Urs P. Gasche für die Online-Zeitung INFOsperber
Erst jetzt zugängliche Archive der Geheimdienste der USA und Deutschlands brachten es ans Licht: Einer der schlimmsten Nazi-Massenmörder wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs vor Verfolgung verschont und geschützt, weil er der CIA und auch dem deutschen Bundesnachrichtendienst BND nützlich war als Spion gegen den kommunistischen Osten.
Der «Report München» der ARD und die New York Times haben Auszüge aus den Geheimdienst-Dokumenten am Dienstag publiziert. Nur wenige grosse Medien berichteten bisher darüber.
In Wien möglichst alle Juden vernichtet
Nach der deutschen Annexion von Österreich im Jahr 1938 wurde Huber Gestapo-Chef eines grossen Teil Österreichs einschliesslich Wiens und befahl dort alsbald, «unerwünschte … Juden sofort zu verhaften und ins Konzentrationslager Dachau zu überführen».
Dachau wurde im Januar 1933 eröffnet. Jahrelang war «die Gestapo und die Polizei unter Hubers Führung in Wien dafür verantwortlich, Juden einzusammeln, sie in Züge zu verfrachten und in Konzentrationslagern ihrem Schicksal zu überlassen», erklärte Professor Moshe Zimmermann von der Hebrew University in Jerusalem in der NYT. Huber habe Zehntausende Menschen in den Tod getrieben.
Huber lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1975 unbehelligt und mit einer Rente in München
Die CIA liess belastendes Material möglichst verschwinden und stellte Huber nach Ende des Krieges als Spion an. Erst fast zwanzig Jahre nach Kriegsende, 1964, entliess ihn die CIA nach Angaben der NYT aus Angst, seine Vergangenheit könne die Geheimdienste doch noch in Verruf bringen. Weil Huber seine Vergangenheit gegenüber der CIA nie verheimlichte, wurde seine Entlassung als «unbegründete Entlassung» eingestuft, so dass er bis zu seinem Tod 1975 im Alter von 73 Jahren eine Rente beziehen konnte.
Ab 1956, als der BND gegründet wurde, war Huber von Anfang an auch in dessen Diensten. Das bestätigte im «Report München» der BND-Chefhistoriker Bodo Hechelhammer: «Die Suche nach Geheimdienstleuten mit klarer antikommunistischer Einstellung führte viel zu oft zu ehemaligen Nazis.»
Auslieferungsgesuche von Österreich und Forderungen von Opfer-Anwälten, gegen Huber zu ermitteln, hätten die US-Besatzungsorgane und Geheimdienststellen «mit zahlreichen bürokratischen Vorwänden» abgelehnt. Die USA hätten die deutschen Behörden mit Erfolg dazu gedrängt, dass sie Huber im Entnazifizierungsverfahren mit einer bedingten Verurteilung und einer Busse davonkommen liessen.
Anders als andere Naziverbrecher musste Huber nie flüchten und untertauchen, sondern lebte stets unter seinem richtigen Namen ein unbeschwertes Leben. «Das ist kaum zu fassen und eine Schande, dass Huber ein ruhiges Leben unter seinem eigenen Namen führen konnte», erklärt Professor Shlomo Shpiro der Bar-Ilan-University in Israel.