Der von Kanada initiierte Lima-Gruppe wurde wahrscheinlich ein verhängnisvoller Schlag versetzt, der eine ernsthafte Diskussion über die Außenpolitik dieses Landes auslösen sollte. Aber Sie dürfen nicht erwarten, dass die Medien oder Politiker dies überhaupt erwähnen.
Von Yves Engler
Der neue peruanische Außenminister bezeichnete die Lima-Gruppe als die „verhängnisvollste“ außenpolitische Aktion, die das Land je durchgeführt hat, und verhängte das Todesurteil über eine Koalition, die die venezolanische Regierung stürzen will. Héctor Béjar sagte: „ Die Lima-Gruppe ist das Katastrophalste, was wir in der internationalen Politik in der Geschichte Perus getan haben.“
Zwei Tage nach der Stellungnahme von Bèjar, erklärte der Außenminister von St. Lucia, Alva Baptiste:“ Wir werden mit sofortiger Wirkung aus der Vereinbarung mit der Lima-Gruppe aussteigen – dieser moralisch bankrotten Mungo-Bande, wir werden aussteigen, weil diese Gruppe den Kindern, Männern und Frauen Venezuelas unnötiges Leid zugefügt hat.
Vor den Erklärungen von Baptiste und Béjar hatte die Lima-Gruppe eine Handvoll Mitglieder verloren und ihre Unterstützung für Guaidos Antrag, sich selbst zum Präsidenten zu erklären, war gescheitert. Unter Berücksichtigung ihres Namens bedeutet die aggressive Wende der peruanischen Regierung gegenüber der Lima-Gruppe wahrscheinlich deren Ende. Über Kawsachun News twitterte ein peruanischer Kongressabgeordneter die Bemerkung „Lima trat aus der Lima-Gruppe aus“.
Der Untergang der Lima-Gruppe wäre ein schwerer Schlag für Trudeaus Außenpolitik. Sie wurde von Ottawa zusammen mit Peru gegründet. Inmitten der Gespräche zwischen den Außenministern beider Länder im Frühjahr 2017 rief Trudeau seinen peruanischen Amtskollegen Pedro Pablo Kuczynski dazu auf, „die Notwendigkeit des Dialogs und der
Achtung der demokratischen Rechte der venezolanischen Bürger, wie sie in der Charta der Organisation der Amerikanischen Staaten und in der Interamerikanischen demokratischen Charta verankert sind, zu betonen“. Die Lima-Gruppe wurde jedoch im August 2017 als ein Tragwerk außerhalb der OAS gegründet, vor allem weil sich die Mitglieder dieser Organisation weigerten, das Angebot Washingtons und Ottawas zu unterstützen, sich in venezolanische Angelegenheiten einzumischen, was ihrer Meinung nach gegen die Charta der OAS verstieß.
Kanada war vielleicht das aktivste Mitglied der Koalition. Die frühere Außenministerin Chrystia Freeland nahm an einem halben Dutzend Treffen der Lima-Gruppe teil und das zweite Treffen fand in Toronto statt. Bei diesem Treffen im Oktober 2017 wurden die regionalen Regierungen dazu aufgefordert, Schritte zu „weiteren Isolierung“ Venezuelas zu unternehmen.
Beim zweiten Treffen der Lima-Gruppe in Kanada, wenige Wochen nachdem Juan Guaidó sich selbst zum Präsidenten ernannt hatte, erklärte Trudeau, „die internationale Gemeinschaft muss sich sofort hinter dem Interimspräsidenten zusammenschließen.“ In der Abschlusserklärung des Treffens vom Februar 2019 wurden die venezolanischen Streitkräfte aufgefordert, „ihre Loyalität gegenüber dem Interimspräsidenten zu demonstrieren“ und den gewählten Präsidenten abzusetzen.
Freeland hat wiederholt karibische und mittelamerikanische Länder dazu gedrängt, sich der Lima-Gruppe und ihren Anti-Maduro-Bestrebungen anzuschließen. Im Mai 2019 rief Trudeau den kubanischen Präsidenten Miguel Diaz-Canel an und setzte ihn unter Druck, sich Ottawas Bemühungen anzuschließen, um Präsident Maduro seines Amtes zu entheben. Die Veröffentlichung lautet: „Der Premierminister unterstrich im Namen der Lima-Gruppe den Wunsch, dass in Venezuela freie und faire Wahlen stattfinden und die Verfassung eingehalten wird.“
Als Zeichen der Bedeutung, die der Lima-Gruppe durch kanadische Diplomaten beigemessen wurde, verlieh der Berufsverband für Offiziere im Auswärtigen Dienst im Juni 2019 die Auszeichnung für Beamte im Auslandsdienst an Patricia Atkinson, Leiterin der Venezuela-Taskforce für internationale Angelegenheiten. In dem Bericht hieß es: „Patricia und das hervorragende Team, das sie gebildet und geleitet hat, unterstützten den Einsatz des Ministers und spielten Schlüsselrollen bei den Inhalten und der Organisation von 11 Treffen der 13- Länder- Lima-Gruppe, die Maßnahmen gegenüber Venezuela anordnet.“
Seit ihrem ersten Treffen in Toronto haben Solidaritäts-Aktivisten gegen die Lima-Gruppe protestiert. Auch beim zweiten Treffen der Lima-Gruppe in Kanada gab es Proteste, darunter eine erhebliche Störung der Abschlusspressekonferenz. Bei einem Gespräch im letzten Jahr erklärte der NDP-Abgeordnete Matthew Green: „Wir sollten nicht Teil einer pseudo-imperialistischen Gruppe wie der Lima-Gruppe sein,“ während eine auf dem Parteitag im April eingereichte (aber nie diskutierte) Resolution Kanada zum Austritt aus der Lima-Gruppe aufforderte.
Es bleibt zu hoffen, dass die jüngste Kritik der Regierungen von Peru und St. Lucia das Ende der Lima-Gruppe einleitet. Aber wir sollten die Sorge dafür übernehmen, dass sie nicht leise verschwindet. Wir brauchen eine Diskussion darüber, wie Kanada zu einem Hauptakteur in dieser interventionistischen Allianz wurde.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!