Während der Zeit des Lockdowns war Coview für viele Menschen eine Möglichkeit, ihre politischen Aktivitäten aufrecht zu erhalten. Es trafen sich dort Menschen aus vielen verschiedenen Gruppen, Bereichen (System Change, Degrowth, Asyl und Menschenrechte, Feminismus, Recht auf Stadt, Rentenstreik, Kulturarbeit, Künstlerische Arbeit, Sozialarbeit, Selbsthilfegruppen, …) und Regionen, die sich vorher nicht gekannt hatten und gemeinsam Strukturen aufbauten und Aktivitäten organisierten.

Nach dem Ende des Lockdowns kehrten viele wieder in ihre Gruppen zurück, um die politische Arbeit dort fortzusetzen. Für Coview stellt sich nun die Frage, wie wir das entstandene Netzwerk sinnvoll und strategisch für transnationale politische Arbeit nutzen können.

Einerseits hat Coview die Einschränkungen der Grundrechte und Repressionen während des Lockdowns und in dessen Folge beobachtet und sichtbar gemacht. Gerade jetzt gilt es auch, die gerechte Aufhebung von Einschränkungen zu erreichen, um die negativen Auswirkungen und Ausbeutung verschiedener sozialer Gruppen zu verhindern – für ein gutes Leben für alle: Nach Corona darf nicht vor Corona sein!

Die Coronakrise hat soziale und ökonomische Ungleichheiten, Ungerechtigkeit, Widersprüche und Unterdrückung offensichtlich verschärft. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass diese Missstände bearbeitet werden und nicht so schnell wie möglich zum Status vor Corona zurückgekehrt wird.

Schon jetzt sehen wir, dass es wieder ein Großteil der Bevölkerung ist, der die Kosten für die Krise trägt, während die Konzerne und die Reichen es sich richten können. Regierungen nutzen die Krise, um Gesetze zu machen, die marginalisierte Gruppen weiter diskrimieren, Klima- und Umweltkatastrophen werden ignoriert und unverantwortlichen Konjunkturprogrammen hintangestellt, die Situation an den Grenzen Europas eskaliert weiter, mehr Menschen denn je sind weltweit auf der Flucht.

Dies sind nur wenige Auszüge einer sehr langen Porblemanalyse, die sich bei uns angesammelt hat. Deren ausfühliches Ausbreiten würde aber hier den Rahmen sprengen, und wir sind uns dessen bewusst, dass ihr alle ebenso viele und spezifische Blickwinkel dazu mit einbringt.

Als Folge davon sind in den letzten Wochen viele Proteste aufgeflammt. Wir wollen die Bewegungen zu den verschiedenen Themen verbinden und verhindern, dass einzelne Kämpfe gegeneinander ausgespielt werden. Wir wollen die Frage stellen, wie wir auf diese Vielfalt reagieren können und was gemeinsame Handlungsoptionen als Antwort auf die Krisen sind.

Wir sehen Coview als Plattform, die dazu beiträgt, die Kämpfe zu bündeln. Dafür bieten wir Ressourcen und Tools an, die wir über die letzten Monate aufgebaut haben. Wir laden zum gemeinsamen Vernetzen und Koordinieren mit einem konreten Vorschlag ein. Denn nur gemeinsam können wir ein gutes Leben für alle erreichen!

Wir haben dafür eine (ständig zu erweiterende und immer diskutierbare) Liste and Themen und Forderungen aufgestellt:

