Es ist erst etwas über ein Jahr her, da erschien das vielbeachtete Debutalbum der Wiener Formation Culk. Mit Liedern wie „Begierde/Scham“ oder „Faust“ etablierten sie sich irgendwo zwischen Simone de Beauvoir und #MeToo-Debatte. Nun ist der Band um die Sängerin und Multi-Instrumentalistin Sophie Löw mit „Zerstreuen über Euch“ ein überzeugender Nachfolger gelungen, und kurz vor dem zweiten Lockdown fand im WUK ein Album-Release-Konzert statt, mit dem Culkauch unter den besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie ihre Live-Qualitäten unter Beweis stellen konnten. Musikalisch setzen sie auf ihrem neuen Werk den eingeschlagenen Weg konsequent fort und frönen weiterhin dem Post-Punk a’la Joy Division oder The Cure ohne dabei epigonenhaft zu wirken oder zu kopieren.

Das besondere Alleinstellungsmerkmal ist einmal mehr Sophie Löws schwermütige Stimme, die zwar gelegentlich hinter dem düsterenInstrumentalteppich aus verzerrten Gitarren und sphärischen Synthesizern verschwindet, dabei aber nie an Eindringlichkeit verliert. Die kämpferischen Texte sind diesmal ausschließlich in deutscher Sprache verfasst, deren politische Aussage ist dabei so konsequent in eine ästhetische Form gegossen, wie es im deutschsprachigen Pop selten zu finden ist“ (zitiert aus einer Albumrezension). Während der Eröffnungstrack „Leuchten und Erleuchten“ noch vorsichtig anhebt und erst im Verlauf von Minuten seine Dynamik entwickelt,  geht es in „Nacht“ gleich mal zur Sache: Das Lied erzählt von den Strategien, die Frauen anwenden (müssen), um den nächtlichen Heimweg unversehrt zu überstehen. Mit „Jahre später“ thematisiert Sophie Löw die immer gleichen Rechtfertigungen, die Frauen nach sexistischen Übergriffen vorbringen müssen und der bereits vorab veröffentlichte Track „Dichterin“ behandelt die Unsichtbarmachung weiblicher Formen in der deutschen Sprache.  Die Band dazu O-TON: „Worte formen die Gesellschaft und Worte stellen die einen ins Licht und die anderen ins Dunkle...“

Wir erleben gerade weltweit eine Phase des Backlash, der Frauen zurück in die tradierten Familienbilder drängt – eine Entwicklung, die durch den Lockdown und den damit verbundenen Rückzug ins Privatleben noch verstärkt wird – umso wichtiger daher, dass ihnen in der Popmusik eine entsprechend gewichtige Stimme gegeben wird.

https://www.facebook.com/culkmusic

von Leo K.

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