Knapp 1.400 Mal wurde die Todesstrafe im südöstlichen Bundesstaat Virginia vollstreckt. Öfter als in allen anderen US-Bundesstaaten. Schafft es diese Woche eine Gesetzesvorlage zur Abschaffung der Todesstrafe durch den Senat, haben 400 Jahre Todesstrafe und 400 Jahre der Tötung vor allem nicht-weißer Männer für Verbrechen, die ihnen teilweise nicht einmal nachgewiesen werden konnten, ein Ende. Während die Abgeordneten der demokratischen Partei ihre Unterstützung bereits bekundet haben, konnten sich nicht alle republikanischen Abgeordneten für die Abschaffung erwärmen.
Bill No. 2263 heißt die Gesetzesvorlage zur Abschaffung der Todesstrafe, die von Mike Mullin und Mitstreiter:innen in den Senat eingebracht wurde. Alle Versuche der letzten Jahre, die Todesstrafe abzuschaffen oder zumindest für Täter:innen mit mehr als einer mentalen Erkrankung auszusetzen, passierten zwar den Senat mit Unterstützung beider Parteien, erhielten aber keine Anhörung im Unterausschuss. Sollte der aktuelle Entwurf den Senat passieren und auf dem Schreibtisch des Abolitionisten und demokratischen Gouverneurs Ralph Northam landen, plant dieser, ihn zu unterschreiben.
Die demokratischen Abgeordneten könnten mit ihrer Mehrheit die Gesetzesänderung annehmen, erhoffen sich aber breite Unterstützung von republikanischer Seite, um nicht im nächsten Wahlkampf als Schwächlinge dazustehen, die dem Verbrechen nicht mit voller Härte begegnen.
Neben verschiedenen Ansichten zur Abschaffung der Todesstrafe, gibt es auch unterschiedliche Szenarien, wie daran angeknüpft werden soll. So plädieren manche Abgeordnete für eine lebenslängliche Haftstrafe ohne eine Möglichkeit der Begnadigung für diejenigen, die sonst die Todesstrafe erhalten hätten.
Würde Virginia als 23. Bundesstaat die Todesstrafe abschaffen, würde es auch mit einer jahrhundertealten rassistischen Tradition brechen, die nicht nur Gewalt- und Mordverbrechen verübt an Weißen weit höher bestraft als wenn Nicht-Weiße die Opfer sind, sondern vor allem männliche BIPoC in die Todeszellen schickt. In den Jahren 1800 bis 1920 exekutierte Virginia 625 BIPoC und 58 weiße Menschen. Auch die aktuelle Belegung der Todeszellen mit unter 50 Prozent weißen Personen zeigt die ungleiche Verurteilung auf.
Hinzu kommt, dass bei etwa vier Prozent der Getöteten im Nachhinein die Unschuld bewiesen wird. Durch immer bessere DNA- und weitere Tests wurden Beschuldigte entlastet – allerdings zu spät. Wiederauferstehungen, die zur Rehabilitierung mit Entschädigung führen, sind unmöglich.