Im vergangenen Mai erhielt der Bürgermeister Medellíns, Daniel Quintero Calle außergewöhnliche Befugnisse von Seiten des Stadtrats, um eine administrative Reform umzusetzen. Als Kandidat kündigte Quintero an, er würde als Bürgermeister die Struktur der städtischen Verwaltung reformieren. Unter den vorgeschlagenen Maßnahmen war ebenso die Schaffung eines Sekretariats für Gewaltfreiheit und Menschenrechte, um jenes mit allen Angelegenheiten zur Umsetzung des Friedensabkommens zu betrauen. Dabei lässt sich daran erinnern, dass der aktuelle lokale Vertreter damals Teil der Gruppe aus Unterstützern von „Ja“-Stimmen bei der Volksabstimmung für Frieden am 2.10.2016 war.
Das neue Sekretariat hat sich offiziell letzte Woche präsentiert, nach vielen Monaten der Arbeit. Dessen Hauptförderin, die soziale Verwalterin von Medellín Diana Osorio, unterstrich die Wichtigkeit dieser neuen Entwicklung in einer Stadt, die viel Arbeit vor sich hat, um Jugendliche vor gewalttätigen Handlungen in den Stadtvierteln zu bewahren und Bedingungen für ein pazifistisches Zusammenleben zu schaffen. Aus diesem Grund wird diese neue Stelle vor allem folgende Funktionen haben:
- Koordinierung von Aktionen für die Arbeit mit Opfern von bewaffneten Konflikten, sowie Anstoß von kollektiven geschichtlichen Verarbeitungsprozessen, in Zusammenarbeit mit dem „Nationalen Zentrum Historischen Gedenkens“, dem Museum „Haus der Erinnerung“ und weiteren sozialen Organisationen.
- Verknüpfung mit dem „System der Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantie für Nicht-Wiederholung“, das aus dem Friedensabkommen mit den Farc entstand.
- Etablierung von Gewaltfreiheit in politischen Entscheidungen, Programmen, sowie in pädagogischen und kulturellen Projekten.
- Begleiten der Planung, Ausarbeitung, Umsetzung und Evaluation der öffentlichen städtischen Friedenspolitik, der Aussöhnung und des Zusammenlebens.
- Leitung von Programmen und Projekten der Forschung, der sozialen Innovation und des Wissensmanagements, die zur Prävention von Gewalt beitragen, sowie einer Transformation der städtischen Konflikte.
- Begleitung von Resozialisierung inhaftierter Bürger und Jugendlicher innerhalb des Systems strafrechtlicher Verantwortlichkeit, verbunden mit dem Schaffen von Aufmerksamkeit, auch für den Bevölkerungsteil, bei dem ein Risiko zur Straffälligkeit besteht – um die Entstehung von Gewalt zu verhindern.
- Förderung der Bildung von Netzwerken aus sozialen Organisationen und Gemeinschaften mit dem Ziel öffentlicher Versöhnung.
Zurzeit bewohnen Medellín über 300 ehemaliger Kämpfer*innen mit ihren Familien, die heute produktiven Projekten in ländlichen Gebieten der Stadt nachgehen, und Begleitung und Beratung benötigen, mit dem Ziel, ihre soziale und wirtschaftliche Lebensfähigkeit zu garantieren. Genauso verhält es sich mit dem Fokus auf die Bevölkerung, die durch Gewalt aus den ländlichen Gebieten verdrängt wurde – ein Phänomen innerstädtischer Vertreibung. Medellín entwickelt sich also, nach Bogotá, Cali und Neiva, zur vierten Stadt des Landes, welche ein spezielles Organ für die Arbeit an der Etablierung des Friedenskommens auf lokaler Ebene einrichtet. Laut des neuesten Fortschrittsberichts des Kroc Instituts, welches für die Weiterverfolgung dieses Etablierungsprozesses verantwortlich ist, hat sich das Netzwerk jetzt vergrößert: Die Abkommen in lokalem Rahmen umzusetzen sei der langwierigste Prozess, den vorherigen Fortschritten entsprechend.
Es ist hervorzuheben, dass das Stadtratsmitglied Daniel Duque, der Partido Verde am 2. September die „Comisión Accidental 061“ einrichtete, mit der Absicht, die Einhaltung des finalen Friedensabkommens zur Beendigung des Konflikts, sowie einen stabilen und langanhaltenden Frieden zu gewährleisten. Bei der Versammlung unterstützten dies diejenigen Funktionäre der städtischen Organe, die mit den Schritten, welche mit dem Friedensabkommen zusammenhängen, einverstanden sind – Repräsentanten von Organisationen der Zivilgesellschaft, des Kroc Instituts, der UNO, des UNDP (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen), sowie Repräsentanten der wiedereingegliederten Bevölkerung und der Akademiker der Stadt. Dort wurden für das Vorhaben wichtige Aspekte betont – darunter die Notwendigkeit, Allianzen zwischen den verschiedenen Sektoren (öffentlich und privat) zu schaffen, um der Verpflichtung nachzukommen, territorialen Frieden zu sichern.
Medellín war eine der am meisten von bewaffnetem Konflikt beeinflussten Hauptstädte in Kolumbien. Es ist bis jetzt tatsächlich die einzige, die einen Bericht über historische Erinnerungen oder „Basta Ya!“ vorliegen hat, der „Medellín: Erinnerungen an einen städtischen Krieg“ betitelt wurde. Ein städtischer Krieg, der laut dem Nationalen Zentrum historischen Gedenkens „einer Studie über die Hauptakteure und Formen, die die Gewalt in dieser Stadt zwischen 1980 und 2014 annahm, sowie über die Einflüsse und Formen des sozialen und kulturellen Widerstands, den ihre Bewohner leisteten“ entspricht. Ebendeswegen sind die Herausforderungen, vor denen diese Stadt in Bezug auf Frieden und Zusammenleben steht, groß.
Übersetzung aus dem Spanischen von Chiara Pohl und lektoriert von Susanne Grönsfeld, beide vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!