Nachdem ich Feedback zu einem früheren Artikel mit dem Titel „USA: Gewehre müssen weg“ erhalten habe, möchte ich einige Punkte für meine Freund:innen von der politischen Linken klarstellen, die der Meinung sind, dass der Kampf gegen Diskriminierung und Klassenstrang bewaffnet sein muss, um erfolgreich zu sein.
Hier ist die Nachricht, die ich nach meinem letzten Artikel erhalten habe:
Kamerad… wir werden hier eine Schießerei haben… Ich bin absolut für das Recht der Öffentlichkeit, Waffen zu tragen. Die Alternative wäre eine böse Diktatur wie in Saudi-Arabien oder dem sogenannten „kommunistischen“ China… Ohne dieses Recht wären die Black Panthers, Young Lords oder die Chicano-Organisation Brown Berets nicht bewaffnet gewesen. Oder die Nation of Islam… MLK war angeblich ein Pazifist, aber er hatte ein bewaffnetes Sicherheitskontingent, das aus ehemaligen schwarzen Militärs bestand, die DEACONS FOR SELF-DEFENSE… Sie dienten sogar als Vorbild für die Black Panther Party…
Ich möchte behaupten, dass es genau der Einsatz von Waffen und Gewalt ist, der den Kommunismus getötet hat. Die Organisationen, die mein Freund aufgelistet hat, sind entweder nicht mehr existent oder existieren kaum noch. Waffen sind weiter verbreitet als je zuvor, und dennoch gibt es immer noch Diskriminierung von People of Color und die Ungleichheit zwischen Arm und Reich ist so groß wie nie zuvor in der Geschichte. Waffen haben absolut keinen Beitrag zu Wissenschaft, Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion, Medizin, Lebensraum oder Kommunikation geleistet. Die menschliche Bevölkerung ist in den letzten 200 Jahren von 1 Milliarde auf 7 Milliarden Menschen angewachsen, und nichts davon geschah dank der Waffen. Der ultimative historische Prozess der Menschheit besteht darin, Gewalt als Vorgehensweise zu eliminieren. Das ist es, was die meisten Menschen jeden Tag tun: herausfinden, wie sie ihr Leben leben und kreativ und produktiv sein können, ohne Gewalt anzuwenden. Unsere Vorfahren kamen aus ihren Höhlen (einige waren barbarischer als andere) und setzten einen unaufhaltsamen Transformationsprozess der Humanisierung in Gang. Dieser Prozess wird von Tag zu Tag komplexer, und die Menschen auf dem ganzen Planeten sind stärker miteinander verbunden als je zuvor. Es gibt nichts, was diesen evolutionären Prozess aufhalten kann, und die Linke muss einen Blick auf das große Ganze werfen, diesen Prozess verstehen und zu einem Beschleuniger der Partikel der Humanisierung werden, anstatt sich auf ihrem Sterbebett zu quälen.
In Südamerika erleben wir zurzeit zwei sehr unterschiedliche, aber interessante Prozesse, von denen wir alle lernen können. Der eine wurde vor einigen Jahrzehnten von der Studentenbewegung in Chile eingeleitet, die mit Gabriel Boric einen Präsidenten gewählt hat, der aus dieser Bewegung stammt. Parallel dazu entwickeln die Chilen:innen eine zutiefst demokratische neue Verfassung, die voraussichtlich am 4. September durch ein Referendum ratifiziert werden wird. Der andere demonstrative Effekt ist in Kolumbien zu beobachten, wo vor kurzem ein ehemaliger Guerillakämpfer, der seine Waffen niedergelegt hat, Gustavo Petro, zum ersten linken Präsidenten des Landes gewählt wurde, zusammen mit der ersten schwarzen Vizepräsidentin des Landes, Francia Marquez. Die Friedens- und Gewaltlosigkeitsbewegung ist in Kolumbien nach mehr als 50 Jahren Bürgerkrieg und 500 Jahren brutaler rechter Führung an die Macht gekommen.
Für die Menschen in den USA stellt sich heute nicht die Frage nach Kommunismus oder Kapitalismus, sondern vielmehr nach Gewalt oder Gewaltfreiheit. Die USA sind ein Land, das mit Hilfe von Gewalt gegründet wurde und das alle Arten von Gewalt (rassistisch, wirtschaftlich, militärisch) eingesetzt hat, um zu expandieren und sich selbst (oder vielmehr einige seiner Bürger:innen) ziemlich reich zu machen. Doch die Folgen dieser gewalttätigen Geschichte werden jetzt immer deutlicher und erschreckender, wie die steigenden Zahlen von Massenerschießungen, Selbstmorden, Drogenkonsum, psychischen Störungen, politischer und sozialer Polarisierung usw. zeigen.
Bei der Entscheidung für Gewalt findet man keinen Ausweg mehr. Kamerad:innen, die Wahl liegt bei Euch.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!