Der erzwungene Abfluss der Geld- und Landeswerte in den Zeiten der etwa 100-jährigen halbkolonialen Abhängigkeit verursachte für China ein historisches Trauma. Am ärgsten gelitten hatte der Bauernstand, gepresst von kaiserlichen Steuereintreibern und später von ausländischen „money makers“.
Der zweimalige bewaffnete Widerstand der Mitglieder der „Gesellschaft für Rechtschaffenheit und Harmonie“ (Boxeraufstand) 1842 und 1858 gegen Engländer und anderen Ausländern aus Staaten, die heute die G7 bilden, blieb ohne Erfolg. Sein Anlass war die mit Waffen und Schlachtschiffen erpresste Öffnung der Grenzen Chinas für die Opium- und anderer Produkte. Die tiefe Spaltung des Landes in Ober- und Unterschicht wurde in dieser Epoche dauerhaft verankert.
Ein Entwicklungsbericht der Weltbank von 1988 ordnete China beim Prokopfeinkommen hinter Kenia ein. Außergewöhnliche Kraftanstrengungen waren erforderlich, um nach der Revolution 1949 die Lebensverhältnisse zu verbessern und Anschluss an den Fortschritt der Welt in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Wissenschaft zu schaffen.
Mao Tse-Tung rief zu großen Sprüngen auf, was in Europa belächelt wurde. Die ersten 40 Jahre nach der sozialistischen Revolution brachten nur geringe wirtschaftliche Erfolge, trotz beachtlicher Rohstoffvorkommen und geschichtlich hoher wissenschaftlicher Leistungen (Mathematik, Pflanzenzucht, Wasserbauten, Landesverwaltung u.v.m.). Großartig waren Ergebnisse der Bodenreform. Bis 1952 erhielten 120 Millionen Bauern Land. Die wirtschaftliche Hilfe der sozialistischen Länder reichte angesichts des Bedarfs nicht aus.
Entscheidende wirtschaftliche Impulse zum gegenwärtigen Stand der Volkswirtschaft und der Lebensverhältnisse setzte die Kommunistische Partei unter Deng Xiaoping mit einem Reformpaket 1978. Die kontrollierte Öffnung zum kapitalistischen Weltmarkt durch die Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen mit angepassten Gesetzesregeln und die Zulassung von Joint Venture-Verträgen mit kapitalistischen Konzernen gehörten zu einer neuen Strategie. Ein gegenseitiger Nutzen ohne die Einmischung in innere Angelegenheiten der Partner war Kern und Motor der Zusammenarbeit.
Vorteile für China: Das Land stärkte seine Investitions- und Akkumulationskraft und erhielt technologisches Knowhow, ohne die Zahlungsbilanzen mit den kapitalistischen Ländern zusätzlich zu belasten. Auch neue Arbeitsplätze für die Bevölkerung und Steuereinnahmen für den Staat liegen auf der Seite der Vorteile. Dauerhafte Zulieferungen aus dem chinesischen Binnenmarkt verstärkten die Effekte. Erfahrungen für die Unternehmensführung konnten ohne Beraterkosten gesammelt werden.
Nutzen für die Konzerne brachten das niedrige Lohnniveau für ihre Gewinnrechnung und der große Absatzmarkt Chinas. Geringere Steuerbelastungen an den Staat, auch kostengünstige Zulieferungen von chinesischen Unternehmen gehen in die Gewinnrechnung der Konzerne ein. Sie erhielten bei ihrer Einrichtung Bodenflächen zu niedrigen Preisen und Anbindungen an das Energie-, Wasser- und Verkehrsnetz Chinas.
Zusätzliche Impulse für die Wirtschaft Chinas brachte die Verwendung technologischer Instrumente, wie Aktien und Börsen, wie sie in westlichen Wirtschaften üblich sind.
