Nach humanistischer Sichtweise hat das menschliche Leben den höchsten Stellenwert und die Gesundheit ist dessen wichtigstes Attribut. Das bedeutet, dass jede Handlung persönlicher oder sozialer Art, die darauf abzielt, die gesundheitlichen Bedingungen zu bewahren oder zu verbessern, von größter Wichtigkeit ist.
Wir verstehen die Gesundheit zugleich als Zustand und Prozess. Als Zustand bedeutet sie ein dynamisches Gleichgewicht zwischen biologischen, sozialen, das Umfeld betreffenden und spirituellen Aspekten. Und als Prozess ist sie eine schrittweise Stärkung der Maßnahmen, die man ergreift, um dieses Gleichgewicht auf den genannten unterschiedlichen Ebenen beizubehalten.
Was also die Gesundheit ausmacht, ist die Fähigkeit psychophysischer Struktur, Situationen des Ungleichgewichts zu verhindern oder jedes Mal, wenn das dynamische Gleichgewicht durcheinandergebracht wurde, wieder zum ursprünglichen Zustand zurückzukehren.
Gerade der Ausbau dieser Fähigkeit ist das, was die Gesundheit erhält und ihre Entwicklung ermöglicht.
Ein gesunder Organismus wird stets seinen Gleichgewichtszustand aufrechterhalten. Wenn es doch einmal zu Schwankungen kommt, werden sie nicht von großem Ausmaß sein, und der Status der Ausgeglichenheit wird schnell wiederhergestellt, ohne Folgeschäden traumatisierender Ereignisse.
Bezüglich der Gesundheit können wir drei verschiedene Szenarien erkennen. Das Erste ist das der vollständigen Gesundheit, das Zweite ist das Risiko, zu erkranken und das Dritte ist die Krankheit.
Ebenso können wir verschiedene Faktoren feststellen, die den Gesundheitszustand in den jeweiligen Bereichen bestimmen.
Im Biologischen sind es ausgewogene Ernährung, sichere Trinkwasserversorgung, Atmen von sauberer und frischer Luft, genug Schlaf und sportliche Betätigung, die den Körper entspannt und in Form bleiben lassen.
In sozialer und psychologischer Hinsicht ist es eine Einstellung, die einen leidvolle Situationen überwinden lässt und eine offene, solidarische und freundliche Beziehung mit der Gemeinschaft und sich selbst fördert.
Auf spiritueller Ebene trägt eine Orientierung, die dabei hilft, im Leben einen tiefen Sinn zu erkennen, zum gesundheitlichen Wohlbefinden bei. Dafür ist es wichtig, einen Ort für Reflexion und die Pflege einer intensiven Beziehung zu sich selbst festzulegen.
Im Hinblick auf die Umwelt ist es ein geschützter Bereich, der sowohl angemessene Wohnvoraussetzungen, als auch den guten Umgang mit der allgemeinen Umwelt umfasst.
Auf der anderen Seite geschieht es, dass Personen, die noch keine Anzeichen einer Krankheit zeigen, Situationen ausgesetzt sind, die Unfälle und Krankheiten begünstigen. Dies sind die erwähnten Risikofaktoren, die sich mit der Umwelt, dem sozialen Umfeld und dem Lebensstil verknüpfen lassen.
Bei dem, was der Umwelt heutzutage angetan wird, sind wir Mittäter*innen und unterstützen einen Prozess wachsender Zerstörung – verursacht durch den Missbrauch der Umwelt und die Abwesenheit einer Politik, welche skrupellosen Handlungen von Industrien, die Wasser, Luft und Boden verschmutzen, Grenzen setzt. Dasselbe gilt für die Abholzung, die Verschmutzung von Flüssen und Meeren, die übermäßige Ausbeutung natürlicher Bestände, die globale Erwärmung und die fortwährende Produktion neuer chemischer Substanzen, die ohne Reflexion über Einflüsse und weitere Umweltschädigungen auf den Markt gebracht werden und entscheidende Risikofaktoren für Gesundheit und Leben auf dem Planeten darstellen.
Bei dem, was auf sozialer Ebene geschieht, zeigt sich der Anstieg von Gewalt, der auf Ungleichheit im Zugang zu Grundrechten, Diskriminierung und fehlende Freiheit zurückzuführen ist.
Auf diese Weise weisen Gesellschaften, die immer städtischer und überfüllter werden, Lebensbedingungen auf, die in menschlicher Hinsicht für eine große Mehrheit nicht annehmbar sind. Diese Bedingungen zeigen sich durch schlechte Lebensmittelqualität, Enge, fehlende Grundversorgung, Analphabetismus und Unsicherheit.
Gleichzeitig führen die individualistische Kultur und der Wettbewerb um materiellen Besitz und Macht dazu, dass man sich gegenseitig als Konkurrent oder Feind betrachtet, was soziale Beziehungen vergiftet.
