Wirkt sich die Corona-Pandemie auf das Klima aus? Haben wir mehr oder weniger Energie verbraucht und was haben eigentlich all die Wildtiere gemacht, während wir zuhause waren? Eine Zwischenbilanz über den Einfluss von Corona auf die Umwelt.

Von Sandra Czadul

2020 – ein Jahr voller Herausforderungen und geprägt durch ein Virus, das die Welt veränderte. Rückzug aus Rücksicht war die einzige Strategie, die uns vor einer Krankheit wie dieser schützen konnte. Während die Corona-Pandemie für uns Menschen eine psychische Belastung darstellt, sorgt sie in der Natur für Entspannung. Zumindest kurzfristig. Doch wie wirkt sich der kollektive Verzicht auf die gewohnte Normalität auf die Umwelt aus und was ist draußen passiert, während wir drinnen waren?

Die Luftqualität verbesserte sich

Die Corona Maßnahmen haben zu weniger Verkehr und reduzierten Industrie-Aktivitäten geführt. Damit hatten sie auch Auswirkungen auf die Luftqualität, wie Analysen des Umweltbundesamt Österreich zeigen. Die Belastung mit Stickoxiden ging demnach in Österreichs Städten seit März 2020 deutlich zurück. Stickoxide stammen weitestgehend aus dem Verkehr und dieser nahm auf Autobahnen im März an Werktagen um 36 Prozent ab.

Auch die europäische Umweltagentur bestätigte, dass die im Frühjahr verhängten Ausgangsbeschränkungen zu „erheblichen“ Reduzierungen der Luftverschmutzung geführt haben. Das sei vor allem wichtig für den Umgang mit Corona. Denn Studien weisen darauf hin, dass eine schlechtere Luftqualität das statistische Sterberisiko bei Covid-19 erhöht. Mit dem Ende der Ausgangsbeschränkungen stieg aber auch die Belastung an Stickstoffoxiden wieder an.

Das Klima bleibt unbeeindruckt

Klima wird laut der WMO (World Meteorological Organization) definiert als der “mittlere Zustand der Atmosphäre” an einem bestimmten Ort und über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Die Definition verrät, dass sich das Klima durch eine Pandemie wie Corona kaum beeinflussen lässt. Laut dem aktuellen Bericht des UN Environment Program (UNEP) steuern wir noch immer auf einen Temperaturanstieg von mehr als drei Grad C bis zum Ende dieses Jahrhunderts hin.

Im November hat die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ihren jährlichen Bericht zur Konzentration von Treibhausgasen in der Erdatmosphäre vorgestellt. Darin ziehen die Klimaforscher_innen eine ernüchternde Zwischenbilanz: Der Ausstoß klimaschädlicher Emissionen wie Kohlendioxid ist in diesem Jahr zwar zurückgegangen, eine Emissions-Abnahme dieser Größenordnung führe global aber zu keiner wesentlichen Abnahme hinsichtlich der CO2 Konzentration in der Atmosphäre.

Denn Treibhausgase wie Kohlendioxid bleiben Jahrhunderte in der Atmosphäre, wenn sie erst einmal ausgestoßen wurden. Damit ändert ein verringerter Ausstoß also nichts an der ohnehin hohen Konzentration von 410,5 ppm (Teilchen pro Million Teilchen) CO2 in der Atmosphäre. Auch in „normalen“ Jahren rechnet man mit Schwankungen in dieser Größenordnung. Es ist also kein spürbarer Effekt auf das Klima zu erkennen.

Laut Angaben der UN (United Nations) ist die Konzentration an Treibhausgasen im vergangenen Jahr, trotz Lockdown, auf einen neuen Höchststand gestiegen. Die Untersuchung wertet jene Menge an Treibhausgasen aus, die in der Atmosphäre verbleiben und nicht jene die ausgestoßen wurden. Zuletzt soll es eine ähnliche Konzentration von CO2 vor drei bis fünf Millionen Jahren gegeben haben.

