Thor Hanson, promovierter Naturschutzbiologe und Wissenschaftskommunikator, der mit dem Buch „Federn“ bereits über die Wunder der Natur staunen ließ, beschäftigt sich in „Von schrumpfenden Tintenfischen“ und windfesten Eidechsen – Faszinierende Antworten der Natur auf die Klimakrise“ mit den Auswirkungen der Erderwärmung auf Flora und Fauna.

Dazu blickt er auch weit zurück  in die Geschichte, nutzt seine vielfältigen wissenschaftlichen Kontakte und erzählt von den Forschungen und Erkenntnissen unterschiedlichster WissenschaftlerInnen. Wie clever oder raffiniert Evolution funktioniert und wie alles miteinander verzahnt ist, voneinander abhängig ist, das ist so spannend, dass man dieses ansonsten sachlich geschriebenen Buch auch als Thriller lesen kann.

Weswegen nun die Eidechsen in der Karibik eine rasend schnelle evolutionäre Entwicklung durchgemacht haben und was es mit den geschrumpften Tintenfischen, dem Lachsverzicht übenden Grizzly Bären zugunsten von Holunderbeeren und den Entwicklungen am Walden Point, H.D. Thoreaus Refugium für zwei Jahre auf sich hat, das lest ihr bitte lieber selbst nach. Es ist auch kein ausgeprägter Masochismus nötig. Es geht hier mehr um das Staunen angesichts der Wandlungsfähigkeit der Natur als um die Dummheit und Kurzsichtigkeit unserer Spezies, die, siehe Klimakonferenz, noch immer die Gewinne einiger Weniger dem Nutzen der unzähligen Vielen vorzieht und weiterhin behäbig, gierig und blöde dabei ist, diesen Planeten, zumindest für Menschen, unbewohnbar zu machen. Die Evolution, dessen zumindest bin ich mir sicher, wird immer einen Weg finden, das Überleben irgendwelcher Lebewesen zu ermöglichen.

Thor Hanson beginnt und endet mit der Joshua Palmlilie. Dazwischen fasziniert er mit seinen unterschiedlichsten Berichten und Begebenheiten über die Strategien, die viele Tier- und Pflanzenarten, angeschoben durch die Erwärmung ihrer Habitate, nutzen, um ihr Überleben zu sichern. Evolution im Schnelldurchlauf spielt dabei auch eine Rolle. Zu sehen bei den Eidechsen aus dem Buchtitel. Auch der Walden Schriftsteller Henry David Thoreau hat dazu beigetragen, dass spätere Generationen von seinen leicht nerdig angehauchten Naturbeobachtungen profitieren können. Ebenso unzählige naturbegeisterte Autodidakten und viele englische Pfarrer, auf die man immer wieder stößt, wenn es um Aufzeichnungen und frühe Forschung geht. Sie müssen ein beneidenswertes Tagwerk mit viel Muße gehabt haben.

Leider bleiben auch Arten auf der Strecke und wir wissen noch nicht genau, welche Auswirkungen auf die unterschiedlichen Ökosysteme die menschenverursachte beschleunigte Erwärmung haben wird. Der Umgang der Tiere und Pflanzen damit ist dennoch unfassbar faszinierend. Doch: „Survival of the fittest“  kann nur funktionieren, wenn es ausreichend Lebensräume für die Mitbewohner der Menschheit gibt. Dafür können wir alle etwas tun. Und wenn es nur ist, den gepflegten Rasen natürlich verwildern zu lassen.

Fazit:

Sehr sachlich und dennoch spannend, besonders weil der Autor teils weit in die Geschichte zurückgeht und als Schmankerl feine Zitate, unter anderem von Shakespeare, was mir besonders gefiel, zu seinen Kapitelüberschriften setzt, ist diese Zusammentragung von bisherigem Wissen über die klimatisch bedingten evolutionären Veränderungen für alle Interessierten, die das Staunen über diese wunderbare Welt noch nicht verloren haben, ein Leseabenteuer und mustread.

Thor Hanson plädiert in „Von schrumpfenden Tintenfischen“ und windfesten Eidechsen“ überzeugend zum Erhalt der Artenvielfalt und damit auch für den Erhalt unserer Spezies, eindringlich für ein Umdenken. Noch ist es nicht zu spät. Das chinesische Sprichwort aus der Überschrift weist uns den Weg.

Von schrumpfenden Tintenfischen und windfesten Eidechsen – Faszinierende Antworten der Natur auf die Klimakrise von Thor Hanson ist im Oktober 2022 als Hardcover bei Kösel erschienen. Weitere Informationen bei Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.

Rezension von

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