Mit der am 20. November zu Ende gegangenen COP27 ist eine weitere Weltklimakonferenz Geschichte und wieder sucht man im Abschlusspapier vergeblich nach konkreten Maßnahmen oder Verpflichtungen zur CO2-Reduktion. Wo tiefgreifende Veränderungen her müssten, um den Klimawandel und seine katastrophalen Folgen zu begrenzen, bleibt es erneut bei Absichtserklärungen. Alle seit der letzten COP eingereichten nationalen Pläne zur Reduktion von Treibhausgasen führen laut UN-Umweltprogramm nur dazu, diese bis zum Jahr 2030 um ein Prozent zu verringern. Nötig wäre aber eine Reduzierung um 45 Prozent, um das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten.
Zwar hat der Gipfel einen Fonds zur Bewältigung klimabedingter Schäden und künftiger humanitärer Katastrophen beschlossen, die in den verwundbarsten Ländern entstehen. Dies bleibt jedoch weit hinter den legitimen Forderungen der Debt for Climate Bewegung zurück, die die Entschuldung dieser Länder fordert, um die Umstellung auf ein nachhaltigeres Wirtschaften zu ermöglichen.
In den betroffenen Staaten gehören Indigene zu den besonders verwundbaren Gruppen. Das machte der peruanische Quechua-Bauer und mehrfache COP-Teilnehmer Saúl Luciano schon 2015 durch seine Klage gegen RWE deutlich. Im Vorfeld der COP27 berichteten viele Medien über die Umsiedlung des indigenen Dorfes Gardi Sugdub in Panama, das immer wieder Überschwemmungen ausgesetzt ist. Aber ob in den Bergen oder auf Inseln – da sie vom Klimawandel so unmittelbar bedroht sind, wurde indigenen Gemeinschaften schon auf vergangenen Konferenzen eine besondere Rolle zugeschrieben. Auch zum 27. Klimagipfel reisten indigene Delegierte aus Australien, Kanada, Kolumbien, Mexiko und weiteren Staaten an. Sie hatten für die Konferenz eine eigene Agenda ausgearbeitet, nahmen aber an den Sitzungen nur als Beobachter*innen teil. „Wir sind ebenso wichtig wie existierende Nationalstaaten. Wir haben das Recht, an der Debatte teilzunehmen, denn wir sind keine Umwelt-NGO“, kritisierte Gregorio Diaz Mirabal, Mitglied des Dachverbands der indigenen Organisationen im Amazonasbecken (COICA) dies im Gespräch mit Journalist*innen.
Viele der indigenen Gemeinschaften leben zudem in den am besten geschützten Gebieten der Erde, was sie zu wichtigen Partnerinnen für den staatlichen Umweltschutz macht. Ein wütender Delegierter von den australischen Torres-Strait-Inseln sagte gegenüber dem Guardian, er fühle sich von der COP ignoriert, dabei könne die Welt vom Wissen der Aborigines nur profitieren. Bevormundet werden Indigene auch bei den auf der letzten COP zu ihren Gunsten beschlossenen direkten Finanzhilfen in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar. Sie sollten zur Umstrukturierung der lokalen Wirtschaft und zur Projektförderung eingesetzt werden, kamen aber bisher vor Ort kaum an. „Wir haben es satt, dass Gelder an indigene Stiftungen ohne indigene Menschen gehen. Das ganze Geld geht für die Bezahlung von Beratern und die Kosten für Büros mit Klimaanlagen drauf“, erklärte Yanel Venado Giménez aus Panama gegenüber IPS. Etliche Delegierte bezweifeln, dass die Zusammenarbeit zwischen den lokalen indigenen Gemeinden und den etablierten NGO künftig noch notwendig ist. Viele indigene Gemeinschaften hätten inzwischen eigene Strukturen aufgebaut, die die Finanzhilfen selbst verwalten können.
Wenn Kolumbiens neuer Präsident Gustavo Petro zusagt, den indigenen Widerstand gegen die Bergbauindustrien zu unterstützen, oder Brasiliens zukünftiger Präsident Lula da Silva ankündigt, die Abholzung des Regenwalds stoppen zu wollen, ist dies positiv. An der strukturellen Ausgrenzung indigener Gemeinschaften ändert es jedoch nichts. Indigene Vertreter*innen müssen als Verhandlungspartner*innen endlich ernst genommen werden – bei der globalen Klimapolitik genauso wie bei ihren Rechten auf Land und Autonomie vor Ort.