Vor sechs Wochen standen die Aktivist*innen der Expedition Grundeinkommen mit Stapeln gesammelter Unterschriften im Hamburger Rathaus. Gemeinsam konnten sie dort 13.421 Unterschriften für die Volksinitiative „Hamburg soll Grundeinkommen testen“ einreichen – mehr als notwendig.
Inzwischen hat der Hamburger Senat das Zustandekommen der Volksinitiative bestätigt. Diesen Schwung wollte die „Expedition Grundeinkommen“ mit nach Berlin nehmen, wo das gleiche Anliegen in einen verbindlichen Volksentscheid münden soll. Doch dann kam Corona. Die Expedition Grundeinkommen steht seit dem Ausbruch der Corona-Krise für die Initiator*innen Laura Brämswig und Joy Ponader in einem Spannungsfeld: „Das Thema Grundeinkommen bekommt viel mehr Aufmerksamkeit und Zuspruch als vor der Krise. Aber das Sammeln von Unterschriften ist mit den Ausgangsbeschränkungen gerade nahezu unmöglich“, so Brämswig.
20.000 Unterschriften werden für die erste Hürde auf dem Weg zum Volksentscheid in Berlin benötigt. Bei einer Befragung der deutschlandweit 27.500 Expeditionsmitglieder hatten 85 Prozentangegeben, dass die Unterschriftensammlungen auch in der Zeit der Corona-Krise weitergehen sollen. Daher stellt die Initiative seit letzte Woche auch die Listen zum Unterschreiben in Berlin zum Download auf der Internetseite expedition-grundeinkommen.de/berlin zur Verfügung.
„Statt auf das Sammeln bei Fußballspielen und Großdemos setzen wir jetzt auf die Unterschriftensammlung per Postversand. Alle Menschen, die keinen Drucker zuhause haben, können sich eine Liste per Post bestellen“, so Ponader. Um den Versand zu finanzieren, findet derzeit ein Crowdfunding auf startnext.com/expeditionbge statt. Für Ponader ist die Expedition, die neben Berlin und Hamburg auch in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Bremen stattfindet, der logische nächste Schritt für unsere Gesellschaft: „Das Thema will auf die politische Tagesordnung. Und zwar jetzt. Wenn wir das Grundeinkommen nicht zumindest ausprobieren, verpassen wir eine riesige Chance.“
Ponader hat 2014 mit Micha Bohmeyer die Kampagne Mein-Grundeinkommen.de gegründet. Prof. Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist vom Ansatz überzeugt: „Der Ansatz der Expedition Grundeinkommen basiert auf einem hohen Maß an Realismus. Denn es wird nicht die sofortige Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens gefordert, sondern die Durchführung von wissenschaftlich begleiteten Modellprojekten mit mehrjähriger Laufzeit. “Auch die Initiatorin der erfolgreichen Onlinepetition „Grundeinkommen Jetzt!“, Tonia Merz, unterstützt die Initiative.