Kollektive Phänomene neigen dazu, die Illusion einer parallelen Realität zu erzeugen.
Während der Medienlärm auf ein Maximum gesteigert wird, um die Aufmerksamkeit auf die Fußballweltmeisterschaft in Katar zu lenken, werden die wirklichen Probleme, unter denen die meisten der 8 Milliarden Menschen, die unseren Planeten im Guten wie im Schlechten bevölkern, hinter einer Fassade der Begeisterung für ein Spektakel verborgen, dessen dunkle Schatten gleich nach dem ersten Anpfiff verblasst sind.
Tausende Seiten wurden bereits geschrieben, wie dieses kleine Emirat, das mit eiserner Faust von der Al Thani Familie regiert wird, es schaffen konnte, zum Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft zu werden. Dabei ging es nicht nur um den dubiosen Vergabeprozess, sondern auch um die Verletzung der Menschenrechte tausender Migranten, die beim Bau der luxuriösen Infrastruktur ausgebeutet wurden.
Die Fußballmania, die sowohl die Aufmerksamkeit der Millionen von Fußballfans als auch die der internationalen Medien fesselt, hat ein zentrales Thema der Region in den Hintergrund gedrängt: Die Vereinbarungen der im November stattgefundenen UN-Klimakonferenz in Sharm El Sheikh. Laut Simon Stiell, Leiter des Klimawandel-Sekretariats der Vereinten Nationen: „bringt uns dieses Ergebnis voran, es ist ein historisches Resultat zum Nutzen der weltweit vulnerabelsten Länder und Völker. Nach einem Jahrzehnt andauernden Austausch über die Finanzierung der Schäden und Verluste sowie der Beratungen, wie den Auswirkungen auf Gemeinschaften zu begegnen ist, deren Lebensgrundlagen durch die schlimmsten Folgen des Klimawandels zerstört worden sind, haben wir nun einen Weg festgelegt“.
Während diese Worte wie ein Versprechen klingen, ist es in Wirklichkeit so, dass der UNO die Kraft fehlt, dem Druck der Unternehmen entgegenzutreten, deren Macht sogar größer als die ihrer Mitgliedsstaaten ist. Stattdessen ist die UNO finanziell abhängig von hochindustrialisierten Staaten, genauer gesagt den weltgrößten Emittenten von CO2, deren produktives System von den immensen Investitionen, die für eine Reduktion ihres CO2 Abdrucks erforderlich wären, schwer beeinträchtigt würde. Zu diesem Hindernis gesellt sich eine Kultur eines extremen und unnötigen Konsumverhaltens, die in ebendiesen entwickelten und auch in den aufstrebenden Ländern, die diesem Stereotyp nacheifern wollen, als Zeichen des Fortschritts gesehen wird.
Ein Blick auf die internationale Presse auf all ihren Plattformen genügt, um die enormen Auswirkungen zu erkennen, die diese Placebo – die Weltmeisterschaft in Katar – auf Millionen von Menschen hat, die sich damit in einer Welt der Fantasie und des Vergessens verlieren können – des Vergessens dessen, was ihr Überleben gefährdet. Das betrifft nicht nur die Bedrohung durch einen globalen Flächenbrand, als Resultat des Krieges von geopolitischen und Unternehmensinteressen, sondern auch die falschen und leeren Versprechen der Regierungen zu ihren Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels.
Während großen Teilen der Weltbevölkerung die Lebensgrundlage entzogen wird und sie in Armut und Hunger versinken, erfährt die obszöne Machtkonzentration auf einige Privilegierte, die mit nur einem winzigen Anteil ihres Vermögens das Elend jener mindern könnten, die in diesem Raubtiersystem alles verloren haben, eine zweifelhafte Bewunderung. Die globalistische Fantasie wird jedoch nicht lange genug anhalten und der unvermeidbare Zusammenprall mit der Realität des Klimawandels, verstärkter Armut und den Herausforderungen des Überlebens werden schließlich die Oberhand gewinnen.
Am Aufwachen führt kein Weg vorbei und er zwingt uns, in einer aus den Angeln gehobenen Welt einen klaren Kopf zu bewahren.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!