In der Sprache der Roma bezeichnet Balamos jemanden, der nicht dieser Bevölkerungsgruppe angehört. So nannten sie mich also, als ich auf diese Menschen zuging und sie fotografierte. Ich war für sie ein Balamos, also ein Fremder.

von Nikitas Sifonioa

Im April 2022 begann ich meinen Besuch der Roma-Siedlungen in Messolonghi, Aetoliko und im Gebiet von Bakaria, wo viele von ihnen leben. Die Einheimischen nennen diese Gegenden die „Zigeunerviertel”. Mir lag vor allem daran, ihre Mentalität, ihre Bräuche und ihre Traditionen kennenzulernen und zu verstehen, wie diese Menschen fühlen und weshalb sie von der Gesellschaft derart stigmatisiert werden. Je häufiger ich sie besuchte, umso besser lernte ich sie kennen und sie mich. Zwischen uns entwickelte sich eine besondere Beziehung. Sie öffneten mir ihre Häuser und luden mich stets zu einem Kaffee, einer Zigarette und einem Gespräch ein, ehe ich mit dem Fotografieren begann. Die Themen unserer Unterhaltungen drehten sich meist um ihre Liebe zur Musik und um ihre Wurzeln. Jedes Mal begrüßten mich die Kinder mit einem Lächeln und wo immer ich sie traf, kamen sie, um Hallo zu sagen.

Sehr bald schon wurde die kleine Gemeinde von Messolonghi auf diese Beziehung aufmerksam und im Ergebnis dessen wurde auch ich stigmatisiert. Oft spürte ich die verächtlichen Blicke der Einheimischen oder merkte, dass ich mich ihrer Kritik stellen musste. So begann ich, mich in die Roma hineinzuversetzen, ich fühlte mich unwohl, wenn ich ausging, hatte permanenten Stress und fühlte mich nicht gewollt. An diesem Punkt wurde mir bewusst, dass es für die Gesellschaft keine Rolle spielt, was für ein Mensch man ist, sondern welcher sozialen Gruppe man angehört. So entstehen rassistische Vorurteile – Vorurteile, wie sie die Kinder der Roma von klein auf erfahren und wodurch es diesen Menschen schwerfällt, sich in die breitere Gesellschaft zu integrieren.

Abschließend möchte ich auf den Zweck dieses Projektes hinweisen, indem ich die Worte von Frau Sofia zitiere. Sie ist 56 Jahre alt und lebt in der Roma-Siedlung von Messolonghi:

„Roma sind keine Zigeuner, dieses Wort ist beleidigend. Es spielt keine Rolle, ob du in einer Baracke oder in einem Haus groß geworden bist, sondern welche Erziehung du hast und welche Art Mensch du bist.“

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


Nikitas Sifonios wurde 2000 in Athen geboren, wo er auch aufwuchs. Er studiert an der Landwirtschaftsuniversität von Patras. Gleichzeitig studiert er Fotografie and er AKTO-Schule in Athen. Seit 2021 befasst er sich mit Fotografie, wobei sein besonderes Interesse humanitären Themen, vor allem vulnerablen gesellschaftlichen Gruppen, wie Roma und Geflüchteten gilt. Er hat Geflüchtete an der Ukrainisch-Polnischen Grenze während des Krieges fotografiert sowie in alten verlassenen Fabriken in Patras. 2022 gewann er den ersten Preis im Wettbewerb der „Student Awards“ des Photometria International Photography Festivals mit seinem ersten Projekt, der Fotoserie „Balamos“, die seine Erfahrungen mit den Roma-Communities in Aitoloakarnania zeigen.