Rechtliche Unsicherheit und wachsende Besorgnis zeigen die dringende Notwendigkeit für Regulierungen
- Die Regierungen sollten Verhandlungen über neue internationale Abkommen zu tödlichen autonomen Waffensystemen, auch Killer-Roboter genannt, aufnehmen.
- Die bestehende internationale Gesetzgebung ist nicht ausreichend, um auf die akute Bedrohung angemessen zu reagieren, die von solchen Waffen ausgeht und die in einigen Ländern bereits entwickelt werden.
- Die Länder sollten Optionen prüfen, um diese Angelegenheit voranzubringen, einschließlich eines separaten Prozesses oder unter Federführung der UN-Generalversammlung.
In einem heute veröffentlichten Bericht gab Human Rights Watch an, dass die Regierungen Verhandlungen über ein neues Abkommen aufnehmen sollten, mit dem eine signifikante Kontrolle des Menschen über den Einsatz von Waffen beibehalten wird. Die Länder werden sich im Dezember am Sitz der Vereinten Nationen in Genf treffen um darüber zu entscheiden, ob Verhandlungen über ein neues internationales Abkommen zu tödlichen autonomen Waffensystemen, den sogenannten Killer-Robotern, aufgenommen werden.
Der 23-seitige Bericht “Crunch Time on Killer Robots: Why New Law Is Needed and How It Can Be Achieved,” (Entscheidung zu Killer-Robotern – weshalb ein neues Abkommen nötig ist und wie es erreicht werden kann) von Human Rights Watch und der Harvard Law School International Human Rights Clinic konstatiert, dass ein internationales Abkommen vorangebracht und abgeschlossen werden soll, um die Menschheit vor den Gefahren durch Waffensysteme zu schützen, die Ziele ohne entscheidende menschliche Kontrolle und Steuerung auswählen und angreifen.
„Nach acht Jahren Diskussion über die weitreichenden Konsequenzen der Aufhebung menschlicher Kontrolle über Waffensysteme, müssen die Länder nun entscheiden, wie sie diesen Bedrohungen begegnen wollen“, sagte Bonnie Docherty, leitende Waffenforscherin bei Human Rights Watch und stellvertretende Direktorin auf dem Gebiet bewaffnete Konflikte und Zivilschutz an der Harvard Human Rights Clinic. „Es besteht die dringende Notwendigkeit für ein verbindliches Abkommen, das sich mit den Defiziten des internationalen humanitären Rechts befasst und es auf den neuesten Stand bringt, um so den legalen, ethischen und gesellschaftlichen Herausforderungen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und der sich weiter entwickelnden Technologien gewachsen zu sein.“
Die 6. Revisionskonferenz der Convention on Conventional Weapons (CCW) (Konvention über Konventionelle Waffen), die vom 13.-17. Dezember stattfindet, ist eine wichtige Nahtstelle der internationalen Gespräche über Killer-Roboter. Beim letzten CCW-Treffen zu Killer-Robotern im September sprachen sich die meisten teilnehmenden Länder für eine neues legal verbindliches Instrument zu autonomen Waffensystemen aus. Chile, Mexiko und Brasilien forderten die Mitgliedsländer der Konvention auf, Verhandlungen über ein neues internationales Abkommen aufzunehmen. Weitere Befürworter waren die Staaten der „Gruppe der Zehn“ (Argentinien, Costa Rica, Ecuador, El Salvador, Palästina, Panama, Peru, Philippinen, Sierra Leone und Uruguay) sowie Länder der Bewegung der Blockfreien Staaten.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein neues Abkommen über autonome Waffensysteme auszuhandeln. Neben der CCW wäre eine Option ein separates Vorgehen, so wie es bereits bei den Abkommen zum Verbot von Antipersonen-Landminen und Streumunition gehandhabt wurde. Eine weitere Option wäre die UN-Generalversammlung, die bereits den Atomwaffenverbotsvertrag ausgehandelt hat.
Das bestehende internationale humanitäre Recht ist nicht ausreichend, um den Problemen durch autonome Waffensysteme zu begegnen, so Human Rights Watch und die Harvard Clinic. Es gibt eine breite Unterstützung für die Schaffung eines neuen Abkommens und jegliche abweichenden Ansichten verstärken noch die Dringlichkeit, das bestehende Gesetz zu präzisieren. Ein neues Abkommen würde unter den Gesichtspunkten des internationalen humanitären Rechts, der Ethik, der internationalen Menschenrechtsabkommen, der Verantwortlichkeit und der Sicherheit auf die Bedenken eingehen, die diese Waffensysteme auslösen.
