Paragraph 219a StGB verbietet Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, auf ihrer Webseite über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Die Ärztin Kristina Hänel wurde wegen Verstoßes gegen diesen Strafrechtsparagraphen verurteilt. Vergangene Woche reichte sie nun Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil ein.
„Ich habe Verfassungsbeschwerde gegen meine Verurteilung und gegen den Paragraphen 219a StGB beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Die Beschwerde verfasst haben Rechtsanwalt Dr. Ali B. Norouzi, Berlin, und Prof. Dr. Reinhard Merkel, Hamburg. Ich habe volles Vertrauen in die Anwälte, dass sie meinen Fall auf den richtigen Weg bringen können. Wenn Karlsruhe die Beschwerde annimmt, wird juristisch zu prüfen sein, ob der Strafrechtsparagraph mit dem Grundgesetz vereinbar ist“, erklärte die Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel am Freitag in einer Presseerklärung zu ihrer Verfassungsbeschwerde.
Hänel wurde im Jahr 2017 vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Website über die Möglichkeit zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs in ihrer Praxis informiert hatte. Das Gericht wertete dieses Informationsangebot als unzulässige „Werbung“, die gemäß Paragraph 219a des Strafgesetzbuches (StGB) verboten ist. In zweiter Instanz wurde dieses Urteil vom Landgericht Gießen bestätigt. Eine von Kristina Hänel eingelegte Revision wurde im Januar 2021 vom Oberlandesgericht in Frankfurt verworfen. Das Urteil gegen die Ärztin wegen Verstoßes gegen den umstrittenen Paragraphen 219a war damit rechtskräftig.
„Nachdem die Berliner Gynäkologin Bettina Gaber schon vor einem Jahr Verfassungsbeschwerde eingereicht hatte, liegt nun der Paragraph, der sachliche und seriöse Informationen von Fachleuten verbietet, zur Klärung beim obersten deutschen Gericht“, so Hänel. „Viele haben auf diesen Moment gewartet. Viele haben sich in den letzten Jahren engagiert, um Betroffenen einen ungehinderten Zugang zu seriösen Informationen zu ermöglichen. Vielen ist überhaupt erst bewusst geworden, welch verheerendes Ungleichgewicht im Netz zum Thema Schwangerschaftsabbruch im Laufe von Jahren entstanden ist. Die strafrechtlichen Verfolgungen zahlreicher Ärztinnen und Ärzte über Jahre hinweg waren ja ohne öffentliche Resonanz geschehen. Ich hoffe, dass in Karlsruhe nun die Weichen für eine gerechtere Regelung gestellt werden, damit in Zukunft Informationen frei zugänglich gemacht werden können für die, die sie dringend benötigen. Das entlastet die Politik nicht von ihrer Verantwortung, sich des Themas anzunehmen und die längst mehrheitlich gestellten Forderungen endlich umzusetzen.“