Im Hinblick auf den Lebensstil wird die Kultur maßgeblich von einer Öffentlichkeit beeinflusst, die einen Konsum vorantreibt, der Fehlernährung und Inaktivität zur Folge hat. Der Wert des Individualismus wird um jeden Preis aufgebauscht, was gemeinschaftliches Arbeiten erschwert und einen utilitaristischen, objektifizierenden Blick vieler fördert, die sich lediglich als Werkzeuge ihrer eigenen Wünsche wahrnehmen.
Mit all diesen Dingen werden die Menschen in einer Situation aus Isolation und Ich-Bezogenheit konfrontiert, welche zusätzlich Depressionen und andere seelische Leiden fördert.
Wenn sich die Lebensbedingungen nicht bald verbessern, manifestieren sich die verschiedenen Ungleichgewichte in Form von infektiösen, chronischen, degenerativen, und psychischen Krankheiten, sowie Verhaltensstörungen und Unfällen.
Dennoch basiert unser Konzept nicht auf Krankheit, sondern Gesundheit und priorisiert die Verhaltensweisen und Handlungen, die das gesundheitliche Wohl erhalten und verbessern. Auch arbeitet es daran, die Risikofaktoren zu verringern und berücksichtigt dabei, dass es lohnenswerter ist, Gesundheit zu fördern und Krankheit zu verhindern, als eine Krankheit zu behandeln oder den Tod zu bedauern.
Unter all diesen Lebensumständen zeigen sich Gesundheit, Risiko und Krankheit gleichzeitig zu verschiedenem Ausmaß, was auch bei der Behandlung der Krankheit die Stärkung der vorhandenen Gesundheit in den Vordergrund stellt.
Im Bezug auf den Umgang mit Krankheiten haben die unterschiedlichen Kulturen im Laufe der Geschichte verschiedene Strategien entwickelt, worauf der Fokus zu legen ist und viele davon haben es bis in unsere Zeit geschafft.
Heutzutage existiert eine medizinische Methode, die in Europa im Zeitalter der Moderne entwickelt wurde und sich danach auf der ganzen Welt ausbreitete – man kennt sie als wissenschaftliche Medizin.
Diese hat eine große therapeutische Wirksamkeit bewiesen, vor allem bei akuten Krankheiten und den Unfällen, die der steigenden Nutzung technologischer Mittel geschuldet sind.
Anders sieht es mit chronischen Leiden aus, die man zwar behandeln, aber nicht heilen kann. Dadurch bedürfen immer mehr Menschen lebenslang medikamentöser Behandlung, was mit hohen Kosten und Nebenwirkungen verbunden ist.
Dem schließt sich die Spezialisierung in den Behandlungen an, deren Konsequenz ist, dass eine Person von verschiedenen Experten unterstützt werden muss – abhängig von dem jeweilig betroffenen Organ oder System. Dies spaltet denjenigen auf und erzeugt wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung, die andere, unkonventionelle Alternativen sucht, um sich gesundheitlich zu versorgen und die dank der Kommunikationstechnologien immer populärer werden. Diese Behandlungen finden nicht auf dem Feld klassischer abendländischer Medizin statt und schüren Misstrauen gegenüber der offiziellen Wissenschaft.
Aus unserer Perspektive muss man sich dessen annehmen und Studien durchführen, um den wahren Wert dieser Behandlungen zu erkennen, die momentan von einer Bevölkerung in Anspruch genommen werden, die zu wenige Kenntnisse hat, um den Einfluss der verschiedenen Methoden auf ihre Gesundheit zu reflektieren. Daher müssen sie sachlich korrekt informiert werden.
Wenn wir diesen bewussten Umgang mit unserer Gesundheit als eine Dimension menschlichen Fortschritts annehmen, verschreiben wir uns dem humanistischen Konzept, das folgend lautet:
„Es wird keinen Fortschritt geben, solange er nicht von allen für alle verwirklicht wird, weil der Fortschritt einiger weniger in niemandes Fortschritt endet“.
Dies drückt das Streben danach aus, dass die besten Gesundheitsbedingungen notwendigerweise für die ganze Menschheit erreicht werden. Wir können nicht vom Besitz der Gesundheit sprechen, wenn die Bedingungen nicht dafür gegeben sind, dass alle menschlichen Individuen ausnahmslos das höchstmögliche Niveau langfristig erreichen können.
Um das Gesagte zusammenzufassen, lasst uns verstehen, dass dies im individuellen und sozialen Bereich vollbracht werden muss: Stärkung der Gesundheit, Verringerung der Risikofaktoren und eine Behandlung der Krankheit mit Maßnahmen, die alle Menschen voranbringen, sowie Chancengleichheit und die bestmögliche Qualität für alle erreichen.
In diesem Zusammenhang stellt sich Rehuno (Red Humanista de Noticias en la Salud – Humanistisches Netzwerk für Nachrichten im Bereich Gesundheit) als Informationsquelle zur Verfügung, die unvoreingenommen neue wissenschaftliche Erkenntnisse prüft und veröffentlicht, welche einen Beitrag zu der Verbesserung menschlichen Lebens leisten können.
Von Jorge Pompei und übersetzt aus dem Spanischen von Chiara Pohl vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!