Die Analyse der positiven Wirtschaftsentwicklung zeigt darüber hinaus eine leicht veränderte Zuordnung bei den produktiven Eigentumsarten. Land und Bodenschätze sind weiterhin Eigentum des Landes. Wirtschaftliche Grundbereiche sind dem staatlichen Eigentum zugeordnet. Genossenschaftlicher und privater produktiver Besitz sorgen hauptsächlich für die Erfüllung des Bedarfs im ganzen Land. Neu ist die Zulassung von gemischten Besitzformen bis zu einem festgelegten Anteil bzw. einer Entscheidungsgrenze für wirtschaftliche Entwicklungen.
Im Verlauf der kontrollierten Öffnung zum kapitalistischen Weltmarkt änderte der Volkskongress (Parlament) 1982 die Verfassung. Sie beschreibt die Volksrepublik als sozialistischen Staat mit der Diktatur des Volkes (Alle Macht geht vom Volk aus) auf dem Weg aus der Armut und mit dem Anspruch eines Wohlfahrtstaates. Eine Dreiteilung der Macht in Parlament, Exekutive, Justiz ist festgeschrieben. Die Menschenrechte sind im Artikel 33 der Verfassung verankert. Gesetze bestimmen die Normen auch für ausländische Betriebe. Die Preisbildung wird geteilt: Der Staat legt die Preise für bestimmte Warengruppen fest, die übrigen können von der Nachfrage auf kalkulierter Basis bestimmt werden. Die Regierung steuert die Gemeinschaftsaufgaben (Bildungs- und Gesundheitswesen, Grundlagen Wissenschaft, Kultur, wirtschaftliche Grundproportionen, Sicherheit u.ä.).
Nach Differenzen zwischen China und der UdSSR, die zum militärischen Konflikt am Grenzfluss Ussuri 1969 führten, hoffte die Führungsschicht der USA und der EU, dass China in das System des Kapitalismus abdriftet. 1971 besuchen Kissinger und 1972 Präsident Nixon China.
Neoliberale Politik- und Wirtschaftswissenschaften haben Jahre später Probleme, die neuen Entwicklungen zu interpretieren. Sie sehen die Volksrepublik im Staatskapitalismus gelandet und vergessen, dass Geldströme oder Geldsummen an sich keine Gesellschaftssysteme begründen. Die Verteilung des Geldes bzw. des Mehrwertes dagegen schon.
Die Messlatten, welches System ein Land anstrebt, sind nach einem gewissen Zeitablauf (Regierungsperioden, Investitionszyklen) die praktischen Ergebnisse der Entwicklungspolitik und der Stand der Einführung des „Internationalen Pakts über wirtschaftliche , soziale und kulturelle Menschenrechte“ der UNO.
Die Erfolge Chinas können am Stand des Binnen- und Außenbereiches abgelesen werden:
- Sechs der letzten Fünfjahrpläne und die praktische Arbeit in den vier Bereichen des wirtschaftlichen Eigentums haben die Lebensverhältnisse für die Bevölkerung in allen Regionen des Landes kontinuierlich verbessert, auch in Tibet und Xinjiang. Der staatliche Sektor wurde reformiert, behielt aber seine strategische Bedeutung als Grundversorger des Landes (Schwerindustrie, Energie, Verkehr, Militärausrüstung u.ä.). Uwe Behrens beschreibt den Sektor als stählerne Reisschüssel (Feindbild China, Verlag Edition Ost). Die große kapitalistische Strukturkrise von 2008 berührte China nur an den Punkten seiner wirtschaftlichen Außenbeziehungen, ohne die Stabilität der eigenen Volkswirtschaft zu gefährden. Die großen Länder der Europäischen Union retteten ihre zahlungsunfähigen Banken mit Gelddruckmaschinen. Im Gegensatz zu westlichen Staaten hat China kein Problem mit Auslandsschulden. 2021 stehen den Verbindlichkeiten von 1,4 Billionen USD 6,2 Billionen Forderungen gegenüber. Tilgungsfristen wurden nie versäumt. Chinas Export gewährleistet die fristgemäße Rückzahlung. Devisenreserven müssen nicht in Anspruch genommen werden. Das Jahr 2021 zeigt Bilder mit Chinas gewachsenen Städten, modernen Verkehrssystemen, ein reiches Kulturleben. Das Statistische Amt der Regierung weist keine nennenswerten Abweichungen vom geplanten Weg einer proportionalen Entwicklung aus. Die vorbedachte gute finanzielle Ausstattung der Wissenschaft und ihre Ergebnisse haben das Land auf Teilgebieten der Technologie auf globale Spitzenpositionen gebracht. Vier Unternehmen, darunter Huawei, eine Genossenschaft, zählen zu den Großen der Welt. Die Hightech-Industrie des Landes erreicht Entwicklungsraten im zweistelligen Bereich. In China sind 800 Millionen Internetnutzer registriert. Zum großen Sprung gehört Chinas aktive kosmische Forschung und die aktuelle Montage einer eigenen Weltraumstation und des weltgrößten Radioteleskops in Pingtang/Guizhou.
