Am Dienstag fand im Palacio de Minería in Mexiko-Stadt – der Gastgeberstadt des 20. Weltsozialforums – eine Videokonferenz statt, an der spanischsprachige Podiumsteilnehmer:innen aus Ecuador und Argentinien, englischsprachige Podiumsteilnehmer:innen aus Großbritannien, Deutschland und Südafrika sowie Zuhörerinnen und Zuhörer aus der ganzen Welt teilnahmen.

von Agathe Plez, Mitglied des internationalen Kollektivs der frankophonen Jugend beim WSF 2022

So viel Wissen, so viele Aktivist:innen, so viele ergreifende Reden! Die Aussagen und Aufrufe zum Handeln unterschieden sich leicht von einer Rede zur nächsten, aber eine Sache blieb konstant: der Aufruf an den Globalen Norden, den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank, dem Globalen Süden die Schulden zu erlassen, die diese Länder ersticken und sie daran hindern, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, gebremst durch Summen, die bis zu 50 Prozent ihres BIP ausmachen können, wie im Fall von Ecuador. Laut einem Podiumsteilnehmer braucht dieses Land „ökologisches Wachstum und eine soziale und ökologische Politik, kein Wirtschaftswachstum.“ Schulden sind also ein Machtinstrument, das es den Ländern des Globalen Nordens ermöglicht, die Länder des Globalen Südens von ihnen abhängig zu machen, und das dazu benutzt wird, die Nord-Süd-Ungleichheit zu vertiefen, so die Meinung von mehreren. Infolgedessen verewigen diese Schulden und insgesamt das kapitalistische System, von dem sie ausgehen, koloniale, patriarchale, rassistische und sexistische Gewalt, der wir ein Ende setzen müssen, denn die Podiumsteilnehmer:innen haben es auf den Punkt gebracht: Wir können mit diesem gewalttätigen System nicht weitermachen.

Was können wir also tun?

Wir müssen die Einstellung der Menschen zu Schulden ändern. In der Vergangenheit wurden einigen Ländern bereits Schulden erlassen, warum also nicht noch einmal? Eine Klarstellung sei noch erlaubt: Es ist wahrscheinlicher, dass ein Angriff auf den Kapitalismus von den Ländern des Globalen Südens ausgeht, die unter den schädlichen Folgen dieses Systems leiden, als von den Ländern des Globalen Nordens, die den Luxus haben, die Annehmlichkeiten dieses Systems zu genießen, ohne unter seinen Schäden zu leiden. Die Podiumsteilnehmer:innen haben es laut und deutlich gesagt: Die Nationen des Globalen Nordens müssen ihre Bürger:innen aufklären und ihre Mentalität ändern; die Stimme der Aktivist:innen aus dem Globalen Süden verstärken; das Wissen der Ersten Völker respektieren; die Länder des Globalen Südens müssen sich die Machtinstrumente, die so lange zur Unterdrückung ihrer Völker eingesetzt wurden, aneignen, indem sie sie in Werkzeuge für den Kampf gegen das kapitalistische System, den Klimawandel und die Nord-Süd-Ungerechtigkeit transformieren.

Durch die Kombination von wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Gerechtigkeit ergibt sich dann die Idee der ökologischen Schulden. Auf der Website https://debtforclimate.org/fr/ ist dieses Konzept mit einigen Highlights kurz und prägnant erklärt:

Die entwickelten Länder des Globalen Nordens haben eine ökologische Schuld gegenüber den Ländern des Globalen Südens.

So schuldet der Globale Norden dem Globalen Süden Reparationen sowie den Erlass der internationalen Schulden der verarmten Nationen. Indem er den Ländern des Globalen Südens eine Entschädigung dafür zahlt, dass fossile Brennstoffe im Boden belassen werden, könnte der Globale Norden damit beginnen, seine ökologischen Schulden gegenüber dem Globalen Süden zu begleichen.

Das ultimative Ziel der Bewegung, die für ökologische Schulden eintritt, ist es, „die Diplomatie der Schuldenfalle umzukehren, indem die Schulden verarmter Nationen als Zahlungsmittel erlassen werden, um fossile Brennstoffe im Boden zu belassen und so einen gerechten [ökologischen] Übergang zu finanzieren.“

Wenn also von ökologischen Schulden die Rede ist, geht es um klimatische, soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit und darum, das Unrecht, das der Globale Norden den Ländern des Globalen Südens angetan hat, durch Reparationen wiedergutzumachen, die nun schon viel zu lange fällig sind. Worauf warten wir noch, um zu handeln?

Um mehr über ökologische Schulden zu erfahren und sich der Sache anzuschließen:
https://debtforclimate.org/fr/
https://www.jubileeclimate.org

Die Übersetzung aus dem Französischen wurde von Hans-Jörg Schneider vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!