Reform des Emissionshandels insgesamt starkes Signal für ambitionierten Klimaschutz / Doch zu üppige kostenlose Zuteilung von Emissionserlaubnissen, konfrontativer Ansatz beim CO₂-Grenzausgleich und wenig überzeugende soziale Ausgestaltung des neuen Handelssystems für Gebäude und Verkehr gefährden Klimazielerreichung.
Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur CO₂-Bepreisung sind ein Schritt in die richtige Richtung und die deutliche Reduktion der verfügbaren Zertifikate macht den Emissionshandel prinzipiell fit für das 55-Prozent-Ziel, urteilt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch nach einer intensiveren Sichtung des Pakets. Der heutige Start des chinesischen Emissionshandels unterstreiche die Signalwirkung, die die europäischen Klimaschutzanstrengungen auch jenseits der EU haben. Doch im Klimapaket sieht Germanwatch noch erhebliche Probleme. „Die Kommission gefährdet mit gravierenden Schwachstellen bei der CO₂-Bepreisung das Erreichen der Klimaschutzziele. Hier muss dringend nachgesteuert werden“, sagt Anne Gläser, Referentin für CO₂-Preise bei Germanwatch.
Germanwatch vermisst einen klaren Fahrplan für das Ende der kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten an die Industrie. „Mit dem weiterhin üppigen Verschenken von Zertifikaten fehlen in der Industrie wichtige Investitionsanreize für mehr Klimaschutz“, so Gläser. Nur für die wenigen Produkte, die vom Grenzausgleich erfasst werden sollen, gebe es mit 2035 ein Enddatum für die kostenlose Zuteilung, und das sei viel zu spät.
„Der Vorschlag zum CO₂-Grenzausgleich ist zu konfrontativ gegenüber den Handelspartnerländern angelegt und gefährdet damit die internationale Zusammenarbeit zur Erreichung der Pariser Klimaziele“, ergänzt Gläser. „Es ist hochproblematisch, dass die Einnahmen aus dem Instrument in der EU verbleiben sollen, anstatt Klimaschutz in betroffenen weniger wohlhabenden Handelspartnerländern zu finanzieren. Hier sollten die Mitgliedstaaten dringend nachbessern.“
Beim vorgeschlagenen neuen Emissionshandelssystem für die Bereiche Gebäude und Straßenverkehr mahnt Germanwatch eine bessere soziale Ausgestaltung an. Anne Gläser: „Die geringe Ausfinanzierung des neuen Sozialfonds droht zu einem echten Problem zu werden, zumal nicht sichergestellt ist, dass das Geld wirklich bei den Menschen ankommt, die es am dringendsten benötigen.“ Ohne einen Mindest- und Höchstpreis sei für die Menschen zudem unklar, wie sich die Preise von Heizöl oder Benzin entwickeln, was Fehlentscheidungen beim Kauf von Heizungen oder Autos zur Folge hätte. „Die Kommission gefährdet mit ihren Vorschlägen die Akzeptanz des CO₂-Preises. Das kann dazu führen, dass die EU-Klimapolitik generell in Misskredit gerät und die Klimaziele nicht erreicht werden.“