Vor einigen Wochen verstarb der ehemalige Präsident von Sambia Kenneth Kaunda. Obwohl er außerhalb der englischsprachigen Welt kaum bekannt ist, verdient er mehr als einen kurzen Absatz in den Geschichtsbüchern.
Kaunda war zunächst der Anführer der Bewegung gewesen, die der damaligen britischen Kolonie Nordrhodesien 1964 die Unabhängigkeit unter dem Namen Sambia brachte. Er wurde der erste Präsident und blieb es bis 1991.
Pressenza blickt auf den Werdegang dieser großen Persönlichkeit der Unabhängigkeitsgeneration zurück, die sich als Humanist bezeichnete und deren Erfahrung, mit ihren Licht- und Schattenseiten, Anerkennung verdient. Wir haben den Historiker und panafrikanischen Aktivisten Amzat Boukari-Yabara interviewt, der uns die wichtigsten Momente dieser Lebensgeschichte schildert.
Heute beginnen wir mit der Erörterung von Kaundas Jahren des Werdegangs und des Aktivismus.
Kenneth David Kaunda wurde 1924 in der britischen Kolonie von Nordrhodesien geboren. In welchem Kontext wurde der junge Kaunda intellektuell und politisch geformt?
Seine Eltern stammen aus einer Region im damaligen Nyassaland (heute Malawi), eine Tatsache, die später für Kontroversen sorgen sollte. Sein Vater, Pfarrer der Kirche von Schottland, starb als er noch ein Kind war und er wurde von seiner Mutter zusammen mit seinen Geschwistern aufgezogen. Nach seinem Studium in Lusaka begann er eine Karriere als Lehrer. In den frühen 1950er Jahren schloss er sich der national-afrikanischen Kongress-Partei von Nord-Rhodesien an unter der Führung von Harry Nkoumboula.
Sein Aktivismus bringt ihm zwei Monate Gefängnis ein, wodurch sich seine Entschlossenheit nur noch verstärkt. Kaunda zwingt sich zur Selbstdisziplin, indem er mit dem Trinken und dem Rauchen aufhört. Er reist nach England, dann nach Indien, wo er fast an Tuberkulose stirbt. Nach seiner Rückkehr nach Lusaka trennt er sich von Nkoumboula, indem er seine eigene Partei, den Sambischen Nationalkongress, gründet. Daraus geht im Januar 1960 die Vereinigte Nationale Unabhängigkeitspartei (UNIP) hervor, deren Name perfekt den Kampf beschreibt, den er für den Rest seines Lebens führen wird.
Kaunda ist nicht der einzige sambische Führer gewesen, der den britischen Kolonialismus bekämpfte. Wie hat sich der Kampf um die Unabhängigkeit abgespielt?
Im Jahre 1953 unterstützt das südafrikanische Apartheidregime, das den Südwesten (Namibia) illegal in Besitz nimmt, die Gründung einer Föderation Zentralafrikas, die die
britischen Protektorate von Njassaland (Malawi) und Nordrhodesien (Sambia) mit der Kolonie Südrhodesien (Simbabwe) vereinigt. Die Föderation besteht etwa aus dreihunderttausend Siedlern, die über acht Millionen Afrikanern auf einem Gebiet von der doppelten Größe Frankreichs herrschen. Die Bundespartei von Roy Welensky, Premierminister der Föderation, ist mit dem Apartheidregime verbunden, das auch die portugiesischen Kolonien Angola und Mosambik unterstützt.
Der südafrikanische Expansionismus und der britische Kolonialismus, die sich zugleich ergänzen und widersprechen, provozieren Widerstände und Spaltungen in den Reihen der Afrikaner. Nkoumboula akzeptiert das Wahlspiel, während Kaunda zu einem Boykott der Wahlen von 1958 aufrief. Daraus folgt eine harte Bestrafung, das Verbot seiner Partei und Kaundas mehrmonatige Inhaftierung. Die Briten laden ihn anschließend zusammen mit Hastings Banda von Njassaland und Joshua Nkomo von Südrhodesien zu Verhandlungen nach London ein. Jedes der drei Gebiete ist Gegenstand einer kleinen Konferenz und eine vierte Verfassungskonferenz findet im Plenum statt. Die Abspaltung der reichen Bergbauprovinz von Katanga im Juli 1960, die an das künftige Sambia grenzt, hat Konsequenzen. Allerdings wirft Kaunda Nkoumboula vor, mit dem „Präsidenten von Katanga Moise Tshombé in Verbindung zu stehen, der an der Ermordung des kongolesischen Premierministers Patrice Lumumba verwickelt war. Aufgrund der Beziehung zwischen Tshombé und Welensky ist Kaunda ebenfalls besorgt über ein Bündnis zwischen den rhodesischen Siedlern und ihren belgischen Kollegen von Katanga, die von den mächtigen multinationalen Konzernen unterstützt werden.
