Dieser Tage stand in einem Leitmedium meiner Regierung (richtig lesbar nur für Insider), dass der Russe quasi jederzeit unsere Atomkraftwerke abschalten könnte, wenn er wollte: Der meiste Füllstoff kommt aus dem Osten. Wir sind Vasallen! Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim liegen still, wenn Putins starker Arm es will (Georg Herwegh 1863, lange vor der Zeitenwende). Ganz abgesehen davon kamen 2021 rund 55 Prozent unseres Gases, 35 Prozent unseres Öls und 50 Prozent unserer Steinkohle aus Russland, vom Ostwind ganz zu schweigen. Was tun, Markus Söder?
Friedrich Merz andererseits, der sich selbst nicht zur CDU-Oberschicht zählt, erzählte diese Tage der staunenden Öffentlichkeit, dass diese 300-Euro-Pauschalte total Scheiße ist (nicht wörtlich). Man hätte besser allen, die es nötig haben, 1000 Euro zustecken sollen, so der Radikalinski – also selbst KünstlerInnen, JournalistInnen, Rentnerinnen, Ossis und Obdachlosen ohne Konto). Bei den Ossis fürchtet der freie Westen das Schlimmste, weil die Menschen auf der anderen Seite von Mauer und Stacheldraht schon 1989 ff durch kollektives Handeln so manchen Palast zum Einsturz brachten. Sie wissen: Kollektives Handeln senkt die Risiken und erhöht die potentiellen Gewinne. Unsereins kann da nur Wackersdorf, Wyhl und Brokdorf vorweisen, die durchs Netz fielen.
Wäre da nicht Saporischschja! In der gesamte Ukraine misstraut man der Aussage von Annalena Bärbock, dass der Krieg Jahre dauern könnte und setzt eher auf schnellen Sieg, verzichtet mit Jaroslawowytsch Mellnik auf Verhandlungen mit den Russen und kauft Jodtabletten. Diesbezüglich sieht das regierungstreue Bundesstrahlenschutzamt für Deutschland aber kaum Gefahr. Wenn das AKW hochginge (Atomkraft ist sicher drin), „im schlimmsten Fall, also nur bei einem erheblichen Austritt von Radioaktivität und einer Wetterlage, die Luftmassen von der Ukraine nach Deutschland verfrachtet“, könnten bei uns (sorry: von uns) festgelegte Werte überschritten werden. Es könnte dann „gegebenenfalls“ auch eine Vermarktungssperre für kontaminierte Produkte geben. Nu, was ist das schon? Schrot und Korn.
Meine Omi Glimbzsch in Zittau weiss aus leidvoller Erfahrung: Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist nicht vernunft-, sondern profitorientiert. Es ist gewissermaßen vom Volk gewähltes Chaos auf hohem Niveau und wäre dem Untergang geweiht, wenn es nicht als Überbau den Staat gäbe, der es als höh’res Wesen rettet.
Peter Grohmann’s „Wettern der Woche“
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter und Mitorganisator von 30 Tage im November – Vom Wert der Menschenrechte.
Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit. (Talmud)