Rechtsregierung, Wirtschaftskrise, Coronakatastrophe. Brasiliens Linke hat es derzeit wahrlich nicht leicht. Doch am Montag (8. 3.) gab es Grund zum Jubeln, endlich mal wieder! Der Oberste Gerichtshof hatte entschieden, alle Verurteilungen gegen Ex-Präsident Lula zu annullieren. Damit könnte er bei der Wahl 2022 antreten. Kandidatur von Lula, Wahlsieg, Ende des Albtraums? Ganz so einfach ist es leider nicht.
Unbestritten ist, dass der charismatische Lula Massen zu mobilisieren vermag. Doch für viele ist der Politiker der Arbeiterpartei PT auch eine Reizfigur, Symbol für Korruption und Misswirtschaft. Daher könnte die Annullierung ausgerechnet Präsident Jair Bolsonaro in die Hände spielen. Autoritäre Populisten brauchen klare Feinde. Geflüchtete, die Medien oder eben einen Ex-Gewerkschafter. Für Bolsonaro wäre Lula der perfekte Antagonist.
Bereits im Wahlkampf 2018 gelang es dem ultrarechten Polit-Rowdy, den Hass vieler Brasilianer*innen auf die PT zu kanalisieren und sich mit wüsten Attacken auf Lula geschickt in Szene zu setzen – etwa mit der Falschmeldung, die sozialdemokratische Partei habe Babyfläschchen in Penisform an Kitas verteilt. Bolsonaro fuhr in der Stichwahl einen Erdrutschsieg gegen den PT-Kandidaten Haddad ein.
Allerdings: Wahlen in Brasilien sind extrem personalisiert und Lula steht für die Sehnsucht nach besseren Jahren. Insbesondere viele Arme dürften bei dem 75-Jährigen ihr Kreuz machen. Sollte Lula wirklich noch einmal kandidieren, läuft es auf einen Showdown hinaus, der einen noch größeren Keil in die ohnehin schon polarisierte Gesellschaft rammen wird. Die Wahl dürfte eine Richtungsentscheidung über die Zukunft des Landes werden: Demokratie oder Rechtsautoritarismus.
Entscheidend wird sein, wie die politische Elite reagiert. Für die ist Lula eigentlich unwählbar, aber auch mit Bolsonaro hat sich ein großer Teil überworfen. Dennoch war schon in der Vergangenheit ihr Hass gegen links oftmals größer als die Vernunft. Und so könnte Bolsonaro am Ende als kleineres Übel lachend dastehen.