Nachdem bereits Ende Juni bekannt wurde, dass der Iran und Argentinien Teil der Staatengruppe BRICS werden wollen, könnte die Vereinigung weitere Mitglieder bekommen. Mit Saudi-Arabien, der Türkei und Ägypten haben drei Top-Kandidaten laut offiziellen Angaben vor Kurzem den Wunsch bezüglich eines BRICS-Beitritts geäußert. Könnte eine mögliche Erweiterung der Gruppe eventuell zur Schaffung eines „neuen Blocks“ führen, der sich auch als eine Alternative zu Formaten wie der G20 etabliert?
Von Alexander Männer
Die Erweiterung der BRICS-Gruppe, zu der die Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gehören, ist derzeit so relevant wie noch nie. Bereits im Vorfeld und während des 14. BRICS-Gipfeltreffens, das am 23. Juni online stattfand, wurde diese Frage intensiv erörtert und bekam wenige Tage nach dem Gipfel sogar einen immensen medialen Auftrieb, als bekannt wurde, dass die Islamische Republik Iran und Argentinien BRICS offiziell beitreten wollen.
Der Iran könnte Dank seiner geopolitischen und geoökonomischen Lage ein „stabiler und zuverlässiger Partner der BRICS“ werden, erklärte Präsident des Landes, Ebrahim Raisi. Und auch der argentinische Staatschef Alberto Fernandez legt Wert darauf, es allen unmissverständlich zu machen, dass Argentinien „ein vollwertiges Mitglied dieser Gruppe“ sein wolle.
Nach der möglichen Aufnahme von Teheran und Buenos Aires könnte es mit der BRICS-Erweiterung aber sogar noch weitergehen, da es aus offiziellen Quellen heisst, dass es bereits weitere potentielle Beitrittskandidaten geben soll.
Top-Kandidaten Saudi-Arabien, Türkei und Ägypten
So hat die Präsidentin des Internationalen BRICS-Forums, Purnima Anand, diesbezüglich in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass Saudi-Arabien, die Türkei und Ägypten sich darauf vorbereiten würden, Anträge für den Beitritt zur BRICS-Gruppe zu stellen. „Alle diese Länder haben ihr Interesse an einem Beitritt bekundet und bereiten sich darauf vor, die Mitgliedschaft zu beantragen. Ich denke, dass dies ein guter Schritt ist, denn eine Erweiterung wird immer positiv wahrgenommen, dies wird den Einfluss der BRICS in der Welt deutlich erhöhen“, zitiert die Agentur Sputnik Anand.
Wie die Politikerin zudem erklärte, hätten Riad, Ankara und Kairo den entsprechenden Prozess bereits eingeleitet, weshalb ihr Beitritt zu BRICS zügig vonstatten gehen werde. Zumal seien alle Mitglieder der „Schwellenländer-Vereinigung“ an einer Erweiterung interessiert“.
Diese Entwicklung kann man als einen weiteren Beleg dafür werten, dass die BRICS – als Gegenmacht der westlichen dominierten Weltordnung – vor allem durch ihre Erweiterung eine breite Basis für eine neue, gerechtere und multipolare Welt schaffen wollen. In diesem Sinne könnte die Vereinigung auch das US-dominierte Konstrukt der internationalen Beziehungen verändern wollen, indem sie neue und von der US-Diplomatie unabhängige Rahmenbedingungen etabliert.
Dient die BRICS-Erweiterung damit also zur Schaffung eines neuen Blocks, der zum Beispiel eine Alternative zur Gruppe der G20-Länder sein könnte?
Erweiterte BRICS als Alternative zur G20?
Dafür spricht die Tatsache, dass China im Rahmen seines diesjährigen BRICS-Vorsitzes sich primär für die Ausweitung der Zusammenarbeit mit solchen Entwicklungsländern einsetzt, die zur G20 gehören und eine Mitgliedschaft in der BRICS-Vereinigung in Betracht ziehen. Angaben der Global Times zufolge sieht Peking unter anderem in Indonesien einen potenziellen Beitrittskandidaten, da Jakarta sowohl als ein einflussreicher Vertreter der Schwellenländer als auch als Brücke zur islamischen Welt gilt.
Hinsichtlich der Annäherung des BRICS-Formats an die islamischen Länder ist definitiv zu konstatieren, dass die Kooperation im globalen Süden deutlich an Stärke und damit an Einfluss auf der internationalen Ebene gewinnt. Ungeachtet dessen haben die fünf BRICS-Länder jedoch betont, dass sie ihren Hauptprioritäten treu bleiben und den ursprünglichen Charakter der Gruppe – eine informelle Organisation, die auf Grundlage gemeinsamer Interessen für Frieden und Zusammenarbeit in der Welt eintritt – beibehalten wollen.
Die russische Seite hat diesbezüglich klargestellt, dass die BRICS im Falle einer Erweiterung keine Alternative zu den G20 sein könnten, da es sich um zwei sich ergänzende Mechanismen handle. „Nein, unmöglich. Es ist ein wichtiger Mechanismus der Koordinierung, Zusammenarbeit und Partnerschaft, zu dem Länder gehören, die einen sehr großen Anteil am weltweiten BIP aufweisen. Aber natürlich ist die G20 ein ganz anderer Mechanismus, ein breiter. Daher sind sie nicht austauschbar, sie sind eher komplementär“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gegenüber der Russischen Zeitung.
Auch die chinesische Diplomatie betont in diesem Zusammenhang, dass es bei der Erweiterung der Staatengruppe nicht um die Schaffung eines “neuen Blocks“ gehe.
Wie geht es weiter?
Trotz aller Perspektiven bleiben diverse politische Herausforderung bei der Erweiterung um die besagten Länder bestehen. Eine davon wäre etwa die politische Annäherung und Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran. Diese islamischen Systeme sind Konkurrenten um die regionale Hegemonie am Golf und gelten zudem seit langer Zeit als verfeindet. Dennoch ist eine Annäherung zwischen ihnen angesichts ihrer gegenwärtigen Probleme mit der US-dominierten Weltordnung nicht unmöglich.
Darüber hinaus muss der Prozess der Aufnahme von neuen Mitgliedern mit allen BRICS-Staaten abgestimmt sein. Was jedoch die Anforderungen bzw. Kriterien angeht, die die Beitrittskandidaten erfüllen müssen, so gibts es noch kaum offizielle Angaben diesbezüglich.
Wie viele und welchen Staaten es am Ende also sein werden, die zu BRICS kommen, ist jetzt noch völlig unklar. Vermutlich wird man den Vorsitz Südafrikas im kommenden Jahr abwarten müssen. Allerdings kann man schon jetzt davon ausgehen, dass sich noch weitere Staaten um eine BRICS-Mitgliedschaft bewerben werden, da dieses Kooperations-Format in dieser turbulenten Zeit für immer mehr Staaten attraktiver wird.