen hat die Ausbildung ukrainischer Einheiten an Leopard-Panzern inzwischen begonnen; in Deutschland wird sie laut Plan Mitte dieser Woche auf dem Truppenübungsplatz Munster in Niedersachsen starten.
Testlauf für den Lynx
Ging es bislang vor allem darum, Panzer aus aktuellen Beständen der NATO-Streitkräfte oder aus längst veräußerten Altbeständen zu liefern – Letztere müssen zunächst aufwendig instandgesetzt werden –, so verhandelt Rheinmetall nun auch über die Lieferung brandneuer Panzer. Wie Rheinmetall-Chef Armin Papperger mitteilt, hat Kiew zum einen Interesse am Schützenpanzer Lynx erkennen lassen.[5] Das Modell ist nicht für die Bundeswehr, sondern für den internationalen Markt entwickelt worden – auch mit Blick darauf, dass die NATO eine Aufstockung der Militärhaushalte auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für alle Mitgliedstaaten verpflichtend macht. Der erste – und bislang einzige – Exporterfolg gelang dem Düsseldorfer Konzern im Spätsommer 2020 mit einer Bestellung aus Ungarn, das 218 Lynx-Exemplare für über zwei Milliarden Euro kauft.[6] Allerdings werden nur 46 in Deutschland hergestellt. Für die übrigen 172 errichtet Rheinmetall ein deutsch-ungarisches Gemeinschaftsunternehmen im westungarischen Zalaegerszeg. Der Konzern hat sich zudem um Aufträge aus den USA sowie aus Australien beworben. Könnte er zumindest einige Exemplare an die Ukraine liefern, dann böte das die Gelegenheit, die Tauglichkeit des Lynx in der Kriegspraxis nachzuweisen. Derlei gilt als verkaufsfördernd.
Panther: „Überlegene Feuerkraft“
Darüber hinaus verhandelt Rheinmetall mit der Ukraine zur Zeit über die Lieferung des Kampfpanzers KF51 Panther. Bei diesem handelt es sich um eine Neuentwicklung, die als Nachfolgemodell für den Leopard 2 konzipiert ist und im Juni 2022 auf der Rüstungsmesse Eurosatory in Villepinte im Nordosten von Paris erstmals öffentlich präsentiert wurde. Laut Angaben von Rheinmetall besitzt der Panther „überlegene Feuerkraft“ mit einer – im Vergleich zu den heutigen Kampfpanzern wie dem Leopard 2 – um 50 Prozent gesteigerten Wirkkraft und einer deutlich größeren Reichweite.[7] Seine Entwicklung hat erhebliche politische Verstimmung verursacht. Ursprünglich war als Nachfolgemodell für den Leopard das deutsch-französische Main Ground Combat System (MGCS) geplant.[8] Allerdings kommt Rheinmetall bei ihm nicht im erwünschten Umfang zum Zuge. Außerdem verzögert sich das Projekt; es wird frühestens 2035, vermutlich aber nicht vor 2040 einsatzreif sein. Weil aber Russland mit dem T-14 Armata schon über einen hochmodernen Kampfpanzer verfügt, besteht im Westen Bedarf, schneller nachzuziehen. In diese Marktlücke stößt Rheinmetall mit dem Panther vor – und gefährdet damit das politisch ungemein sensible deutsch-französische MGCS.[9]
Produktion in der Ukraine
Rheinmetall-Chef Papperger gibt an, die ersten Panther „in 15 bis 18 Monaten“ liefern zu können – zunächst monatlich „drei bis fünf“, perspektivisch wohl „bis zu sieben Panzer pro Monat“.[10] Darüber hinaus bietet Papperger explizit an, „in der Ukraine ein Werk für die Fertigung des Panthers zu errichten“. „Voraussetzung“ dafür sei allerdings, „dass der Krieg beendet ist“. Damit zielt der Düsseldorfer Konzern schon jetzt auf lange Sicht auf den ukrainischen Rüstungsmarkt, der als äußerst lukrativ eingestuft wird. „Die Ukraine wird als Grenzstaat zu Russland immer gefährdet sein“, erläutert Papperger: „Sie wird daher im Bereich der Landstreitkräfte die höchste Befähigung brauchen.“ Das gelte ganz unabhängig von der Frage, ob das Land „Teil der Nato“ sein werde „oder Nato-nah“.
Der Wehrmachts-Panther
Rüstungsspezialisten weisen darauf hin, dass der Name Panther historische Konnotationen weckt. „Seit dem Zweiten Weltkrieg“, hält ein Experte fest, „werden deutsche Kampfpanzer nach Raubkatzen benannt.“[11] Sei das schon allgemein „politisch umstritten“, so gelte es nun umso mehr für den Namen Panther, der in Militärkreisen „einen Klang“ habe „wie die AK47 bei den Sturmgewehren“; mit der Neuentwicklung des Panzers Panther zu Beginn der 1940er Jahre habe die Wehrmacht auf den Einsatz des sowjetischen Panzers T-34 reagiert, der damals der schlagkräftigste Panzer der sowjetischen Streitkräfte war. Die Parallele wirkt umso mehr, als der neue Panther in Reaktion auf den als ungemein schlagkräftig geltenden russischen T14-Armata entwickelt wurde. Sein Einsatz oder gar seine Produktion in der Ukraine würde die Symbolik gewiss nicht schmälern.
[1], [2] Irritationen über Leopard-2-Lieferungen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 11.02.2023.
[3] Thomas Wiegold: Sechs Jahre deutsch geführte NATO-Battlegroup in Litauen: 13. Rotation (und Wechsel bei der eVA-Brigade). augengeradeaus.net 09.02.2023.
[4] Peter Steinmüller: Wie der Leopard 1 gegen russische Kampfpanzer bestehen kann. vdi-nachrichten.com 08.02.2023.
[5] Larissa Holzki, Martin Murphy: Rheinmetall will modernsten Panzer Panther an die Ukraine liefern. handelsblatt.com 10.02.2023.
[6] Jonas Jansen: Ungarn bestellt 218 Panzer von Rheinmetall. faz.net 10.09.2020.
[7] Gerhard Heiming: Weltpremiere des mittleren Kampfpanzers KF51 Panther. esut.de 13.06.2022.
[8] S. dazu Der digital-militärische Komplex und Die deutsch-französische „Freundschaft“.
[9] Gernot Kramper: KF51 Panther – Rheinmetall stellt eigenen Kampfpanzer mit 130-mm-Kanone vor. stern.de 01.07.2022.
[10] Larissa Holzki, Martin Murphy: Rheinmetall will modernsten Panzer Panther an die Ukraine liefern. handelsblatt.com 10.02.2023.
[11] Gernot Kramper: KF51 Panther – Rheinmetall stellt eigenen Kampfpanzer mit 130-mm-Kanone vor. stern.de 01.07.2022.