Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie nutzlos riesige Arsenale während einer Pandemie tatsächlich sind. Genau die Länder, die obszöne Summen für Atomwaffen ausgegeben haben, versagen dabei auch nur die grundlegendste Schutzausrüstung gegen das Corona Virus bereitzustellen und bringen ihre Bürger damit in große Gefahr.

Neue Krankheitserreger werden sich weiterentwickeln, verbreiten und unsere Welt aus der Bahn werfen. Wir können, solange wir weiterhin Lebensräume für andere Arten erschöpfen, das Klima zerstören und industriell Lebensmittel anbauen, auch häufiger mit neuen Infektionskrankheiten rechnen.

COVID-19 ist nur das Neueste; es wird sicherlich nicht das Letzte sein. Und so schlimm es auch sein mag ist es immer noch weit von dem Schlimmsten entfernt, mit dem wir hätten rechnen können.

Sicherheitslücken aufdecken

COVID-19 hat selbst die reichsten Nationen unvorbereitet getroffen; ihre Waffen sind nutzlos gegen eine kleine geistlose Ansammlung einzelsträngiger RNA, einigen Proteinen und einer dünnen Lipidhülle mit einem Durchmesser von etwa 120 nm.

Nationen, welche obszöne Summen in Atomwaffen investieren, die niemals eingesetzt werden dürfen, waren nicht in der Lage, die grundlegendste Schutzausrüstung bereitzustellen – Kleider, Handschuhe und Gesichtsmasken für die Menschen an vorderster Front des Gesundheitswesens, die sich jeden Tag in Gefahr bringen.

Image by HFCM Communicatie/Wikimedia Commons.

Die weltweit am besten finanzierte Organisation für öffentliche Gesundheit, Centers for Disease Control and Prevention of the United States, empfahl zunächst N95-Atemschutzmasken für gefährdete Ärzte und Krankenschwestern und gibt sich nun angesichts schwerwiegender Engpässe bei den grundlegendsten Schutzmaßnahmen auch mit improvisierten Bandanas zufrieden. Diese Schutzmaßnahmen würden den Bruchteil eines Dollars kosten.

Die US-Regierung lehnte die internationale Unterstützung durch Test Kits ab und hatte schließlich eine völlig unzureichende Anzahl ihrer eigenen fehlerhaften Kits.

Aus der Pandemie lernen

Wir können durch dieses Corona-Virus viel lernen, zumindest wenn wir dazu bereit sind.

Es zeigt, wo die wirklichen Bedrohungen für unsere Sicherheit liegen, für welche massive militärische Arsenale und die mächtigsten Massenvernichtungswaffen nicht nur nutzlos sind, sondern auch im Weg stehen.

Es zeigt unsere gemeinsamen Schwachstellen und Kapazitäten, dass globalisierte Probleme keine Grenzen respektieren, uns alle betreffen, und kooperative Lösungen erfordern.

Es hat gezeigt, wie schnell die außergewöhnliche Hybris arroganter Führungskräfte, die nach ihren eigenen Interessen handeln, großen Schaden verursachen kann. Das Böse, gemessen an monumentalen Führungsfehlern, verursachte Zehntausende Todesfälle, die ohne weiteres hätten verhindert werden können.

Es hat gezeigt, wie nutzlos ideologischer Ballast bei der Bewältigung großer Herausforderungen ist.

Es hat gezeigt, dass Respekt für Wahrheit, Beweise und Wissenschaft; sowie den Experten zuzuhören, entscheidend ist.

Es hat sich gezeigt, dass Änderungen, die einmal als undenkbar galten, eigentlich schnell vorgenommen werden können.

Es hat sich gezeigt, dass weibliche Führungskräfte in einer Krise oft vernünftiger und zuverlässiger sind und, dass wir mehr von ihnen brauchen.

Es hat den großen Einfallsreichtum und die Freundlichkeit gezeigt, zu denen Menschen überall fähig sind.

Es hat gezeigt, dass das, was die Wissenschaft und Experten uns sagen – dass neue Pandemien auftreten werden und dass wir darauf vorbereitet sein müssen, mit ihnen umzugehen – eintreten wird, wenn Warnungen nicht beachtet werden.

Zuhören

Wir können das Auftreten einiger neuer Pandemien verhindern. Wir können besser reagieren, wenn wir uns die Erkenntnisse anhören und uns gut auf das vorbereiten, was zu erwarten ist.

Wenn wir nicht auf die überwältigenden Anzeichen eines beschleunigten Klimawandels hören und uns dafür entscheiden, die Treibhausgasemissionen schnell und drastisch zu reduzieren, wird die Katastrophe uns in unseren Lebenszeiten belasten und die Welt, in der unsere Kinder und Enkel leben, wird noch viel gewalttätiger, schwieriger und verarmter sein.

Wenn wir die Realität dessen, was Atomwaffen tun, und die wachsenden Gefahren ihres Einsatzes ignorieren, wird das, was vielleicht gerade noch wie ein geringes Risiko wirkt, im Laufe der Zeit unvermeidlich werden.

Eine letzte Epidemie

Diese COVID-Pandemie wird abklingen. Nach einem Atomkrieg wird es jedoch keinen Wiederaufbau und keine Rückkehr mehr geben. Es wäre die letzte Epidemie. In einer überlasteten Krise wird es kein Gesundheitssystem geben. Es wird kein Gesundheitssystem geben und niemand könnte es besetzen. Wir können uns auf eine Pandemie vorbereiten; für den Atomkrieg gibt es nur Prävention.

Hiroshima Imperial War Museum

Nach einem Atomkrieg gibt es keine „Rückkehr zur Normalität“. (Foto: Hiroshima-Nachwirkungen, Imperial War Museum/Wikimedia Commons)

Deshalb müssen wir jetzt handeln, um unsere Erde vor unaufhaltbarer Erwärmung und der abrupten Eiszeit zu schützen, die der radioaktiven Verbrennung des Atomkrieges folgen würde. Wir müssen handeln, als ob unsere Leben davon abhängen würde, weil sie es tun.

Wir können nicht alle neuen Epidemien stoppen. Und wir wissen noch nicht, ob wir das COVID-19-Virus ausrotten können.

Aber wir können und müssen Atomwaffen vernichten, bevor sie uns vernichten. Der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (TPNW) bietet den besten verfügbaren Weg dazu. Wir sollten die Lehren aus der COVID-Pandemie beherzigen und diesen Weg einschlagen, solange wir noch können.

von Tilman Ruff und übersetzt aus dem Englischen von Jenny Schwender vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige! 

Dieser Artikel erschien zuerst auf Croakey und wird mit freundlicher Genehmigung des Autors erneut veröffentlicht.


Tilman Ruff ist außerordentlicher Professor am Nossal Institute for Global Health, School of Population and Global Health, Universität von Melbourne, Kopräsident, International Physicians for the Prevention of Nuclear War (Friedensnobelpreis 1985) und Mitbegründer der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN, Friedensnobelpreis 2017).

Der Originalartikel kann hier besucht werden