Unter dem Motto “Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung: Egal wo. Egal wer. Egal warum.” rufen bundesweit über 100 Organisationen, Parteien und Bündnisse zum Safe Abortion Day auf.
In mehr als 50 deutschen Städten finden rund um den 28. September, Kundgebungen, Lesungen, Demos und viele weitere bunte Aktionen statt. In Berlin lädt das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung am Montag ab 19 Uhr zusammen mit der polnischen Gruppe Dziewuchy Berlin zu einer Solidaritätsaktion am Brandenburger Tor ein. Zeitgleich wird im Neuköllner Kino Neues Off der Film NIEMALS SELTEN MANCHMAL IMMER (USA/GB 2020) gezeigt, der die Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen thematisiert.
In Polen verschärft sich die Situation zunehmend. “Im November entscheidet der polnische Verfassungsgerichtshofs, ob Schwangerschaftsabbrüche verfassungskonform sind. Da das Gericht von der Regierungspartei abhängig ist, könnte ein totales Abtreibungsverbot bald zur Realität werden”, so Alicja Flisak Sprecherin von Dziewuchy Berlin und ebenfalls im Koordinierungskreis des Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung. Allein dieses Jahr ist es der zweiter Versuch den Schwangerschaftsabbruch zu verbieten. Flisak weiter: “Das letzte Mal wurde die Versammlungsfreiheit während des Lockdowns massiv eingeschränkt – und damit auch die Möglichkeit, Widerstand zu leisten. Und auch die verbalen und physischen Angriffe auf queere Menschen häuften sich im Zuge der hasserfüllten Präsidentschaftskampagne in den letzten Monaten. Dagegen wollen wir am Montag ein klares Zeichen setzen.”
Bei der Solidaritätsaktion von Dziewuchy Berlin sprechen und performen unter anderen die argentinische Gruppe Ni Una Menos sowie Berlin Irland Pro Choice Soldarity und Kate Cahoon vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung. Mit einer gemeinsamen Fotoaktion soll der Abend festgehalten werden.
Zeitgleich wird im Neuköllner Kino Neues Off der Film NIEMALS SELTEN MANCHMAL IMMER (USA/GB 2020) gezeigt. Der Film, der auf der Berlinale und dem Internationalen Filmfestival in Sundance ausgezeichnet wurde, begleitet die 17-jährige Autumn, die ungewollt schwanger wird. Die Regisseurin Eliza Hittman thematisiert dabei die damit verbundenen Probleme rund um weibliche Selbstbestimmungsrechte und Gesundheitsversorgung. Beim anschließenden Online-Panel diskutieren u.a. Dr. Kristina Hänel zum Thema „Fokus Schwangerschaftsabbruch – Wo Stehen wir“. Die Preview findet zeitgleich in vielen weiteren deutschen Städten statt.
Startschuss für die Aktionswoche war die Berliner Kundgebung am 19.9. am Brandenburger Tor, bei der über 1000 Menschen gegen den sogenannten “Marsch für das Leben” auf die Straße gingen. Christliche und rechtskonservative Fundamentalist*innen fordern dort jedes Jahr u.a. das totale Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. Doch die Pro-Choice-Bewegung hat in in Deutschland massiv Zulauf bekommen. Von Flensburg bis München, von Aachen bis Dresden: in großen als auch kleinen Städten haben sich bundesweit viele neue Bündnisse gegründet. Eine wichtige Forderung steht dabei im Zentrum: die Streichung des Paragraphen 218 aus dem Strafgesetzbuch. Die Kriminalisierung von Ärzt*innen und Betroffenen durch diesen Paragraphen führt nicht zuletzt zu einem wachsenden Versorgungsnotstand.
Kate Cahoon vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und Mitorganisatorin der bundesweiten Vernetzung: „Wir sind begeistert, dass wir dieses Jahr gemeinsam so viele bunte Aktionen auf die Beine stellen konnten. Das zeigt uns einerseits, dass wir hier eine starke Pro-Choice-Bewegung haben, die nicht mehr stillsitzen kann, und andererseits, wie unzumutbar die Lage in Deutschland geworden ist. Denn es gibt in Deutschland ganze Regionen, in denen es nicht möglich ist, einen Abbruch zu bekommen. Die Pandemie hat diese Situation noch verschärft.“ Cahoon weiter: „Am Montag wollen wir auch als Teil der weltweiten Bewegung sichtbar sein. Denn überall werden an diesem Tag Menschen für das Recht auf kostenfreien, sicheren und legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbruch auf die Straße gehen.”
Weitere Veranstaltungen in Berlin und online rund um den Safe Abortion Day:
25.09.2020 18 Uhr: Vortrag und Austausch zu Schwangerschaft, Verhütung und Abtreibung – Feministische Burner im Freudensalon von Laura Méritt, Fürbringerstr. 2, Berlin Kreuzberg
27.09.2020 18 Uhr: Ask Me Anything – digitale Fragestunde zu (meinem) Schwangerschaftsabbruch
28.09.2020 10 Uhr: Schwarze Regenschirme und Infomaterial verteilen Frankfurter Allee / Ecke Möllendorffstr. @Gruene_Lbg
Informationen zu den Veranstaltungen in ganz Deutschland finden Sie auf der Website: https://safeabortionday.noblogs.org/mitmachen/aktionen-2020/.
Den bundesweiten Aufruf zum International Safe Abortion Day 2020 finden Sie unter: www.safeabortionday.noblogs.org (dt., engl.), sowie die Liste der über 100 unterstützenden Organisationen.