Christian Müller für die Online-Zeitung INFOsperber
Die Schweiz hat am 7. Juli 2017 zusammen mit 121 anderen Staaten an der UNO-Generalversammlung in New York dem Vertrag über ein Atomwaffenverbot zugestimmt. Der Vertrag wurde darauf am 20. September 2017 zur Unterzeichnung durch die UNO-Mitglieder aufgelegt. Nachdem im Herbst 2020 50 Staaten diesen Vertrag ratifiziert haben, ist er am 22. Januar nun in Kraft getreten. Die Schweiz allerdings hat ihn noch immer nicht unterzeichnet.
Ein Zufall? Keineswegs. Am gleichen damaligen 20. September 2017 nämlich wurde der gebürtige Italiener und Wahl-Tessiner Ignazio Cassis von der Bundesversammlung auf Vorschlag der Tessiner Liberalen in den Bundesrat gewählt. Nicht weil er besonders gut für diesen Posten qualifiziert war, aber weil es diesmal endlich wieder einmal ein Tessiner sein «musste» und weil die Liberalen diesmal unbedingt einen Mann nach Bern schicken wollten, um später die politisch nicht besonders beliebte Karin Keller-Sutter aus der Ostschweiz mit dem Argument «Frau» in den Bundesrat hissen zu können. Diese Strategie ging bekanntlich auf, der gewünschte Rechtsrutsch im Bundesrat wurde so Realität.
Am 1. November 2017 übernahm Ignazio Cassis also das Amt des Schweizer Aussenministers. Seine bisherige Leistungsbilanz ist, das wissen mittlerweile auch seine ehemaligen Befürworter, alles andere als erfolgreich und erfreulich. Statt als Aussenminister die Aufgabe und die Chance eines neutralen Landes wahrzunehmen und international das eine oder andere Richtung Entspannung und Frieden anzustossen, macht er nichts dergleichen – oder gar das Gegenteil. So etwa hat er aktiv mitgeholfen, den Ruf des für die palästinensischen Flüchtlinge zuständigen Hilfswerkes UNRWA international zu schädigen, indem er dessen Chef, den Schweizer Pierre Krähenbühl, aufgrund von Vorwürfen aus Israel nahestehenden Kreisen unverzüglich fallen liess und die Schweizer Hilfsgelder an die UNRWA im Juli 2019 stoppte. Die darauf eingeleitete Untersuchung von Seite der UNO hat die Vorwürfe gegen Krähenbühl zwischenzeitlich als unhaltbar erkannt, das Schweizer Aussenministerium aber hat sich bezeichnenderweise dazu noch nicht geäussert. Wenigstens die Zahlungen an die UNRWA scheinen wieder aufgenommen worden zu sein.
Und so ist es denn auch kein Zufall, dass der Bundesrat die Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrages vor sich herschiebt. Die Erklärung des Bundesrates dazu lautet – verkürzt: Es sei denkbar, dass dieser Vertrag andere Abkommen in derselben Thematik negativ beeinflusse. Und er wolle sich für die Beobachtung der Entwicklung bis 2025 Zeit lassen.
Gibt es etwas, das unsere Welt massiver bedroht als ein Krieg mit Einsatz von Atomwaffen? Die Weiterentwicklung, Produktion und Lagerung von Atombomben – die Lagerung US-amerikanischer Atombomben zum Beispiel auch in Deutschlandund in Italien! – sind nicht nur eine akute Gefahr für den Frieden, sie verschlingen auch Unsummen von Geld. Geld, das zum Beispiel im Kampf gegen Hunger und Armut in dieser Welt eingesetzt werden könnte.
Es bleibt zu hoffen, dass wenigstens Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ICRC in Genf oder das Basel Peace Office, aber auch die beiden Parlamentskammern in Bern den Druck auf den Bundesrat aufrechterhalten, in Sachen Atomwaffenverbotsvertrag endlich vorwärtszumachen. Im Moment scheint der Genfer Ständerat Carlo Sommaruga der einzige zu sein, der sich in dieser Thematik wirklich engagiert.