Die WM in Katar hat Rheinmetall und Co. dieses Jahr über 210 Millionen Franken in die Kassen gespült. Es ist inakzeptabel, dass aus Waffenexporten an ein Regime, welches Menschenrechte mit Füssen tritt, Profit geschlagen wird. Deshalb haben 50 Aktivist*innen der GSoA heute auf dem Bundesplatz dem Bundesrat und der Rüstungslobby eine rote Karte gezeigt. 

Am Sonntag wurde das erste Spiel im Rahmen der WM in Katar angepfiffen. Einen Tag darauf hat die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) an einer Platzkundgebung die erste rote Karte gezückt. Sie geht an Bundesrat und Rüstungslobby: Denn anstatt gegen dieses autoritäre und menschenverachtende Regime vorzugehen, unterstützen sie Katars Repressionsapparat mit Waffenlieferungen. Katar ist dieses Jahr der grösste Abnehmer von Schweizer Kriegsmaterial. Über 210 Millionen Franken wurden seit Anfang Jahr in die Kassen von hiesigen Rüstungskonzernen gespült. «Es ist eine Schande, dass das Schweizer Kriegsmaterialgesetz Waffenexporte in Länder zulässt, in denen Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter*innen katastrophal sind, Queers verfolgt und Frauen unterdrückt werden”, sagt GSoA-Sekretärin Roxane Steiger. Deshalb haben am Montagabend 50 Menschen auf dem Bundesplatz zusammengefunden, um Bundesrat und Rüstungslobby auszupfeifen und ihnen die rote Karte zu zeigen.

Waffenexporte unter dem Deckmantel der WM

Letztes Jahr deckten Recherchen des Beobachters auf, dass Katar in Zürich Flugabwehrkanonen für den Schutz seiner WM-Stadien fertigen lässt – ein Millionendeal. Bei der Beurteilung des Ausfuhrgesuchs von Rheinmetall Air Defence im Jahr 2019 kam das EDA zum Schluss, dass in Katar Menschenrechte “systematisch und schwerwiegend” verletzt würden. Trotzdem wurde die Ausfuhr bewilligt. “Die Tatsache, dass unter dem Deckmantel der WM sämtliche Waffenexporte durchgewunken wurden, ist skandalös”, kommentiert Steiger. Damals stützte sich der Bundesrat bei seiner Bewilligung auf eine Ausnahmeregelung, die zum Zuge kam, wenn gemäss Einschätzungen des Seco ein geringes Risiko bestand, dass das Kriegsmaterial für Menschenrechtsverletzungen verwendet wird. Diese Ausnahmeregelung wurde nun mit dem Gegenvorschlag der Korrekturinitiative gestrichen, der am 1. Mai 2022 in Kraft getreten ist.

Nun wurden im September 6000 Schuss Kampfjet-Munition für die Luftabwehrsysteme nach Katar geliefert. “Heute scheint das Seco die Menschenrechtslage in Katar anders zu beurteilen”, sagt Steiger. “Es ist zutiefst fragwürdig, inwiefern sich die Menschenrechtssituation in Katar nach Beurteilung des Secos so drastisch verändert haben soll, als dass nun Waffenlieferungen nach Katar gerechtfertigt wären.”

Profite über Menschenrechte

Im Gesetzesartikel 22a zu Rüstungsexporten sind Kriterien festgehalten, die bei einer Ausfuhrbewilligung zu berücksichtigen sind. “Dazu gehört zum Beispiel die Respektierung der Menschenrechte”, erklärt GSoA-Sekretärin Anja Gada. Im Seco scheint allerdings der Wille nicht da zu sein, diese Kriterien in der Bewilligungspraxis auch umzusetzen. “Der Bundesrat nutzt jedes Schlupfloch im Buchstaben des Gesetzes, um sich über den offensichtlichen Zweck des Kriegsmaterialgesetzes hinwegzusetzen: nämlich Menschen vor Waffengewalt und Aufrüstungsgelüsten autoritärer Regimes zu schützen”, kritisiert Gada. “Solange der Bundesrat Profite der Rüstungslobby höher zu gewichten scheint als Menschenrechte, ist unser antimilitaristisches Engagement dringend notwendig”, folgert Gada.

