Am Montag, den 14. November, begann die dritte Sitzung der UN-Konferenz zur Schaffung einer von Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen freien Zone im Nahen Osten (WMDFZ) mit der üblichen Runde von Eröffnungserklärungen in einer allgemeinen Debatte. Die Präsidentschaft ging von Kuwait auf den Libanon über und liegt nun in den kompetenten Händen von Frau Jeanne Mrad, Chargée d’Affaires des Libanon, stellvertretende Ständige Vertreterin der Ständigen Botschaft des Libanon bei den Vereinten Nationen.
Der Hintergrund dieser Konferenz ist, dass sich 1995 alle Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrags NVV einvernehmlich darauf geeinigt haben, im Nahen Osten eine massenvernichtungswaffenfreie Zone einzurichten und dafür den 1995 auslaufenden Vertrag auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Das Problem an diesem Beschluss ist, dass 1995 noch nicht alle Staaten der Region Vertragsparteien des NVV waren. Die israelische Regierung hat ihn weder unterzeichnet noch ratifiziert und betreibt eine Politik der Zweideutigkeit, bei der sie den Besitz von Atomwaffen weder bestätigt noch dementiert. Seit dem mutigen Einsatz von Mordechai Vanunu, der das gesamte israelische Atomwaffenprogramm in den 1980er Jahren aufgedeckt hat, gibt es daran natürlich keinen Zweifel mehr. Den Atomwaffensperrvertrag zu benutzen, um eine atomwaffenfreie Zone über einem Land einzurichten, das noch nicht einmal Vertragsstaat ist, war eine höchst zweifelhafte Strategie und hat dazu geführt, dass der Prozess des Atomwaffensperrvertrags selbst völlig ins Stocken geraten ist.
Nachdem vier Überprüfungskonferenzen zum Atomwaffensperrvertrag (2000, 2005, 2010 und 2015) keine Fortschritte in Bezug auf die WMDFZ brachten, schlugen die arabischen Staaten der UN-Generalversammlung 2018 vor, die Arbeit an einem Vertragstext aufzunehmen. Die daraus resultierende Resolution war die Geburtsstunde dieser jährlichen Konferenz, zu der 22 Staaten der Arabischen Liga, der Iran und Israel eingeladen sind und zu der die fünf Atomwaffenstaaten und ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats als Beobachter eingeladen sind. Obwohl weder die Regierung Israels noch die der Vereinigten Staaten an den beiden vorherigen Konferenzen teilgenommen haben, hat der Prozess selbst Fortschritte gemacht. Die erste Konferenz im Jahr 2019 brachte eine politische Erklärung hervor, auf die sich die 23 Länder im Konsens geeinigt haben, und im letzten Jahr, 2021, verabschiedete die Konferenz eine Geschäftsordnung, in der das Prinzip des Konsenses bei der Entscheidungsfindung verankert wurde. So kann jedes Land darauf bestehen, dass seine Bedenken berücksichtigt werden, bevor es den späteren Vertrag unterzeichnet. Auf diese Weise bleibt der israelischen Regierung die Tür für eine künftige Teilnahme offen, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden.
Die erste Rednerin war die japanische Diplomatin Izumi Nakamitsu, Untergeneralsekretärin und Hohe Vertreterin für Abrüstungsfragen, die den Rahmen absteckte, indem sie darauf hinwies, dass der Krieg in der Ukraine die internationalen Spannungen auf ein noch nie dagewesenes Niveau gesteigert hat und die UN-Charta vor ihrer bisher härtesten Prüfung steht. Nakamitsu betonte in ihrer Rede drei Punkte: die Bedeutung des Iran-Atomabkommens und die Rückkehr aller Staaten zu dessen Einhaltung; den inakzeptablen Einsatz von Chemiewaffen und die Notwendigkeit, diejenigen, die sie einsetzen, zur Rechenschaft zu ziehen; und wie wichtig es ist, die Biowaffenkonvention zu stärken, deren eigene Überprüfungskonferenz vom 28. November bis 16. Dezember dieses Jahres in Genf stattfinden wird.
Das Positive hervorheben
Das Interessanteste an dieser Konferenz war die Leistung der Konferenzpräsidentin Jeanne Mrad. Am Ende jeder nationalen Rede betonte Mrad immer wieder das Positive der vorangegangenen Rede und dankte den Delegationen dafür, dass sie die Fortschritte und Bemühungen um den Dialog hervorgehoben haben.
Nach den Beiträgen der Staaten aus der Region waren die eingeladenen Beobachterstaaten an der Reihe, darunter die Russische Föderation, China, Frankreich und das Vereinigte Königreich.