Ein solches Abkommen sollte Waffensysteme einschließen, die Ziele auf der Grundlage von Sensoren anstelle von menschlichem Zutun auswählen und angreifen. Die meisten Befürworter eines solchen Abkommens fordern ein Verbot von Waffensystemen, die so angelegt sind, dass sie Ziele ohne nennenswerte menschliche Kontrolle auswählen und angreifen. Dazu zählen komplexe Systeme, die Algorithmen des maschinellen Lernens verwenden und die Gefahr von unvorhersehbaren oder unerklärbaren Aktionen in sich bergen.
Einige Länder haben auch ihr Interesse an einem Verbot von Waffensystemen bekundet, die mit Hilfe und auf Grundlage von durch Sensoren generierten biometrischen oder anderen Daten Individuen oder Kategorien von Personen identifizieren, auswählen und angreifen.
Viele Länder schlagen vor, diese Verbote mit Regularien zu ergänzen und so sicherzustellen, dass alle anderen autonomen Waffensysteme nur mit signifikanter Kontrolle durch den Menschen verwendet werden. „Meaningful human control“ (Signifikante Kontrolle durch den Menschen) wird im Allgemeinen so verstanden, dass die Technologie verständlich, vorhersehbar und zeitlich sowie örtlich begrenzt sein muss.
Ein Verhandlungsfortschritt bei der CCW ist offenbar unwahrscheinlich, da das Gremium einvernehmlich beschließt und es Ablehnung seitens einer kleinen Anzahl von Militärmächten, namentlich Indien, Russland und den USA gibt und die die bestehenden humanitären Regularien als ausreichend ansehen, um Probleme mit diesen Waffensystemen lösen zu können. Diese Länder, wie auch Australien, China, Israel, Südkorea und die Türkei stecken erhebliche Investitionen in Militärvorrichtungen, die auf künstlicher Intelligenz und ähnlich gelagerter Technologien basieren, um luft-, land- und seegestützte autonome Waffensysteme zu entwickeln.
„Ein unabhängiger Prozess, um ein neues Abkommen zu Killer-Robotern auszuhandeln, wäre effektiver und umfassender als die gegenwärtigen diplomatischen Gespräche und andere Alternativen“, so Docherty. „Die Beschleunigung eines solchen Prozesses gelingt jedoch nur mit der aktiven Unterstützung politischer Führer.“
Ein breites Spektrum und eine wachsende Anzahl von Ländern, Institutionen, Privatunternehmen und Einzelpersonen haben ihren Wunsch nach einem Verbot von Killer-Robotern bekräftigt. Im Mai rief das Internationale Komitee vom Roten Kreuz die Länder auf, ein internationales Abkommen zum Verbot autonomer Waffensysteme auszuhandeln, die unkontrollierbar sind oder menschliche Ziele haben sowie Regularien einzusetzen, um die Kontrolle des Menschen über weitere Systeme zu garantieren. Seit 2018 drängt der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres die Staaten dazu, Waffensysteme zu verbieten, die autonom Menschen ins Visier nehmen und angreifen könnten. Er bezeichnet diese Systeme als „moralisch widerwärtig und politisch inakzeptabel“.
Human Rights Watch ist Mitbegründer der Campaign to Stop Killer Robots, einer Koalition von mehr als 185 NGOs in 67 Ländern, die sich für ein Abkommen zur Beibehaltung einer signifikanten menschlichen Kontrolle bei der Anwendung von Waffengewalt sowie für ein Verbot von Waffensystemen einsetzt, die ohne eine solche Kontrolle operieren.
„Ein Großteil des Widerstands gegenüber Killer-Robotern rührt von der moralischen Ablehnung der Vorstellung her, dass Maschinen Entscheidungen über Leben und Tod treffen.“, so Docherty. „Ein neues Abkommen würde die Lücke in der internationalen Gesetzgebung schließen und die Prinzipien von Humanität und die Gebote des öffentlichen Gewissens angesichts neuer Waffentechnologien schützen“.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Silvia Sander vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!