Die Menschen im Gazastreifen sind mit einem alarmierenden Anstieg der gemeldeten COVID-19-Fälle konfrontiert, mit mehr als 1000 Neuinfektionen pro Tag in den letzten Wochen. Fast der gesamte Gazastreifen wurde vom Gesundheitsministerium wegen der weit verbreiteten Übertragung in der Bevölkerung zur roten Zone erklärt, mit Positivitätsraten zwischen 30% und 38% bei allen getesteten Personen.
Die Krankenhäuser stehen unter immensem Druck, die neu aufgenommenen Patienten zu versorgen, und kämpfen mit unzureichenden Kapazitäten auf der Intensivstation und einem kritischen Mangel an wichtigen Medikamenten. Hinzu kommt, dass bisher nur ein paar Tausend Impfstoffdosen in den Streifen gelangt sind, was weit unter dem liegt, was benötigt wird, um die Bevölkerung von mehr als zwei Millionen Menschen zu versorgen.
Susanne, 41, Krankenschwester und Mutter von vier Kindern, sagte:
„Die Situation ist beängstigend. Jeden Tag sehe ich Menschen, die an COVID-19 sterben. Wenn ich zu Hause bin, mache ich jedes mögliche Rezept, das mir einfällt, was die Immunität meiner Kinder erhöhen könnte. Ich frage mich immer, wie ich sie und mich schützen kann, damit sie nicht meinen Tod erleben müssen.“
Zu den von den Behörden verhängten Maßnahmen gehören eine nächtliche Ausgangssperre und ein Fahrverbot für Fahrzeuge nach 19.00 Uhr. Ein großer Teil des Erfolges wird von der Bereitschaft der Menschen abhängen, sich an die öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen zu halten, wie z.B. das Tragen einer Maske oder soziale Distanzierung beim Feiern des Ramadans und das nächtliche Fastenbrechen mit Familien und Freunden.
Zusätzlich zur Pandemie hat sich die humanitäre Situation in Gaza stetig verschlechtert. Vor der COVID-19-Krise war die wirtschaftliche Situation die schlechteste seit dem Konflikt im Jahr 2014. Vier von fünf Familien befinden sich in prekären Arbeitsverhältnissen ohne nachhaltiges Einkommen, die Arbeitslosenquote lag bei Rekordwerten von über 50 %, die Jugendarbeitslosigkeit erreichte fast 70 %. Die Menschen müssen in der Lage sein, sich und ihre Familien zu versorgen und Geschäfte offen zu halten.
„Ich verfolge die Nachrichten über COVID-19 und die zweite oder dritte Welle in Gaza, nennen Sie es, wie Sie wollen. Das Virus wird unter uns bleiben, und wir müssen uns anpassen und damit leben. Der Ramadan ist eine gute Zeit, um den Umsatz zu steigern, ich kann unter keinen Umständen schließen“, sagte Rawan, 26, Verkäuferin in einem Kosmetikgeschäft.
Die Abriegelungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, die Beschränkungen der sozialen Interaktion während des Ramadans und die Verschärfung der wirtschaftlichen Herausforderungen wirken sich stark auf das Leben der Menschen in Gaza aus und lassen sie mit dem Gefühl zurück, die Pandemie niemals überwinden zu können.
Obwohl die ersten Impfstoffdosen in Gaza angekommen sind und einen Hoffnungsschimmer darstellen, ist die Menge von ein paar tausend Dosen einfach nicht genug für die mehr als zwei Millionen Menschen, die in Gaza leben. Es wird dringend mehr Impfstoff benötigt.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anne Schillinger vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!