Krieg, Handel und Piraterie,
Dreieinigkeit sind sie, nicht zu trennen.
J.W. Goethe, Faust zweiter Teil
Die Medien lieferten über Monate, in der Vorphase militärischer Auseinandersetzungen, eine Schlacht der Worte. Sie bliesen viel Wind in die Segel des Krieges. Der Eindruck drängte sich auf, dass einige, entgegen dem Pressekodex, auf eigene Rechnung in die Auseinandersetzungen eingriffen. Das Fatale: der nun eingetretene Kampf mit Waffen tötet Menschen und zerstört Lebensgrundlagen.
Zu den eigentlichen Ursachen des Streites in der Ukraine, dessen Wurzeln bis 1917 zurückreichen, wird wenig berichtet. An Schuldzuweisungen gegen Russland aber mangelt es in den Medien nicht, auch nicht an verbalen Drohgebärden.
Der Botschafter der Ukraine in Berlin forderte am 25. Februar 2022 im n-tv Kanal sogar die Atombombe. Deutsche Politiker fordern den Ausschluss Russlands aus dem Bankensystem SWIFT, was dem Kenner der Bankenwelt, Friedrich Merz, im ersten Moment kalte Schauer verursacht. Unisono tönen Politiker Deutschlands und der Europäischen Union: „Russland und Putin müssen es bezahlen, sie müssen hart betraft werden“.
Die Invasion von Russland in die Ukraine ist ein Bruch des Völkerrechts, ein klarer Verstoß gegen das UN-Gewaltverbot und muss klar verurteilt werden. Die Invasion hat allerdings eine Vorgeschichte.
Die Philosophie der PAX AMERICANA als Teil des Kalten Krieges bestimmt bereits seit langem die Tagesordnung der Politik der Staatengruppe der G 7 gegenüber Russland, ohne eine finale Regelung herbeiführen zu können. Ihr Hauptziel war und ist, den Status Quo Russlands weiter zu schwächen. In den 90-ziger Jahren wurde die UdSSR aufgelöst. Die frühere Union hat 14 Mitgliedsländer und über 20 autonome Gebiete verloren. Das Verteidigungsbündnis, der Warschauer Pakt, und der Rat der Gegenseitigen Wirtschaftshilfe wurden nach Gesprächen zwischen den Präsidenten Georg Bush sen. und Gorbatschow aufgelöst. Die NATO rückte bis an die Grenzen Russlands. Die Ukraine, ist noch kein NATO-Mitglied strebt aber den Beitritt an. Das Jahr 1993 zeigte unter Beifall der G7 wie es gehen könnte.
Die Pax Americana wird mit überschaubaren Elementen wirksam: Dem Gegner wird der Mantel des Verletzers des Völkerrechts und der Menschenrechte umgehängt. Er wird in eine imaginäre Gruppe der Bösen eingeordnet. Mit Sanktionen und Boykotten soll seine innere Lage destabilisiert werden. Die Meinungsbildung wird über Medienkanäle beeinflusst.
Winston Churchill, die Symbolfigur des Kolonialismus, war einer der Väter der Pax Americana, wie auch der Truman-Doktrin zur Zurückdrängung des Sozialismus. Ihm wird in einer seiner Biografien die folgende bedeutungsschwere Aussage zugeschrieben: „Auch wenn in Russland der Bolschewismus nicht die Oberhand gewonnen hätte, müsste man das Land schon wegen seiner Marktgröße und Rohstoffreichtum unter Kontrolle nehmen“.
Abgesehen von den wirtschaftlichen und politischen Nutznießern debattiert die vernunftbegabte bürgerliche Welt seit dem Mittelalter die Problematik der Kriege für die menschliche Gesellschaft. Die Auffassungen von Hugo Grotius in seinem Buch „De jure belli ac pacis“ (1625) über gerechte und ungerechte Kriege werden bis zur Gegenwart von bestimmten Politwissenschaftlern geteilt. Grotius Hauptthese lautet: „Die Ungerechtigkeit eines Angreifers kann Kriege gerecht machen“. Der deutsche Staatspräsident Gauck vertrat noch in seiner Amtszeit (2012 – 2017) die Auffassung, dass Kriege eine Option für die Politik sind.
