Europäische Vertreterinnen von WILPF/Women’s Internationale League for Peace and Freedom (aus EU und nicht EU-Ländern) sind fassungslos über den Konsens der Politiker*innen in Porto, Geschlechtergerechtigkeit aus der Abschlusserklärung streichen – auf Druck von Ungarn und Polen.
Warum sollte es auf dem Sozialgipfel in Porto gehen? Wichtige Impulse für ein sozialeres Europa:
- Beschäftigungsquoten: liegt bei Männern 11% höher
- faire Bezahlung: Gender Pay Gap in D: 19% in der EU 14%
- Armutsbekämpfung: Frauen mit Migrationshintergrund, erwerbslose Frauen, alleinerziehende Frauen, Frauen mit Gewalterfahrung sind stärker von Armut gefährdet als andere. Armut von Frauen durch vermehrte Teilzeitarbeit unter anderem wegen Kindererziehung oder Pflege älterer Angehörige (55 % F zu 18 % M). 30 % F gegenüber 17 % M sind langzeitarbeitslos, ihre Rentenansprüche fallen entsprechend gering aus.
- Soziale Ausgrenzung: geschlechtsspezifische Sozialisationsprozesse und Übergriffe, sexualisierte Gewalt, zu wenig Schutzeinrichtungen, zu wenig Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen
- Grüner Wandel: Frauen sparen mehr Energie ein, sind stärkere Promotorinnen des gesellschaftlichen Wandels im Sinne des Gemeinwohls
Keiner der Bereiche der Sozialpolitik ist gender-neutral und darf noch so interpretiert werden. Geschlechtergerechtigkeit als Grundsäule für den inneren Frieden ist eine bestens recherchierte Tatsache.
Nach der über 100-jährigen Geschichte unserer Organisation im Einsatz für Gerechtigkeit, Frauenrechte, Gleichberechtigung und Frieden, verstehen wir unseren Protest als Aufschrei gegen eine menschenverachtende ideologisch bornierte Haltung, die nicht nur gut über finstere Quellen finanziert wird, sondern auch gefährliche Mitstreiter der politischen Rechten in allen europäischen Ländern rekrutiert und von fundamentalistisch-kirchlichen Kreisen unterstützt wird.
Gleichberechtigung in private und familiäre Verfügung zu verschieben und dies auch noch „kulturell“ begründet zu nennen, ist schamlos!
Wir schließen uns voll der Erklärung der Europäischen Frauenlobby an, die einen Care-Pact dagegen setzt.
Am Bericht der European Women’s Lobby für Grundpfeiler einer feministischen Wirtschaftspolitik haben WILPF-Vertreterinnen führend und verantwortlich mitgearbeitet.
Gerade die Pandemie hat gezeigt, wie notwendig eine geschlechtergerechte Ausrichtung der Politik an den wahren Bedürfnissen der Bevölkerung ist im Bereich Gesundheitsversorgung (inklusive reproduktive Medizin), Bildung, soziale Sicherheit, Vermeidung von Gewalt (gegen Frauen).
Dass in diesen Zeiten die Ausgaben für die Rüstung in allen europäischen Ländern überproportional steigen, bestärkt uns in der Forderung, endlich Geldflüsse umzuorientieren. Wir sind es allen Bürgerinnen und Bürgern in Europa und in der Welt schuldig.
Text von Heidi Meinzolt und Rosa Logar