Seit 1955 setzen Kunstausstellungen in Essen Zeichen für Entwicklungsrichtungen in der Kultur; für Deutschland und die Welt. Die Kunstschau wird gewöhnlich alle 5 Jahres jeweils über Einhundert Tage veranstaltet. Objekt sind Darstellungen kultureller Tendenzen des modernen Lebens; abstrakte Kunst, Pop Art u.a. Richtungen. Die Ausstellungen strahlen über die Grenzen Deutschlands hinaus und sie sehen die Kunst als kollektiven Prozess. Ausgestellte Objekte und Themen sollen Debatten auslösen.
In diesem Jahr steht das Thema „des Teilens von Reis“, als Objekt der Kunstschau in deren Hintergrund die menschliche Solidarität steht. Gezeigt werden die Kunststücke an 30 Standorten in Kassel.
Die Eröffnungsrede der 15. Ausstellung hielt der deutsche Staatspräsident Steinmeier; ein Ausdruck hoher Wertschätzung.
Der Präsident verknüpfte seine Rede mit einer Kritik an den Kuratoren aus Indonesien der Kunstausstellung. Künstler aus Israel seien nicht vertreten. Die Macher hätten dem Antisemitismus nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Es sei für Deutschland ein Muss, die Massenvernichtung von Menschenleben während des Faschismus anzuklagen und die damit verbundenen Tragödien, auch im Kunstbetrieb, wachzuhalten. Die Untaten müssen Vergangenheit für die Menschheit bleiben. Soweit seine richtigen Worte. Auf die Ursachen, warum 80 Jahre nach den Ereignissen in Deutschland noch Fälle des Antisemitismus registriert werden müssen, geht er nicht ein.
Der Staatspräsident unterließ es in seiner Rede, grundsätzlich und ebenso deutlich auf andere Massenvernichtungen oder Völkerverhetzung hinzuweisen. Der faschistische Großangriff auf die slawischen Völker im 2. Weltkrieg war nicht weniger verbrecherisch. Auch wenn Deutsche nicht unmittelbar beteiligt sind, muss jede Massenvernichtung geächtet und neue Ansätze bekämpft werden. Praktisch regte sich in Deutschland kein Protest – weder offiziell noch auf der Straße – als der Präsident der USA China als den Feind Nummer Eins bezeichnete. Das war kein verbaler Ausrutscher. Auf dem vorangegangenen G7 Gipfel in England und bei NATO-Konferenzen hat er gleiche Aussagen gemacht. Die USA führen als eine militärische Großmacht das gemeinsame Bündnis der NATO und der G7 an. Deutschland gehört zu den gestaltenden Mitgliedern der Blöcke. In den Zeiten von Massenvernichtungswaffen sind solche Zielstellungen und Aussagen des nordamerikanischen Präsidenten unverzeihlich.
Im historischen Gedächtnis der Welt bleiben Untaten aus Kolonialzeiten und des Sklavenhandels unvergessen. Ohne umfangreiche Darlehen deutscher Handelshäuser der Fugger oder Welser hätten die Monarchen Spaniens lateinamerikanische Völker nicht in ihrer Entwicklung aufhalten und tributpflichtig machen können. Nach den Eroberungen Amerikas reduzierte sich die Zahl der Ureinwohner grob geschätzt zunächst um etwa 60 Millionen Menschen. Das Schicksal afrikanischer Sklaven ist ein weiterer Schandfleck für den HOMO SAPIENS.
Europäische Regierungen gestehen den Volksstämmen Australiens nicht zu, mit ihren originären Namen benannt zu werden. Europa sagt einfach: Aborigines/Ureinwohner.
Die Menschen der globalen Welt haben noch viel aufzuarbeiten, um solidarisch miteinander umzugehen.
Seit der Eröffnung des Humboldt-Forums, in der Hülle des alten Kaiserschlosses, 2020 in Berlin ringt die deutsche Kulturpolitik, wie mit der Raubkunst in deutschen Museen künftig umgegangen werden soll. Die Eröffnungsrede zur Documenta hätte klärende Worte zum Umgang mit Raubkunst des Staatspräsidenten durchaus vertragen können.