Eine Partei schlägt vor, bolsonaristische Hassreden mit gewaltfreier Aktion zu bekämpfen.
Seit 2013 erlebt Brasilien einen Prozess sozialer Transformation, der die primitivsten Gefühle des Menschen gezeigt hat. Es scheint, als ob die faschistische Tendenz, die der brasilianischen Bevölkerung bereits innewohnte, als sie noch einst für ihr pazifistisches Handeln bekannt war, sich auf definitive Weise offenbart hätte. Rassistische, homophobe, kriegstreibende und gewaltsame Reden werden von einigen ohne Scheu gehalten. Seit der Kampagne 2018 ist Präsident Jair Bolsonaro (parteilos) als großer Verfechter solcher intoleranten Reden bekannt. Auf die schwerwiegenden Konsequenzen dieses Rückschritts zu reagieren ist eine der zwei großen Herausforderungen der brasilianischen Linken.
Darauf abgezielt hatte die Kampagne „Gewaltfreie Aktion“, die in den letzten Wochen über soziale Netzwerke populär wurde und in etwas mehr als einem Monat nach ihrer Verbreitung bereits 26 Millionen Menschen mobilisierte.
Die Kampagne befürwortete der Präsident der Partido Socialista Brasileiro (PSB, sozialistische Partei Brasiliens): Carlos Siqueira, ein Verteidiger und Verfechter der Menschenrechte, spricht dabei für seine gesamte Partei und wird sich als Instrument des Kampfes für soziale Rechte, für soziale Transformation, gegen das autoritäre Regime, für mehr Bürgerbeteiligung und Stärkung der Demokratie einsetzen. Auf die genannten Hassreden der zu besiegenden Gegner muss mit einer gegensätzlichen Botschaft reagiert werden, um den Friedensdiskurs zu fördern.
„Der Ausdruck „gewaltfreie Aktion“ verleiht dem eine Form, was die PSB in die Gesellschaft zu bringen versucht, indem sie gemeinschaftliche Einstellungen verbreitet, die dem allgemeinen Wohl dienen“, erläutert Siqueira. Sie regen die Werte Liebe, Toleranz, Gastfreundlichkeit, Widerstandskraft, Mitgefühl, Solidarität, Geschwisterlichkeit und Respekt für die gesamte Menschheit an. Solche Prinzipien verweisen direkt auf die bekannte Befreiungstheologie. „Wir nehmen keinen direkten Bezug darauf, aber können nicht über gewaltfreie Aktion reden ohne die gleichen zwei theologischen Grundsätze der Freiheit zu teilen“, gibt er zu bedenken.
Für die Grundlagen der Kampagne ließ sich die PSB anfänglich von sechs Ikonen des Menschenrechtsaktivismus inspirieren: Nelson Mandela, Dom Helder Câmara, Greta Thunberg, Malala Yousafzai, Mahatma Gandhi und Martin Luther King. „In jedem Video würdigen wir einen von ihnen, aber stellen deren Gerechtigkeitskämpfe so dar, dass sie zum Nachdenken über die Realität in Brasilien anregen, um Rassismus, Hass, soziale Ausgrenzung und jegliche für das Land relevante Themen in die Diskussion zu bringen“, erklärt Carlos Siqueira. Die Videos bleiben zum Download auf der Internetseite der Kampagne verfügbar.
Pazifistisch und nicht passiv
Gegenüber dem Verhalten aus Aggressivität, Hass und Intoleranz, das von Bolsonaro und seinen Anhängern verbreitet wird, mag es vielen wie eine Art Passivität vorkommen, eine andere Haltung einzunehmen und Konfrontation ausgehend von einem Diskurs des Friedens, der Liebe und des Mitgefühls vorzuschlagen. Nichtsdestotrotz ist die gewaltfreie Aktion nichts dergleichen, sondern eine Kampfstrategie, eine Ausübung des Widerstands, bei der sich rohe Gewaltanwendung nicht auszahlt. Außerdem zielt sie darauf ab, Unmenschlichkeit zu überwinden und strebt ein höheres zivilisatorisches Niveau an.
Der ehemalige Bundesabgeordnete und Mitglied des nationalen Vorstands der PSB, Domingos Leonelli, betont, dass die gewaltfreie Aktion die Mobilisation des Widerstands unterstützen soll, aber auf pazifistische Weise. „Wir sind uns bewusst, dass der wirksamste Weg, um der aktiven Gewalt der Rechten zu begegnen, die sowohl in ihren Handlungen als auch in ihrem Diskurs präsent ist, die aktive Gewaltfreiheit ist. Es handelt sich um eine Vorgehensweise, die dafür geschaffen wurde, Politik voller Hass, die dem Faschismus eigen ist, ein Ende zu setzen“, führt Leonelli aus.
Er erinnert daran, dass der Frieden seit über 70 Jahren auf der Flagge der PSB zu finden und das Symbol der Partei die Friedenstaube Picassos ist. „Frieden und Sozialismus sind immer Hand in Hand gegangen“, bekräftigt er zum Gedenken an das wichtigste Beispiel gewaltfreier Aktion in der brasilianischen Geschichte. „Der Kampf um mehr Rechte hat mit intensiven Mobilisierungen bereits seit über einem Jahr Tausende von Menschen auf die Straße gebracht. Ohne, dass auch nur Scheiben eingeschlagen wurden – was sich gegen die Diktatur als erfolgreicher erwies als Guerillakämpfe.“
Das Streben nach sozialem Zusammenhalt, Solidarität, Geschwisterlichkeit und Respekt für die Menschlichkeit setzt sich fort. „Wir sind uns dessen bewusst, dass sich ein Teil der Bevölkerung dem Hass angeschlossen hat; dieses Gefühl, das immer vorhanden war, aber zurückgehalten wurde. Bolsonaro hat dem Faschismus in Brasilien die Tore geöffnet“, stellt Leonelli abschließend fest.
Übersetzung aus dem Portugiesischen von Chiara Pohl vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!