Theoretische Erörterungen helfen im Moment weder der ukrainischen- noch der russischen Bevölkerung, die in der Ukraine lebt.
Aus der Fernsehansprache von Präsident Putin am 21. Februar 2022 mit der Ankündigung, die beiden ukrainischen Regionen Lugansk und Donezk als Volksrepubliken völkerrechtlich anzuerkennen und militärische Schutzfunktionen zu übernehmen, wird deutlich, dass er und Russland seit 1990 tief verletzt sind. Die bis zu 30 Prozent Russen, die traditionell in den Gebieten leben, hätten viel Leid auch nach dem Völkergesetzbuch hinnehmen müssen. Er machte eine lange Rechnung gegen Politiker der Ukraine auf. In seiner Rede zeigte Putin eine ähnliche Entschlossenheit, wie sie Präsident George W. Bush j. während seiner Fernsehansprache nach der Zerstörung der Twin Towers in New York zeigte und zum Krieg gegen den Terror aufrief.
Noch gibt es keine Kriegserklärung der russischen oder ukrainischen Regierungen. Hoffentlich bleibt sie aus und die Kampfhandlungen werden beendet. Putin führt die Auseinandersetzung grundsätzlich mit den USA, nicht mit dem Land Ukraine.
Gegenseitige jahrelange ideologische Vorurteile zwischen den Systemen machen eine zum Erfolg führende Aufnahme diplomatischer Verhandlungen schwierig. Aber die Bevölkerungen der Länder haben nur diese Chance, um wieder friedliche Verhältnisse herzustellen.
Ob die Präsidenten Putin oder Biden eine gute Politik für die Bevölkerung betreiben, wird die Geschichte, jenseits der Meinung des Siegers beantworten. Ein politisches Kalkül, ob Kriege als Mittel zur Problemlösung taugen, sicher nicht. Alle Staaten, sowie ihre amtierenden Politiker stehen am Anfang des 21. Jahrhunderts vor der Herkulesaufgabe, dass Handeln ihrer Wirtschaften und Einwohner naturverträglich umzustellen.
Darüber hinaus stehen noch die Fragen, in welchen Bereichen die USA und die Länder der Europäischen Union Schäden durch Handlungen Russland erlitten hätten? Wie sind solche ideellen Schäden zu bemessen? Die Politiker der G7 haben sich mit den Strafdrohungen weit aus dem Fenster gelehnt. Sanktionen sind Formen der Vergeltung, die nicht in die moderne globale Welt passen. Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau können Spannungen lösen. Auch vertragliche und nachprüfbare Vereinbarungen zur Abrüstung zwischen Moskau und Washington.
Inzwischen gehen todbringende Aktionen in der Ukraine weiter. Der Krieg der Worte voller Ablenkung von den Hauptproblemen, setzt sich fort.
Es bleibt nur die humane Vernunft und die Wahrheit, wie es Voltaire vor etwa 244 Jahren angesichts der kommenden Französischen Revolution in seiner „Lobrede auf die Vernunft“ geschrieben hat. Kant gab in seinem Werk „Zum Ewigen Frieden“ Anregungen, dass er möglich sei.
Eine notwendige Anmerkung: Die Pax Americana ist unter Politikwissenschaftlern und Historikern in der globalen Welt umstritten. Die USA hätten in der Vergangenheit damit ihre nationalen Interessen einseitig und überwiegend „out of area“ verwirklicht. Das zeigen die Beispiele Vietnam, Nikaragua, Panama, Kuba, Grenada, Irak, Libyen, Philippinen, Afghanistan u.a. Länder. Unverantwortlich waren die im Namen des Friedens eingesetzten Atombomben in Japan. Mahnungen der Wissenschaftler, u.a. Einsteins, vor dem Einsatz blieben vom Präsidenten der USA ungehört.
Der Autor des Artikels erlebte Bombennächte in Berlin und Kampfhandlungen zwischen SS- Einheiten und amerikanischen Soldaten in Sachsen. Sein Wunsch nie wieder Krieg erleben zu müssen, hat sich tief verankert.