Wie stark die Emissionen im Jahr 2020 wirklich zurückgingen ist nicht klar, aber das Global Carbon Project schätzte, dass während der intensivsten Phase der Ausgangsbeschränkungen, die täglichen globalen CO2 Emissionen im Vergleich zum Jahr 2019 um 17 Prozent gefallen sind. Auf das Jahr gemittelt geht man derzeit von einem Rückgang zwischen 4,2 und 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Ein Rückgang der CO2 Emissionen von sieben Prozent führt laut UNEP lediglich zu einer Verringerung der Erderwärmung von 0,01°C bis 2050.  Die Klimaforscher_innen appellieren auch die Klimakurve nachhaltig zu senken. Kurzfristiger Verzicht kann also nicht ausgleichen, was seit Jahrzehnten verschmutzt wurde.

Die Wälder im Wandel

Kurzfristig konnten durch Einschränkungen im Rahmen der Corona Pandemie Ökosysteme zwar entlastet werden. In einem Bericht kommen die Vereinten Nationen aber zu dem Schluss, dass die weltweiten Waldflächen in diesem Jahr weiterhin stark abgenommen haben.

Im Schatten der Krise schreitet die Rodung der Regenwälder weiterhin ungebremst voran. Eine Studie des WWF zeigte, dass die Rodungen während der Corona Pandemie mancherorts um bis zu 150 Prozent zugenommen hatten. Betroffen sind vor allem Länder wie Indonesien, Brasilien und der Kongo.

Umweltschützer_innen sprechen hier von einem Corona Effekt. Aufgrund wegfallender Jobs sehen sich mehr Menschen gezwungen eine alternative Einnahmequelle zu finden. Deshalb brauche es neben strengeren Gesetzen auch finanzielle und technische Unterstützung. Vor allem internationale Handelsbeziehungen seien hier ein mächtiger Hebel. Denn laut WWF tragen rund ein Sechstel aller in der Europäischen Union gehandelten Lebensmittel zur Entwaldung der Tropen bei.

Die Welt der Wildtiere

Der Wildtierhandel steht durch Corona unter massiver Kritik, doch die Wilderei nahm zu, als COVID-19 Sperren den Ökotourismus zum erliegen brachten. Bei der Operation Thunder 2020, eine Zusammenarbeit von Interpol und der Weltzollorganisation, die im September und Oktober 2020 durchgeführt wurde, konnten eine Tonne Pangolin-Schuppen sichergestellt werden. Das würde 1700 lebenden Schuppentieren entsprechen. Auch lebende Tiere, darunter mehr als 30 Schimpansen und 1800 Reptilien, wurden beschlagnahmt. Trotz der Handelsverbote boomt der Markt für Wildtiere also weiterhin. Natur und Artenschutz wird in Zukunft also noch wichtiger werden, um weitere Pandemien zu vermeiden.

Für heimische Tiere kann vor allem der eingeschränkte Wintertourismus zu Entspannung führen. Denn sensible Arten wie Raufußhühner oder Gämsen haben im Winter ohnehin ein niedriges Energielevel, und durch das Fehlen der Menschen könnte das Stresshormon-Level gesenkt und der Zugang zu Nahrung verbessert werden. Ob das einen Einfluss auf das Populationswachstum hat bleibt aber abzuwarten. Doch der Rückgang des Tourismus hat auch negative Auswirkungen auf die Umwelt, da manche Nationalparks und andere Naturreservate  auf die Einnahmen durch den grünen Tourismus angewiesen sind. Weniger Besucher_innen führen zu fehlender finanzieller Unterstützung für Erhaltung und Schutz.

Durch das Herunterfahren der Industrie hat sich die Schadstoff Austragung verringert. Das kommt der Biodiversität zu Gute, doch große Stickstoff Belastungen, die durch intensive Düngung entstehen, bleiben auf hohem Niveau. Durch den eingeschränkten Warenverkehr sinkt außerdem das Risiko für die Verbreitung invasiver Arten, also eingeschleppter Tier und Pflanzenarten, die für heimische zur Bedrohung werden können. Trotz positiver Begleiteffekte dieser Pandemie bleiben die Hauptursachen für den Artenverlust allerdings bestehen.

Ausgangssperren und andere Corona-Maßnahmen haben wiederum den Personenverkehr reduziert. Das kommt auch den Wildtieren zugute, da es so auch zu weniger Wildunfällen kommt. Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit kam es im Jahr 2019 im Schnitt alle sieben Minuten zu einem Wildunfall auf Österreichs Straßen.