Die Umwandlung Chinas von einem Agrarland in ein leistungsstarkes Industrieland ist im Verlauf von etwa 70 Jahren gelungen. Die Bauern haben aktiv dazu beigetragen, dass ihre Revolution das Land sozial, wirtschaftlich und wissenschaftlich erfolgreich vorangebracht hat.
- Erfolge der Politik der KPCH sind in Chinas Außenbeziehungen gleichfalls sichtbar. Das Projekt der Neuen Seidenstraße gilt weltweit als Beispiel für die internationale Zusammenarbeit nach sozialistischen WIN-WIN-Prinzipien des gegenseitigen Vorteils der Partner und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des anderen. Es kann als Vorbild gelten, wie die internationale Zusammenarbeit auf gerechter Basis vollzogen werden könnte. Nach bisher angewandten Prinzipien des Kapitalismus gibt es in den Verhandlungen stets Gewinner und Verlierer. Die schwächeren Entwicklungsländer waren bisher nicht in der Lage, aus ihren ungleichen Verhältnissen zu den entwickelten Industrieländern aufzuschließen. Eine Fülle von Einzelfaktoren steht ihnen bei wirtschaftlichen Verhandlungen nicht zur Verfügung. Europas Statistiker würdigten im letzten Jahr die wirtschaftlichen Erfolge des Landes (BIP, Außenhandel). Unbeachtet blieb, dass China inzwischen über die weltgrößte Ladekapazität der Reedereien mit 752 Millionen Standardcontainern verfügt. Chinas Herangehen an die internationale Arbeitsteilung brachte nach achtjährigen Verhandlungen den Erfolg beim Abschluss des Abkommens über den Freihandel (RCEP) 2019. Hoch zu schätzen ist Chinas Wirken im Weltfriedensrat der UNO als ständiges Mitglied mit Vetorechten. Das Land hat dazu beigetragen, einen 3. Weltkrieg zu verhindern. Im Verbund mit den Staaten der G20 fördert es den Erfahrungsaustausch zur friedlichen Überwindung des kolonialen Erbes in den Entwicklungsländern. Die Wurzeln des gegenwärtigen Konflikts mit den USA und der EU sind wohl in zwei Bereichen zu suchen: China geht unbeirrt auf seiner Hauptstraße in Richtung sozialer Gerechtigkeit für die Abhängigen und zweitens hat das Land mehr Punkte im friedlichen wirtschaftlichen Wettbewerb mit den USA eingesammelt. Statistiken der Staatsverschuldung und der Grad ihrer Beherrschung, der Arbeitslosigkeit, der Bildung und Gesundheitsversorgung etc. geben Belege.
Und da schwirrt noch so ein Gedanke: Europas Entwicklungsgeschichte und die seines Abkömmlings USA wurde historisch vom Kolonialismus und von Kriegen gegen andere Staaten bestimmt. Wie wäre es, wenn sich die Regierungen der Welt künftig auf das Prinzip der friedlichen Koexistenz und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des anderen verständigen würden? Die UNO hat es bereits in ihre Welterbeliste aufgenommen.