Im chilenischen Parlament ist die Reform des Rentensystems, durch die Teile des eingezahlten Rentenbeitrags während der Corona-Pandemie vorzeitig in Anspruch genommen werden können, auf breite Zustimmung gestoßen. Auch einige Regierungsmitglieder sprachen sich für den Gesetzesentwurf aus, was zu tiefen Rissen innerhalb der Koalition und zu deutlichen Spannungen im politischen Klima des Landes führte.
Am Mittwoch fand die Abstimmung zur Durchführung der Reform im Parlament statt. Eine deutliche Mehrheit sprach sich dafür aus, dass die Beitragszahlenden einmalig zehn Prozent ihrer Rentenersparnisse in Anspruch nehmen können. Die abschließende Abstimmung im Senat soll nächsten Dienstag folgen.
Das schlechte Krisenmanagement der Regierung von Sebastián Piñera gegenüber der Corona-Pandemie hat nicht nur zu überdurchschnittlich hohen Ansteckungsraten geführt, sondern die Mehrheit der Bevölkerung in materielle Not gebracht. Die fehlende soziale Absicherung, die Einführung von Gesetzesänderungen, die die Arbeitgeber und nicht die Arbeitnehmer schützen, sowie ausbleibende oder mangelnde Hilfspakete für die Bevölkerung haben in Kombination mit einer gebietsweise strikten Ausganssperre die Unzufriedenheit weiter verstärkt.
Für viele Menschen wurden innerhalb kürzester Zeit die selbstorganisierten Volksküchen überlebensnotwendig. Seit etwa zwei Monaten kommt es deshalb besonders in den Armenvierteln immer häufiger zu Ausschreitungen und sogenannten Hungerprotesten.
Der Versuch der Regierung, die explosive Kombination aus Corona-Pandemie und wachsendem sozialen Unmut durch härtere Repression und Strafen bei Verstößen gegen die Ausgangssperre zu kontrollieren, konnte die Situation nicht entschärfen. Weiter lesen…