Die Ruhe unter Wasser

Marine Ökosysteme und Gewässer profitieren von der Verlangsamung der Weltwirtschaft. Denn COVID-19 hat sich auch auf die Internationale Schifffahrt ausgewirkt. Für 2020 wird ein Rückgang des Containerhandels um bis zu zehn Prozent prognostiziert. Das ist eine Menge, wenn man bedenkt, dass 80 Prozent der von uns konsumierten Waren über den Wasserweg transportiert werden. Das führt zu weniger Verschmutzung und Lärm, was zu einer kurzfristigen Erholung der Meeresbewohner führt. Damit sich Fischbestände aber langfristig erholen, braucht es laut den meisten Studien zehn bis 15 Jahre. Laut UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) könnten auch die Exporte von Fisch und Meeresfrüchten in diesem Jahr um etwa ein Drittel sinken.

Umweltverschmutzung und das Problem mit dem Müll

Wer hat sie nicht gesehen, die Masken, die beim Ausbruch aus den eigenen vier Wänden am Wegrand lagen. Denn vor allem Einwegplastik und Produkte wie Masken, Handschuhe, abgepackte Lebensmittel und Kaffeebecher wurden vermehrt in Zeiten der Corona Pandemie mehr genutzt.

Das Müllaufkommen in Haushalten ist durch die Pandemie um ca. 15 bis 20 Prozent gestiegen. Wahrgenommen hat man das mancherorts nicht, weil Angestellte der Abfallunternehmen weiterhin im Dienst waren und die Sammelquote von 100 Prozent gehalten werden konnte.

Laut einem Bericht der Statistik Austria stieg das Abfallaufkommen aus Haushalten in diesem Jahr zwar an, in den Sektoren Industrie, Produktion und Tourismus verzeichnete man aber einen starken Rückgang.

Laut Global 2000 kam es aber auch zur vermehrten Entsorgung von illegalem Sperrmüll in der Natur. Durch die Ausgangsbeschränkungen wurden zudem keine Flurbereinigungen mehr durchgeführt, und Müll somit in Naturräumen nicht aufgesammelt.

Konsum und Energieverbrauch

Hamsterkäufe und ein boomender Onlinehandel haben das Jahr 2020 ebenfalls geprägt. Laut Global Policy Forum Europe 2020 entstanden erhebliche Auswirkungen für Konsum und Produktion durch weltweite Unterbrechungen der Lieferketten. Es wurden weniger Lebensmittel an Bedürftige verteilt, während Agrarprodukte massiv vernichtet wurden, durch Probleme bei der Ernte. Regionaler Konsum wurde mehr geschätzt und ein Boom bei Bio-Lebensmitteln wurde festgestellt. Das zeigt der Sustainable Development Goals Report der Statistik Austria.

Der Energieverbrauch ist durch die Corona-Krise gesunken. Laut der E-Control Betriebsstatistik nutzten Österreicher_innen im März 2020 4,9% weniger Strom als im März des Jahres 2019. In den folgenden Monaten verzeichnete man einen weiteren Rückgang im Stromverbrauch im Vergleich zum Vorjahr, der vor allem von den Sektoren Industrie und Gewerbe verursacht wurde.

Auch der internationale Energieverbrauch fällt laut der Weltenergieagentur IEA um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In der EU kam es zu einer höheren Produktion an erneuerbaren Energien und die Nachfrage nach fossilen Energieträgern sank stark. Entscheidend sind jetzt ein struktureller Umstieg auf Erneuerbare Energien und ein Ausbau der Stromnetze. Bleiben wir bei den aktuellen Strukturen würde die Energiewirtschaft alleine für einen Temperaturanstieg von 1,65 Grad sorgen.

Die Corona-Krise hat also auch positive Effekte, vor allem für die Umwelt. Wichtig ist aber, dass wir aus dieser Krise lernen. Zum Beispiel, dass manche Treffen auch in Zukunft mit Abstand möglich sind, dass wir nur durch Zusammenhalt Krisen in dieser Größenordnung trotzen können und, dass Natur- und Artenschutz wichtiger sind als je zuvor. Denn es reicht nicht Systeme kurzfristig umzustellen, die uns langfristig in Gefahr bringen.

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