45 Portraits sozialer Aktivist*innen und Kämpfer*innen zieren Mauern und Wände in den Straßen Avenida Boyacá und Calle 80 in Bogotá. Was sie über ihr politisches Engagement hinaus verbindet: Alle fielen in der jüngsten Vergangenheit den kolumbianischen Sicherheitskräften zum Opfer. Ihre Porträts bilden das erste Freilichtmuseum in Kolumbien, das der Opfer des politischen Kampfs gedenkt, darunter Temístocles Machado, sozialer Aktivist und Unterstützer des Bürger*innenstreiks von Buenaventura. Er wurde am 27. Januar 2017 ermordet. Dilan Cruz und Nicolás Neira fielen der Mobilen Aufstandsbekämpfungs-Einheit ESMA zum Opfer, die Aktivistin Carlota Isabel Salinas wurde am 24. März 2020 getötet, Cristhian Hurtado und Leidy Amaya verloren ihr Leben bei einem von der Polizei verübten Massaker am 9. und 10. September 2020, Dimar Torres, Unterzeichner des Friedensabkommens zwischen der FARC und der Regierung, starb durch eine Kugel der kolumbianischen Armee.
Ein Raum, der zum kollektiven Gedenken einlädt
An der Gestaltung dieses Museums wirkten mehr als 27 Künstler*innen mit. Gemeinsam mit der Tripido-Stiftung und dem Hohen Rat für die Rechte der Opfer, für Frieden und Versöhnung schufen sie mit ihren Bildern einen Raum, der zum kollektiven Gedenken einlädt und nachdrücklich für Entschädigung und gegen eine Fortsetzung der Gewalt eintritt. Das Museo de Memoria al Aire Libre will verschiedene gesellschaftliche Sektoren würdigen, es will die jungen Leute und die traditionell an den Rand gedrängten Bevölkerungsgruppen sichtbar machen und sich mit ihnen solidarisch zeigen. Es ist auch ein Versuch, sich durch Graffiti die Stadt wieder anzueignen und die Räume zurückzuerobern, die jungen Menschen oft verschlossen bleiben.
Ehrung der Opfer, Ermutigung für die Familien
Auch dem Graffiti-Künstler Diego Felipe Becerra, der von Polizisten erschossen wurde, ist ein Portrait gewidmet. Sein Vater Gustavo Trejos erklärt dazu: „Das Museum hat eine klare Botschaft: Jedes Leben ist etwas, das Wert hat. Es spielt keine Rolle, wer die Person ist. Ob es nun ein ehemaliger Guerillero oder ein Jugendlicher ist ‑ sein Leben muss geschützt werden. In Kolumbien gibt es keine Todesstrafe. Die Regierung und die Sicherheitskräfte müssen das respektieren und jedes Leben schützen. Hier geht es um die Ehrung der Opfer und um Ermutigung für ihre Familien, damit sie wissen, dass sie nicht allein sind und dass es hier Menschen gibt, die den Kampf für Gerechtigkeit und Wahrheit weiterführen.“