Landesweite Proteste gegen Polizeigewalt und Unterstützung der „Black Lives Matter“-Bewegung
Den gesamten Juni über fanden Proteste und Kundgebungen in etlichen japanischen Städten statt. Sie sind Teil einer weltweiten Solidaritätsbekundung mit amerikanischen und weiteren Demonstrationen zum Thema „Black Lives Matter“. Sie verdeutlichten auch die Bedeutung des Themas in Japan und das Problem der Polizeibrutalität im Land.
Wie in den Vereinigten Staaten ging auch in Japan den „Black Lives Matter“ Protesten ein Vorfall von Polizeibrutalität voraus, der zufällig auf Video aufgezeichnet wurde. Am 30. Mai, einige Tage nachdem die Amerikaner gegen die Ermordung von George Floyd protestierten, wurde ein Video veröffentlicht, auf dem die Polizei in Shibuya, Tokio, einen Kurden angreift.
Das Video wurde im Rahmen einer Social-Media-Kampagne auf Twitter und anderen Plattformen tausendfach verbreitet. Am 30. Mai beteiligten sich 200 Menschen an einem Protest vor der örtlichen Polizeistation.
Der Protest in Shibuya hatte zwar keinen direkten Bezug, aber er bildete den Auftakt zu einem Monat landesweiter Demonstrationen gegen Polizeigewalt und zur Unterstützung der „Black Lives Matter“-Bewegung. Dazu gehörten ein nächtlicher Aufmarsch in Tokio am 5. Juni, ein von Schülern organisierter Protest zu „Black Lives Matter“ in Nagoya in Zentraljapan und eine gut besuchte Demonstration in Kyoto.
Als die Dynamik weiter zunahm, zog ein Protestmarsch in Osaka am 7. Juni zehnmal so viele Teilnehmer an wie erwartet:
My 72 year-old dad went #BlackLivesMattter protest in Osaka today. Around 1000 people gathered. Proud of him✊?#blmkansaimarch #BLMKansai#BlackLivesMatterKansai#AsiansForBlackLives pic.twitter.com/9p2pjQ6ieO
— Yuko Weiner (@yukoweiner) June 7, 2020
Ein zweiter Protest zum Thema „Black Lives Matter“, der am 14. Juni in Tokio stattfand, zog 3.500 Menschen an und unterstrich die Organisationskraft von Black Lives Matter Tokio und eines Netzwerks ähnlicher Bürgerorganisationen in ganz Japan:
Amazing turnout for #BLMTokyoMarch #blm東京行進 Very calm, great atmosphere. And was really wonderful to see the anti hate speech protestors cheering us on at Shibuya Crossing pic.twitter.com/95Fp6Mr568
— Pheebz (@PheebzEatz) June 14, 2020
Rassismus gegen Schwarze ist ein Problem
Obwohl viele Schwarze seit langem in Japan leben, ist Rassismus gegen Schwarze nichts Neues. Die Verwendung schwarzer Stereotypen in den Medien und in der japanischen Werbung ist immer noch so verbreitet, dass ein großer Fernsehsender Anfang Juni den bekannten amerikanischen weißen Rassisten Jared Taylor einlud, um „Kontext“ über die Black Lives Matter-Bewegung zu liefern.
Ein Beispiel für den tief verwurzelten Rassismus gegen Schwarze in den japanischen Medien ist ein „Erklärvideo“ zur Black Lives Matter-Bewegung, den der nationale öffentlich-rechtliche Sender NHK im Juni ausstrahlte. NHK sah sich später gezwungen, sich für die Animation zu entschuldigen, in der schwarze Amerikaner als gewalttätige Plünderer dargestellt wurden:
This TV program seeks to educate and update viewers on a range of issues and is quite a good show. Most of the material is appropriate and fair but not sure this video is ok. #アメリカ #抗議デモ #世界のいま #アニメ #BlackLivesMatter ?? pic.twitter.com/4WpflexivO
— Melanie Brock (@melaniebrockjpn) June 7, 2020
Wie Krissy, eine Spieleautorin, in einem weit verbreiteten Tweet bezeugte, besteht die Gefahr einer solchen rassistischen Berichterstattung darin, dass sie die Macht hat, falsch zu informieren und zu beeinflussen:
My job in Japan is scared I might start breaking stuff or looting because I’m a black American. The faq ? Thanks NHK
— Krissy (@kawaiigamer_19) June 9, 2020
Auch prominente japanische Persönlichkeiten mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft sind Opfer von Diskriminierung geworden. Ariana Miyamoto, die 2015 zur Miss Universe Japan gekrönt wurde, wurde kritisiert, weil sie „nicht japanisch genug war“.
Der schwarze, japanische Tennisstar Naomi Osaka äußert sich seit langem offen über Rassismus in Japan und sagte kürzlich, sie sei „nicht in der Stimmung, die Black Lives Matter Bewegung zu bremsen“.
Unterdessen meinte Jay Jackson, ein afro-amerikanischer Pitcher im japanischen Profi-Baseball, die einfachste Art der Verständigung seien Gespräche:
How about they just ask black people from America to explain to them instead….??? There are quite a few that live or work in Japan now.
— Jay Jackson (@Jaxland58) June 8, 2020
Baye McNeil, Kommentator, Aktivist und langjähriger Einwohner Japans, schlug Baye McNeil vor, in einem Essay für das prominente Wirtschaftsmagazin Toyo Keizai die Bedeutung von „Black Lives Matter“ und die anhaltende Krise der Polizeibrutalität zu erklären.
Doch nicht alle japanischen Medien versagen: Toku, Da Ne, eine werktags im Fernsehen ausgestrahlte Vormittags-Talkshow, die bei Rentnern sehr beliebt ist, erhielt Lob für ihre noch jungen Versuche, das Thema Black Lives Matter zu erklären, und Marken wie Sanrio, der Schöpfer von Hello Kitty und anderen niedlichen, kitschigen Figuren, sprachen sich für die Bewegung aus:
Friends are always there for one another. Here are some tips on how to be a better friend and ally ? pic.twitter.com/WtXoq33db7
— Sanrio (@sanrio) June 8, 2020
Hello Kitty und anderen niedlichen, kitschigen Figuren, sprachen sich für die Bewegung aus:
Die Black Lives Matter-Bewegung scheint in Japan gerade erst am Anfang zu stehen; Demonstrationen sind für den ganzen Sommer geplant, darunter ein Protestmarsch am 5. Juli in Nagoya.
Verfasst von Nevin Thompson, erschienen unter dem Titel „June 2020, a month of #BLM in Japan“ auf Global Voices. Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!