Redebeitrag

Liebe Anwesende,

Vor 12 Jahren hat die Fifa die WM an den Wüstenstaat Katar vergeben. Während 12 Jahren wurden gravierende Menschenrechtsverletzungen rund um die Vorbereitungen auf dieses  Turnier bekannt. Nun wurde am Sonntagabend das erste Spiel angepfiffen. Heute stehen wir hier, um gemeinsam die erste rote Karte dieses Turniers zu zeigen. Sie gilt nicht den Fussballspielern, heute gilt sie dem Bundesrat und der Rüstungslobby: Dafür, dass sie weiterhin mit Autokraten kooperieren. Dafür, dass sie die Profite der Rüstungslobby höher gewichten als die Verteidigung von Menschenrechten. Und dafür, dass sie Katars Repressionsapparat mit Waffenlieferungen unterstützen.

Der Slogan “Boycott Qatar“ ist zurzeit in aller Munde. Die publik gemachten Menschenrechtsverletzungen beim Bau der Stadien haben in den letzten Wochen viele Menschen auf der ganzen Welt bewegt und schockiert. Viele stellen sich die Frage, ob man die Spiele in Katar mitverfolgen darf, ob Fussballfreude und die Missachtung von Menschenrechten nebeneinander Platz haben dürfen. Währenddessen wirkt die von Politiker*innen heiss debattierte Frage nach dem Verbot von Public Viewings in Anbetracht des aktiven Wegschauens bei den Hintergründen dieser WM fast schon zynisch.

Die WM entpuppt sich als eine politische Inszenierung des autoritären Golfstaates. Währendem an der WM-Eröffnungsfeier Diversität proklamiert wird, werden gleichzeitig Regenbogen-Captain-Binden verboten. Von Inklusivität kann keine Rede sein in einem Land, in welchem Minderheiten politisch verfolgt und queere Menschen als “geistig krank” bezeichnet werden. Währendem an der COP27 die Regierungen dieser Welt weiterhin unfähig scheinen, verbindliche Klimaschutzmassnahmen zu ergreifen, feiert die Weltöffentlichkeit einen Fussball-Megaevent, der fast ausschliesslich durch fossile Energien finanziert wurde. Und wo fossile Energien die Haupteinnahmequellen eines Regimes sind, sind alle Mittel recht, um das flüssige Gold zu schützen. Militarisierung und Aufrüstung sind die Folge. Die Ölmilliarden der Scheichs fliessen also nicht nur in die WM-Stadien, sondern auch in Kampfjets, Panzer und in Schweizer Flugabwehrsysteme.

Katar liess in Zürich Flugabwehrkanonen für den Schutz seiner WM-Stadien fertigen – ein Millionendeal. Über 210 Millionen Franken wurden alleine in diesem Jahr in die Kassen von Schweizer Rüstungskonzernen gespült. Dies macht Katar zum grössten Abnehmer von Schweizer Kriegsmaterial. Gerade September wurden 6000 Schuss Kampfjet-Munition für die Luftabwehrsysteme von Rheinmetall Air Defense an den Wüstenstaat geliefert.

Somit ist offensichtlich, dass der Bundesrat jedes Schlupfloch im Kriegsmaterialgesetz  nutzt und sich so über  dessen Zweck : nämlich Menschen vor Waffengewalt und Aufrüstungsgelüsten autoritärer Regimes zu schützen. Es ist eine Schande, dass das Schweizer Kriegsmaterialgesetz weiterhin Waffenexporte in Länder zulässt, in denen Menschenrechte mit Füssen getreten werden.

Solange der Bundesrat die Profite der Rüstungslobby höher gewichtet als der Einsatz für Menschenrechte, ist unser antimilitaristisches Engagement dringend notwendig. Wir schauen nicht weg und setzen uns gegen Rüstungsgeschäfte mit autoritären und menschenverachtenden Staaten und für die Einhaltung von Menschenrechten ein – und zwar auch dann, wenn das Rampenlicht der WM in Katar erloschen sein wird.

Erheben wir nun gemeinsam unsere roten Karten und pfeifen Bundesrat und Rüstungslobby aus.