Der erneute Lockdown trifft gerade die am härtesten, die auch zuvor schon täglich um ihre Existenz gebangt haben. Gerade die Sexarbeit verzeichnet eine sehr hohe Quote an Menschen, die von der Hand in den Mund leben.

Diesen Menschen ist es bisher gelungen, durch Sexarbeit für sich selbst zu sorgen.
Genau sie fallen oft durch die Maschen des staatlichen Versorgungs-Netzes durch.

Beim ersten Lockdown sprang der zu diesem Anlass gegründete Nothilfe-Fonds des BesD1) ein. Über 150.000 Euro wurden schnell und unbürokratisch an Bedürftige ausgezahlt. Der Topf ist nun leer, und so sind die betroffenen Personen gezwungen, illegal weiter zu arbeiten.

Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) bestätigt unsere Sorge: „Wir wissen von unseren Mitarbeiterinnen, die Frauen in der Prostitution beraten und unterstützen: Die Schließung der Bordellbetriebe und das Verbot dieser Tätigkeit in der Pandemie ist für die meisten Prostituierten eine Katastrophe“, macht die SkF Bundesvorsitzende Hildegard Eckert deutlich.
Die aktuelle Pressemitteilung2) des Sozialdienstes beschreibt auf sehr eindringliche Art die aktuellen Probleme in der Sexarbeit und bietet Lösungsansätze.

Sexarbeitende mit Wohnsitz in Deutschland und Steuernummer gelten als Soloselbstständige und können genau wie andere Branchen nun Coronahilfen beantragen. Ein erster Schritt in Richtung Normalität für die Sexarbeitsbranche, leider bleiben dabei viele Kolleg*innen auf der Strecke.

Simone Heneka (Beratungsstelle PINK, Freiburg): „Für uns als Beratungsstelle ist die Arbeit durch das erneute Verbot fast unmöglich geworden, weil sich alles ins „Private“ verlagert. Die Frauen trauen sich nicht mehr, Beratungsstellen aufzusuchen.“

Sexarbeitende mit Migrationshintergründen gehören oft zu den vulnerablen Gruppen, die keine Ansprüche auf staatliche Hilfen haben. Dies zeigt sich auch auf dem männlichen Straßenstrich in Essen. Seit dem Arbeitsverbot ist die Zahl der Männer sogar gestiegen – so die Beobachtungen der Beratungsstelle Nachtfalke. Die Nachfrage sinkt, und so muss man länger und öfter auf der Straße stehen, weil kaum Verdienst möglich ist.

Sandra Kamitz von Bufas (Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter) sagt hierzu: „Menschen in prekären Lebenssituationen sind grundsätzlich sehr anpassungsfähig und existenzbedrohende Ausnahmesituationen zwingen diese Menschen oftmals in kriminelle Strukturen.“

Der Sozialdienst katholischer Frauen bringt die Situation perfekt auf den Punkt:
Diese Situation macht deutlich, dass das aktuell wieder diskutierte „Sexkaufverbot“ keine Alternative ist. Verbote nutzen weder Frauen, die freiwillig in der Prostitution arbeiten, noch denen, die Zwang und Gewalt ausgeliefert sind. Gerade für diese Gruppe würde ein Sexkaufverbot bedeuten, illegal und in größter Unsicherheit arbeiten zu müssen.“2)

Auch der BesD weist drauf hin, dass das Arbeitsverbot durch Corona nicht von der Politik missbraucht werden darf, um durch die Hintertür ein Sexkaufverbot einzuführen oder die komplette Branche zu verbieten.

Es ist eine Schande, dass in der Politik immer vom Schutz der „Prostituierten“ geredet wird, denn in einer wirklich problematischen Situation werden genau diese alleine gelassen,“ erbost sich Johanna Weber, Finanzvorstand des BesD.

So musste der Berufsverband einen Nothilfefonds einrichten, was eigentlich die Aufgabe des Staates wäre. Unser Fonds ist auf Spenden angewiesen, und wir freuen uns auch über staatliche Gelder. Unser Verteilungsverfahren hat sich sehr bewährt und erfolgt gemeinsam mit bundesweiten Beratungsstellen.

Eine Auflistung der weiteren Forderungen des BesD finden sich hier -> https://berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2020/11/11/sexarbeit-waehrend-corona-die-politischen-positionen-und-forderungen-des-berufsverbands/


1) Nothilfefonds des BesD – Wer bekommt Geld? Verteilungskriterien? Hier spenden -> https://berufsverband-sexarbeit.de/index.php/wissen/besdnotfallfonds/

2) Pressemitteilung des SkF -> https://www.skf-zentrale.de/aktuelles/presse/sozialdienst-katholischer-frauen-spricht-sich-gegen-ein-prostitutionsverbot-aus–betroffene-frauen-b

Original-Pressemitteilung