Am 2. August besuchte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, als ranghöchste US-Beamtin seit 1997 Taiwan, entgegen allen Warnungen Chinas und amerikanischer Beamten, die sagten, dies könne zu einem aggressiveren militärischen Auftreten führen.

Das Ziel des Besuchs war nicht klar, abgesehen davon, dass man sich mit der üblichen „Demokratie“-Rhetorik gegen China stellen wollte. Was wird Amerika durch diesen Besuch gewinnen? Nichts. Bei dieser Art von Schikane gibt es nichts zu gewinnen, aber sehr viel zu verlieren.

Nach dem Stellvertreterkrieg der Ukraine mit Russland scheint es, als würde Taiwan zum Mittelpunkt eines Stellvertreterkriegs zwischen den USA und China werden. Das wäre selbstmörderisch, denn die USA können in keiner Form gegen China in den Krieg ziehen. Wir haben bereits die unvorhersehbaren Folgen des derzeitigen Konflikts in der Ukraine erlebt, der sich auf die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln und Öl ausgewirkt hat. Ein Konflikt mit China hätte hundertmal mehr Konsequenzen, die den Weißen Westen an einen Punkt bringen könnten, an dem es kein Zurück mehr gibt.

Die Welt hat sich in den letzten 100 Jahren drastisch verändert, doch einige unserer Politiker:innen haben das nicht getan, und Pelosi ist das perfekte Beispiel dafür. Sie tragen die alte Mentalität der Macht, der Kontrolle und des Zwanges, ihre Weltanschauung zu übernehmen, in sich. In der heutigen Welt sind wir hauptsächlich voneinander abhängig, und es gibt keinen Weg zurück. Das haben wir an einem kleinen Land wie der Ukraine gesehen, dessen Krieg das Leben von vielleicht einer Milliarde Menschen auf der ganzen Welt zerstört hat.

Es ist sehr einfach, unsere Differenzen zu rechtfertigen und gegen andere vorzugehen: Russland gegen die EU und die USA, Demokraten gegen Republikaner. Es ist eine mentale Form, die alles definiert, von den Reichen gegen die Armen bis hin zu den Spannungen zwischen den USA und China. Aber diese Form hat ihre Grenze erreicht. Wie Ariane Weinberger in ihrer Studie „Die 12 Schritte“ argumentiert,

„Trotz der konservativen Tendenzen unserer Machthaber und derer, die noch an sie glauben, lässt sich nicht leugnen, dass das menschliche Bewusstsein mit der Globalisierung gewachsen ist. Darüber hinaus ist es angesichts der jüngsten Ereignisse wie der Pandemie und der planetarischen Enge schwer zu ignorieren, dass der Planet EINS ist.“

Diese Welt schreit nach neuen Formen, die manche als Paradigmenwechsel bezeichnen, vor allem aber entsteht eine neue Welt, in der eine andere Art der Strukturierung erforderlich ist, eine, die alle Referenzen aus der Vergangenheit hinter sich lässt, die einer anderen Zeit im Prozess der Menschheit entsprechen.

Weinberger beschreibt diese „neue Art zu sehen“ recht gut. In der oben erwähnten Studie schreibt sie:

„Wir wurden rechtzeitig gewarnt: Wer sich gegen die Entwicklung der Dinge stellt, stellt sich gegen sich selbst! Jede Veränderung impliziert die Destabilisierung einer ‚etablierten Ordnung‘, also einer festen Form, im Gleichgewicht, in Harmonie. Deshalb bringt uns jede Veränderung, insbesondere die großen, in eine Krise. Ohne sich auf Spekulationen über eine ‚Science Fiction‘ der Zukunft einzulassen, scheint es, dass die Kommunikation von Seele zu Seele unsere Beziehungen ‚sakralisiert‘. Die Beziehung als zentraler Wert, die Beziehung über unsere Individualität, über ‚wer hat Recht‘, die Qualität der Beziehung über den Inhalt eines Gesprächs; die gegenseitige gute Absicht und die gute Zusammenarbeit ist wichtiger als das Ergebnis der Handlung…“

„So wie die ersten Kosmonauten die Atmosphäre verließen, dem Gesetz der Schwerkraft entkamen und die Erde vom Kosmos aus sahen. Dieser Perspektivsprung ist der erste Schritt, um aus der Enge der eigenen Subjektivität (‚Solipsismus‘) auszubrechen. Es ist ein großer erster Schritt in unserem Befreiungsprozess.“

„Wie könnten wir dann in den verschiedenen Formen der Sklaverei und des Determinismus, die unseren Geist gefangen halten, aus freiem Willen weiterleben? Wie könnte Pegasus ins Leben zurückkehren, als angeschirrtes Pferd mit Scheuklappen, das Land pflügt, das es nicht als sein eigenes betrachtet?“

„Ich bin weder das Zentrum der Welt noch die Welt. Ich schaue nicht mehr ‚von mir aus‘, sondern es ist eher ein ko-präsenter Blick, der mich anschaut und mich verstehen lässt, dass ich ‚nur ein Teil‘ der Landschaft bin, genau wie alle anderen Phänomene, die sie ausmachen; dass ich ‚auf Augenhöhe“ mit allem bin, was ich wahrnehme. Danach ist es völlig unmöglich, mit dem ‚Darwinismus‘, dem ‚Egozentrismus‘ und im weiteren Sinne dem Geozentrismus‘ weiterzuleben, die so tief in unserer heutigen Zivilisation verwurzelt sind … und von denen ich ein Teil bin!“

„Als die Kosmonauten ihre Erde von außen betrachteten, sahen sie, dass sie ‚Eins‘ war (jenseits ihrer natürlichen und künstlichen Unterteilung). Was uns betrifft, so erkennen wir, nachdem wir unsere ‚Form der persönlichen Repräsentation‘ von außen betrachtet haben – diese koenästhetische Form, die alles in derselben Struktur vereint, ein ‚Feld der Kopräsenz‘, in dem alle Wahrnehmungen und Repräsentationen miteinander verbunden sind -, dass die Wirklichkeit ebenfalls Eins ist, ein Ganzes, verbunden und voneinander abhängig…“

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Alina Kulik vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!


Ariane Weinberger widmet sich dem Studium der mentalen Form des Menschen und dem Evolutionsprozess des menschlichen Wesens auf sozialer, kultureller und spiritueller Ebene. Ihre persönlichen Forschungen haben sie zu den Lehren von Silo geführt, die sie seit über dreißig Jahren verfolgt. Darüber hinaus setzt Ariane ihre Forschungen in verschiedenen Bereichen fort. Ihre Forschungen über Ikonographie und spirituelle Praktiken in der Vorgeschichte führten zu dem Buch Le Dessein de Sapiens au paléolithique supérieur (Die Bestimmung des Sapiens im oberen Paläolithikum), dessen Hypothesen das Interesse der akademischen Welt geweckt haben (Veröffentlichung in der ERAUL-Sammlung, jetzt in den Händen der Presses Universitaires de France – PUF).