  • Bessere Arbeitsbedingungen und gute Löhne für alle. Gleiche Rechte und Schutzbedingungen für migrantische Arbeiter*innen.
  • Geschlechtergerechte Verteilung von Sorgearbeit.
  • Kostenlose Gesundheitsversorgung für alle und Rücknahme der Privatisierungen im Gesundheitsbereich.
  • Sicherer und guter Wohnraum für alle: Unabhängig von Geldbeutel und Aufenthaltsstatus.
  • (Wohn)Raum darf keine Wahre sein. Wohnraum und Raum für alle Arten von gesellschaftlichem mMteinander muss grundsätzlich und kostenfrei zur Verfügung stehen!
  • Ausfinanzierung von Bildung, Sozialem, Gesundheit, Forschung, Wissenschaft, Kunst und Kultur.
  • Demokratisierung der Wirtschaft und mehr Mitbestimmung in den Betrieben.
  • Eine Steuerpolitik, bei der die wirtschaftlich Starken und Vermögenden die Kosten der Krise tragen.
  • Sozial und ökologisch gerechte Konjunkturprogramme, keine Förderung von Fluglinien oder Flughäfen, keine Hilfspakete für Unternehmen, die Gewinne und Boni ausschütten.
  • Schuldenerlasse und Unterstützung der von der Krise besonders hart getroffenen Länder.
  • Für das Recht auf Schutz und Asyl – Auflösung menschenrechtswidriger Unterbringungen – Aufnahme der Geflüchteten aus den griechischen und Lybischen Lagern jetzt – Wiederaufnahme der Seenotrettung im Mittelmeer.
  • keine Abschiebungen – Bewegungsfreiheit für alle! Solidarität kennt keine Grenzen!
  • Menschenrechte müssen weltweit der Maßstab für die Bewältigung der Krise sein, auch Menschen auf der Flucht haben ein Recht auf Gesundheitsversorgung.
  • Einen gesellschaftlichen Pakt gegen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Rechtstextremismus.
  • Keine Stigmatisierung und Diskriminierung der sogenannten „gefährdeten Personen“ (alte, chronisch Kranke und behinderte Menschen), Sicherung ihrer Grundrechte und Teilhabemöglichkeiten, vor allem in stationärer Unterbringung.
  • Gesundheit und Freiheit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden!
  • Der öffentliche Raum als wesentlicher Faktor für Demokratie muss zur Verfügung stehen – auch unter Pandemiebedingungen, Protest im öffentlichen Raum muss möglich sein!
  • Bedingungsloses weltweites Grundeinkommen!
  • Erbschafts-, Vermögen- und Reichensteuer.

Unser Anspruch: ein praktisches, solidarisches, kooperatives, eher undogmatisches, aber lustvolles Netzwerk, das sektoren/ bereichs/ regionenübergreifend denkt – nicht einer bestimmten Strömung angehört aber für ein gemeinsames gutes Leben für alle wirkt. Erreichen wollen wir das durch Schaffen von regelmäßigen, strukturierten Diskussions- und Austauschräumen für Menschen, die genau an dieser themen- und regionenübergreifenden Arbeit interessiert sind, zur Entwicklung von Strategien und Planung von gemeinsamen transnationalen Aktionstagen.

Was wir dazu beitragen können:

  • Die Grundsätze von coview als Rahmen: https://coview.info/statement-grundsaetzlich/.
  • Das Coview-Forum als für alle Beteiligten offenes Diskussionsforum.
  • Medienformate für den Öffentlichkeitsauftritt: die Sendung mit der Katze, Nachbarschaftszeitung, Radio-Aktionen, Social/Media.
  • Idee: Karte aller Initiativen (mit kurzer Beschreibung und Link), wo auch das gemeinsame Mission Statement drauf ist, um einerseits die lokale Verankerung sichtbar zu machen und regionale und bereichsspezifische Anpassung zu ermöglichen und gleichzeitig die gemeinsamen Prinzipien und Ziele im Auge zu behalten.
  • Skill-Sharing Wochenenden oder -Tage zum Erfahrungsaustausch.

Vorschlag für eine mögliche erste Aktion: Radioaktionstag an dem sich alle Gruppen vorstellen können + gemeinsame Posteraktion sowie dezentrale Aktionen.

Wir laden alle Interessierte ein zum Kickoff-Meeting am 10.07.2020, 17:00 Uhr CEST – Anmeldung via coview@riseup.net

Videoeinladung:


Zum Hintergrund

Die Social and Political Covid-19 Watchgroup Coview, die strukturell für dezentrale und horizontale Selbstorganisation und Basisdemokratie steht, entstand während der Zeit des Lockdowns. Sie will Formen des solidarischen Miteinanders leben, einen respektvollen Umgang pflegen sowie inhaltlich und durch Aktionen Akzente in sozialen Themenfeldern setzt.

Weiterführende Links

Homepage Coview | https://coview.info/
Nachbarschaftszeitung | https://coview.info/material-action/
Aufruf zum Netzwerk | Bei Coview in Englisch und Deutsch.
Reiner Wein Podcast | Ein Gespräch mit Nadine Cobbina über Coview.


Illustration, Grafik und Video: Neue Debatte und Coview

Der Originalartikel kann hier besucht werden