24 Gruppen fordern konkrete Schritte gegen weitreichende Übergriffe der Polizei.
Konkrete Schritte gegen offene Diskriminierung bei polizeilichen Überprüfungsmaßnahmen forderten 24 lokale, nationale und internationale Organisationen am Mittwoch in einem offenen Brief an französische Regierungskreise.
Kurz nach dem Ausbruch der Corona Pandemie beschloss Frankreich am 17. März 2020 Lockdown–Maßnahmen. Am 24.März wurde schließlich der Gesundheitsnotstand erklärt und landesweit wirksam. Ein einmaliger Verstoß gegen die Notstandsgesetze kostet 135 Euro. Auf wiederholte Nichtbeachtung stehen bis zu 6 Monaten Gefängnis und eine Strafe von bis zu 3.750 Euro.
Gewalttätige Übergriffe und diskriminierende Maßnahmen seitens der Polizei sind seit des Beginns des Lockdown aktenkundig und im Netz dokumentiert. Videobeweise, die in sozialen Netzwerken geteilt werden, belegen diese Vorwürfe zusätzlich. Bei den Einsätzen kommt es auch vermehrt zu rassistischen Beschimpfungen.
Polizeikontrollen zur Umsetzung des Lockdown finden sowohl nach offiziell zugänglichen Daten, wie auch Medieninformationen vorwiegend in den “quartiers populaires” statt, den Arbeiter*innenviertel mit einem hohen sichtbaren Minderheitenanteil unterschiedlicher Herkunft. Dort heißt es, sollen dann Bußgelder dreimal so hoch liegen als der Durchschnitt im Departement Seine-Saint-Denis, dem ärmsten Viertel der Metropolregion.
All diese Daten und Abrechnungen verweisen eindeutig auf den Tatbestand der Diskriminierung einzelner Bevölkerungsgruppen. Der Wohnort und die sowieso vorhandene wirtschaftliche und soziale Benachteiligung dieser Gruppen sind entscheidend für die Höhe der Bußgelder – so schließen daraus die Organisationen.
Diskriminierende Verhaltensweisen und Missbrauch bei Polizeieinsätzen sind nicht neu in Frankreich. Seit Jahren kritisieren Organisationen und unabhängige Instanzen „ethnisches Profiling“ bei Polizeikontrollen und Identitätsüberprüfungen. Rassistische Kommentare vor allem gegen junge Schwarze und Araber sind keine Seltenheit in den „quartiers populaires“.
Am 27. März forderten deshalb 24 Organisationen, unter ihnen auch Human Rights Watch die französische Regierung auf, sicher zu stellen, dass Polizeimaßnahmen und Kontrollen im Kampf gegen die Covid-19-Epidemie nicht zum Anwachsen von Missbrauch führen. In einem Bericht, der von HR Watch demnächst veröffentlicht wird, sind eine ganze Reihe illegaler Praktiken dokumentiert.
Hier kann der Brief und die Empfehlungen der 24 Organisationen heruntergeladen werden.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Heidi Meinzolt vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!