Zur Entschärfung der polarisierten Debatten zwischen schwarzen Nationalisten und weißen Siedlern, versucht London, sich auf eine gemäßigte liberale Partei zu stützen, sowie auf ein duales College-System und eine „Multirassenklausel“. Keines der Lager glaubt an diese Klausel, wobei ein Kandidat mindestens vierhundert Stimmen einer „anderen Rasse“ erhalten muss, um seinen Sieg für gültig zu erklären. Die Verhandlungen sind sehr vielschichtig, da alle Beteiligten den britischen Vorschlag ablehnen, allerdings aus diametral entgegengesetzten Gründen. Kaunda, der zögerte, die Wahlen zu boykottieren, beschließt endlich teilzunehmen. Mit vierzehn zu sechzehn Sitzen für die Siedler gewinnt Kaundas Partei dank der Unterstützung von Nkoumboula, die ihm sieben Sitze zusätzlich einbringt.
Am 24 Oktober 1964 wird Sambia unabhängig. Unter welchen Bedingungen ist dies geschehen?
Nach Kaundas Wahlsieg wird eine neue Verfassung in Kraft gesetzt und im Jahre 1963 wird Sambia und Malawi ein „Abspaltungsrecht“ gewährt, wodurch die zentralafrikanische Föderation aufgelöst wurde. Im Januar 1964 gewinnt Kaunda Neuwahlen gegen Nkoumboula und die Siedler mit großem Vorsprung. Es gelingt ihm, die Spannungen zwischen den Volksgruppen einzudämmen, bevor er am 24. Oktober 1964 die Unabhängigkeit Sambias verkündet. Obwohl Malawi schon etwas früher unabhängig geworden war, weigerte sich die weiße Minderheit in Rhodesien, nachzugeben. Sie bringt Ian Smith an die Macht, der im November 1965 die einseitige Unabhängigkeit von Weiß-Südrhodesien verkündet. Erst im Jahre 1980 und mit der tatsächlichen Unabhängigkeit von Simbabwe wird die Unabhängigkeit Sambias in gewisser Weise bestätigt, weil beide Länder, die eine bestimmte Anzahl von Infrastrukturen teilen, ein gemeinsames Schicksal haben.
Kaunda bezog sich auf einen „afrikanischen Humanismus“. Was meinte er mit diesem Begriff?
Kaundas afrikanischer Humanismus ist eine politische Philosophie, die traditionelle afrikanische Werte mit einer Auswahl an westlichen und christlichen Werten verbindet, die mit dem sambischen Gesellschaftsprojekt vereinbar sind. Der sambische Humanismus stellt den Menschen über wirtschaftliche und materialistische Interessen. Neben der Ablehnung der Ausbeutung und noch im Hintergrund des Kapitalismus, ist die Dimension der Nächstenliebe und der Gleichheit stark ausgeprägt. Die Tatsache, dass Kaunda selbst beschlossen hat, kein Fleisch mehr zu essen, um gegen das Gesetz zu protestieren, das Schwarze verpflichtete, Fleisch an verschiedenen Theken zu kaufen als Weiße, ist ein deutliches Symbol.
Als Verfechter einer bestimmten Askese und Gewaltlosigkeit und inspiriert von Martin Luther King und Ghandi, war Kaunda von der Notwendigkeit einer geistigen Führung der Politik überzeugt. Deshalb ruft er im März 1962 aus Furcht, dass sein Wahlsieg niedergeschlagen wird, zur Einsetzung einer „Friedensbrigade“ auf, die sich aus deutschen, amerikanischen, kanadischen, indischen, japanischen, norwegischen, aber auch aus französischen Persönlichkeiten wie Abt Peter zusammensetzte, die bereit waren einen „Friedensmarsch“ zu starten, um Druck auf die weiße Macht auszuüben. Kaundas sambischer Humanismus schafft ein Verhältnis der moralischen Stärke.
Kenneth Kaunda, ein afrikanischer Humanist, der sich mit Gandhi verglich – Teil II
Kenneth Kaunda, ein afrikanischer Humanist, der sich mit Gandhi verglich – Teil III (Deutsche Übersetzung folgt)
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!