Mit 37 Gegenstimmen und nur 18 Stimmen dafür hat das Parlament des kleinen Zypern vergangenen Freitag NEIN zum EU-Kanada-Freihandelsvertrag gesagt. Alle Parteien, mit Ausnahme der Rechten, stimmten gegen CETA, und zwar aus mehreren Gründen: von den Risiken des Internationalen Schiedsgerichts ISDS, der auf multinationale Unternehmen zugeschnitten ist, die Staaten verklagen wollen, bis hin zum mangelnden Schutz landestypischer Produkte, die der Lebensmittelpiraterie von Übersee ausgesetzt wären. Dazu kommen die Gefahren des hemmungslosen Einsatzes von Pestiziden wie Glyphosat, das in Kanada sogar zum Austrocknen von Getreide vor der Ernte verwendet wird (Sikkation; Anm.d.Ü.), sowie die Angst, die Macht des Großkapitals noch weiter zu vergrößern.
Alles Gründe, für die Kampagne Stop TTIP/CETA Italia immer gekämpft hat, und die in der europäische Zivilgesellschaft schon seit Längerem Millionen von Menschen im Widerstand vereinen. Doch Europa – einschließlich Italien – hat sich auch weiterhin um neue Handelsabkommen wie EU-Mercosur bemüht, die uns zu Komplizen bei der Zerstörung des Amazonasgebietes machen, die unsere kleinen Landwirte in halsabschneiderische Konkurrenz mit den Giganten der Agrarindustrie setzen, und die Verbraucher Gesundheitsrisiken durch die Einfuhr von Produkten minderer Qualität ohne ausreichende Kontrollen ausliefern.
Aber nun hat ein kleiner Mitgliedstaat endlich den Mut gehabt, Nein zu sagen. Jetzt könnte der Vertrag, der sich bereits in provisorischer Anwendung befindet, obwohl er erst von 15 Mitgliedstaaten ratifiziert wurde (darunter Spanien, Österreich, Schweden, Portugal und das Vereinigte Königreich, das inzwischen aus der EU ausgetreten ist), platzen und seine Bestimmungen hinfällig werden. Zypern wird die Europäische Kommission über seine Ablehnung in Kenntnis setzen müssen. Auf diese Weise könnte der Freihandelsvertrag definitiv und unumkehrbar gestoppt werden.
Sicherlich wird Brüssel diese Entscheidung mit ihren schwerwiegenden Konsequenzen nicht einfach so hinnehmen. Derzeit laufen fieberhafte Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und der Regierung, um sie zu revidieren.
Die Ablehnung von CETA durch Zypern sollte aber als das gefeiert werden, was sie ist: ein noch nie dagewesenes Ereignis in der Geschichte der europäischen Handelsverträge. Sie ist Ausdruck der herben Enttäuschung über das neoliberale und austeritäre Projekt der EU, die sich schon seit Längerem breit gemacht hat. Das zeigt sich auch daran, dass es der Stop TTIP/CETA-Kampagne in Italien bereits 2017 gelungen war, den Beginn des Ratifizierungsprozesses zu blockieren, woraufhin die Regierungsparteien das Dossier in einer Schublade verschwinden ließen, um auf bessere Zeiten zu warten. Nun findet das gleiche Gerangel auch im niederländischen Parlament statt, das Gefahr läuft, im Senat keine Mehrheit für das Abkommen zu finden. In Frankreich sah sich Macron, nachdem er die Zustimmung zu CETA in der Nationalversammlung beantragt hatte, einem gespaltenen Parlament gegenüber und beschloss, den Ratifizierungsprozess auszusetzen.
Das Nein Zyperns zu CETA ist ein Sieg für uns alle und muss jetzt zu einem Ende gebracht werden. Das italienische Parlament, von dem zwei Drittel der Abgeordneten im Wahlkampf versprochen hatten, den Vertrag abzulehnen, kann seinen Teil dazu beitragen. Es muss jetzt den Mut finden, eine Abstimmung zu CETA und auch zu EU-Mercosur anzuberaumen. Es gibt keine Ausreden mehr.
Die Übersetzung aus dem Italienischen wurde von Evelyn Rottengatter vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!