Zehntausende protestieren am Samstag 6. Juni in Berlin gegen Rassismus und Polizeigewalt. Fast alle Demonstranten waren ernsthaft und als Zeichen ihrer Trauer und ihrer Empörung durchgehned in Schwarz gekleidet. Schwarz auch als Zeichen gegen jede Art Ideologie „der Vorherrschaft weißer Männer“.
Es sind alle Altersgruppen, alle Geschlechter, alle Hautfarben vertreten, aber es sind ganz überwiegend junge Menschen, die hier mit Ernst protestieren, ein Zeichen setzen wollen gegen strukturellen Rassismus und Gewalt in Gesellschaft und vor allem auch im Staatsapparat. Und es ist nicht nur ein Problem in der USA, sondern weltweit, in Europa und bei uns.
Großdemonstration und Pandemie-Schutzmasssnahmen
Der unerwartet starke Ansturm hat zu Problemen beim Abstandhalten geführt. Immerhin trägt der weit überwiegende Teil der Demonstranten Masken. Die Absperrungen der Polizei werden mit großer Disziplin respektiert, führen aber auch zu problematischen Rückstaus, da immer neue Leute von hinten ankommen. Viele verlassen deshalb auch wieder vorzeitig und diszipliniert den Platz. So ziemlich alle Seitenstraßen sind inzwischen ebenfalls gefüllt, aber eben weitgehend unter Einhaltung der Regeln.
I can’t breathe
Überall sieht man die Parole „I can’t breathe“, dass das Opfer der Polizeigewalt kurz vor seinem Tod immer wieder ausrief. Aber vielen Teilnehmern ist voll bewusst, dass dies auch allzu oft auf die Opfer von Covid-19, die auf der Intensivstation landen, zutrifft und Vorsichtsmaßnahmen, wie zum Beispiel Masken tragen sind eine Selbstverständlichkeit.
Demonstration gegen die Covid19-Maßnahmen
Parallel fanden nicht weit entfernt vom Alexanderplatz Veranstaltungen gegen Covid19-Maßnahmen und ein rechter Aufmarsch statt. Statt Schutz, Respekt und Solidarität wird die Ausgrenzung von anderen Menschen zum Lösungskonzept erklärt. Doch der Spuk der letzten Wochen löst sich angesichts der hartnäckigen fantasiereichen Gegenproteste auf. Ein kleiner Haufen ist übriggeblieben. Ein Teil der Hardcore Rechten (durch ihre Westen eine Beleidigung der echten Gelbwesten in Frankreich) hat wohl die eigene Kundgebung vorzeitig verlassen. Irgendwie haben sie diesen Samstag Berlin als eine „extrem unfreundliche Stadt“ erleben müssen.
Neues Antidiskriminierungsgesetz in Berlin
Berlins neues Antidiskriminierungsgesetz ist bundesweit einmalig. Polizei-Verbände und Unions-Politiker fordern, keine Polizisten mehr nach Berlin zu schicken. „Unionspolitiker und Polizei laufen Sturm gegen das neue Berliner Antidiskriminierungsgesetz. Bayern droht sogar die Verweigerung der Amtshilfe an. Der Aufschrei deutet darauf hin, dass das Gesetz überfällig war. Hätte die Polizei kein Problem mit Rassismus, wie jetzt im Brustton der Überzeugung behauptet wird, könnte ihr ja ein Diskriminierungsverbot keine Probleme bereiten.“ (via Renate Angstmann)
Nur Polizisten, die gegen das Gesetz verstoßen, haben doch etwas zu befürchten. Wer dagegen Verstöße bei der Polizei unter den Teppich kehren will, bereitet amerikanischen Verhältnissen den Boden. Die Berliner Demonstranten haben heute auch diesen Unionspolitikern deutlich gemacht, was sie von deren Drohungen halten. Wer bei der Polizei keine Transparenz will, macht sich mit schuldig.
Beitrag und Fotos von Peter Vlatten für Arbeitskreis Internationalismus IG Metall Berlin