Die russische Regierung eröffnete die Konferenz mit ihrem ranghöchsten Diplomaten, Botschafter Mikhail Ulyanov, der eigens aus Wien eingeflogen war. Es war interessant festzustellen, welche Bedeutung Russland dieser Konferenz beimisst und mit welcher Einstellung Russland zu dieser Konferenz kommt, nämlich mit dem Ziel, die Arbeit der Staaten zu unterstützen und Hilfe und Beratung anzubieten, wenn sie darum gebeten werden. Uljanow sagte: „Russland hält es als Beobachter nicht für möglich oder angemessen, die Teilnehmer in irgendeiner Weise [ohne Aufforderung, Anm.d.Red.] zu betreuen.“
China war als nächstes dran mit einer ähnlichen Botschaft der Unterstützung: „China ruft die Länder dazu auf, auf Eigeninteressen und das Schüren von Konfrontationen zu verzichten und praktische Beiträge zur regionalen Sicherheit zu leisten. Die Länder der Region sollten sich stärker verantwortlich fühlen und am Aufbau kollektiver Sicherheit arbeiten. Die Atomwaffenstaaten sollten sich an diesem Prozess beteiligen“.
So weit, so gut. Dann kam Frankreich und kritisierte den Iran und Syrien in einem herablassenden und arroganten Ton, wie es sich für eine ehemalige Kolonialmacht gehört.
Das veranlasste die Präsidentin zu einer sanften Rüge: „Wir rufen die Beobachter auf, Botschafter des Friedens zu sein und die Mitgliedsstaaten, die zögern zu kommen, davon zu überzeugen, sich aktiv an diesem Prozess zu beteiligen.“
Dann kam das Vereinigte Königreich, das, im Kontrast zum ranghöchsten Diplomaten der Russischen Föderation, seinen wahrscheinlich unbedeutendsten Diplomaten in die Verhandlung schickte mit einer Erklärung, die vor Rhetorik nur so strotzte und noch arroganter war als die der Franzosen!
Dies war der letzte Strohhalm für Frau Mrad, die daraufhin die folgende Rede hielt – zwar keine wortgetreue Wiedergabe, aber die wichtigsten Punkte und Ideen sind hier wiedergegeben:
„Seit ich diesen Prozess in Wien verfolge, habe ich festgestellt, dass – in meiner jungen Berufserfahrung, 25 Jahre, jung im Vergleich zu anderen – dieses Pingpong-Reden, Benennen und Beschimpfen bisher nichts gebracht hat. Hat es dem Zweck gedient, das Ziel zu erreichen, das wir hier erreichen wollen? Müssen wir in zwei Lagern stehen und einander beschimpfen, immer und immer wieder? Es ist leicht, die Probleme aufzuzählen, aber dient dieses Reden dem Prozess? Wir versuchen, so gut es geht einen konstruktiven Geist zu vermitteln und jeder Sitzung einen Sinn zu geben. Wir wissen, dass der Prozess langwierig ist. Erfolge sind nicht in greifbarer Nähe, aber wir müssen etwas ändern: die Sprache, die Einstellung, den Ansatz. Wir kennen die Bedenken bereits, über sie zu reden ist überflüssig. Wir können sie jahrelang wiederholen, aber das wird nichts bringen. Seht mal, wer das sagt! Eine libanesische Diplomatin – mit all den Einschränkungen, die wir haben, aber wir glauben an den Prozess. Ich versuche, eine Botschaft zu vermitteln. Wir haben mit der Unterzeichnung unseres Meeresabkommens[1] viel erreicht, wir haben unsere Schwierigkeiten überwunden, und es ist höchste Zeit, dass die ganze Gemeinschaft versucht, diese Angelegenheit auf eine andere Art und Weise zu betrachten, dass wir unsere Bedenken vorbringen, um sie konstruktiv zu lösen. Das ist es, was ich an dieser Stelle sagen möchte. Das ist keine Belehrung, aber es kommt von Herzen.“
Viele der NGO-Vertreter im Saal brachen in spontanen Applaus aus. Das war das Erfrischendste, was man auf einer UN-Konferenz seit der Verabschiedung des UN-Vertrags über das Verbot von Atomwaffen im Jahr 2017 gesehen hat.
Später, nachdem Syrien auf die Erklärungen des Vereinigten Königreichs und Frankreichs geantwortet hatte, meldete sich die Vorsitzende noch einmal mit einer ähnlich leidenschaftlichen Erklärung zu Wort: „Ich rufe uns alle dazu auf, positiv zu denken und zu versuchen, einen Schritt nach vorne zu machen.“
Diese Konferenz steht vor unglaublichen Hindernissen. Alle Punkte, die von allen Delegationen angesprochen wurden, und die Kritik anderer Staaten sind berechtigt. Die Regierungen vieler Länder haben in der jüngeren Geschichte viele schlimme Dinge getan, aber sich in diesen Foren immer wieder darüber auszulassen und das Nichthandeln damit zu rechtfertigen, ist kein Weg, um Fortschritte zu machen.
Es bleibt zu hoffen, dass diese erfrischende Herangehensweise der libanesischen Konferenzpräsidentin den Weg für die Delegierten, von denen die überwiegende Mehrheit Männer sind, ebnet, um ein noch besseres Ergebnis für diese dritte Konferenz zu erzielen. Wir warten auf die Ergebnisse der letzten Sitzung am Freitag.
Übersetzung aus dem Deutschen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!
[1] Der Libanon und Israel, deren Diplomaten bei den Vereinten Nationen nicht einmal miteinander reden dürfen, haben sich auf eine Meeresgrenze geeinigt, die leider durch die Erschließung von Gasfeldern im östlichen Mittelmeer den Weg für einen höheren Verbrauch fossiler Brennstoffe bereitet.