Der bekannteste Medien-Manager Deutschlands vertritt hundertprozentig die Interessen der USA. Die Hintergründe.
«Krisen haben etwas Klärendes. So auch die Corona-Krise. Wenn eine Therapie gegen das Virus gefunden ist, die Shutdown- und Lockerungsdebatten verklungen sind und die Rezession ihr hässliches Gesicht zeigt, muss nichts Geringeres geklärt werden als die Weltordnung. Konkreter: die Bündnisfrage. Wo steht Europa? An der Seite Amerikas oder an der Seite Chinas?»
Der das sagt, heisst Mathias Döpfner und ist Vorstandsvorsitzender und Miteigentümer des deutschen Medienkonzerns Axel Springer SE, der unter anderem die deutsche «BILD»-Zeitung und «Die Welt» herausgibt. Und der gemäss eigenen Worten und offizieller Verkündigung auf seiner Website «Weltmarktführer im digitalen Journalismus» werden will. Mathias Döpfners Wort hat Gewicht.
Ausgerechnet wenige Tage vor dem 8. Mai, dem Erinnerungstag «75 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges», und mitten in der weltweiten Corona-Krise hat sich dieser bekannteste deutsche Medien-Manager mit einem eigenen Aufruf an die Leserschaft der «Welt» – und damit an die deutsche Politik und ans deutsche Volk – gewandt. Und was hat er «seinen» Deutschen zu sagen?
1. Es gibt nur eine Weltmacht, die demokratisch ist: die USA.
2. Es gibt nur eine Weltmacht, die nicht demokratisch ist: China. Es gibt also «nur» zwei Weltmächte.
3. Seit der Aufnahme Chinas in die WTO, die Welthandelsorganisation, am 11. Dezember 2001 – dem «vielleicht grössten Fehler der westlichen Marktwirtschaften in der jüngeren Geschichte» – ist der Anteil der USA am Weltbruttosozialprodukt von 20,18 auf heute 15,03 Prozent gesunken, der Anteil der EU von 23,5 auf 16,05 Prozent. Der Anteil Chinas aber am Weltbruttosozialprodukt ist in der gleichen Zeit von 7,84 Prozent auf 19,24 Prozent gestiegen.
4. Wörtlich: «Europa gefällt sich als Block zwischen den Weltmächten, kann aber nicht Everybody’s Darling sein. Nach der Krise müssen wir uns festlegen: Wollen wir weiter an der Seite Amerikas stehen oder an der Seite Chinas? Beides geht nicht.»
5. Die USA haben sich für eine Abkoppelung von China entschieden. Und, wörtlich: «Europa muss sich nun endlich auch entscheiden, will es seine Freiheit von Peking nicht zunehmend unterwandern lassen.»
Für Mathias Döpfner ist Donald Trump zwar ein US-Präsident «mit einer ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitsstörung», aber er hat «ein paar richtige Entscheidungen» getroffen: Steuersenkungen zugunsten der US-Wirtschaft (also der Unternehmer, Red.), die Kündigung des «Atom-Deals» mit dem Iran, die entschiedene Unterstützung Israels, den erhöhten Druck auf die Europäer zur Finanzierung der NATO und den Stopp der Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Döpfner erklärt ausführlich, warum – in seinen Augen – jede Zusammenarbeit mit China äusserst gefährlich ist. Vor allem sieht er das transatlantische Bündnis in Gefahr. Selbst die «geheimdienstliche Zusammenarbeit» mit den USA gerate so in Gefahr. Döpfner wörtlich: «Wenn Washington die enge nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit Europa aufgeben würde, wären die Folgen für unsere Sicherheit und unsere Wirtschaft verheerend.» Sprich: Europa ist von der geheimdienstlichen Zusammenarbeit mit den USA total abhängig.
Schliesslich: «In dieser Lage ergeben sich für die Europäer zwei Bündnisoptionen. Sie können das traditionelle transatlantische Bündnis trotz Trump vertiefen, unter ausdrücklicher und engerer Einbeziehung eines Post-Brexit-Englands und verbundener Länder wie Kanada, Australien, der Schweiz und des demokratischen Teils Asiens. Oder sie entscheiden sich für eine engere wirtschaftliche Bindung an China, die immer auch eine politische Bindung ist. Dann wacht man vielleicht eines Tages auf und findet sich in einer gruseligen Gesellschaft wieder: an der Seite von China und mit ihm unverbindlich assoziierten Staaten wie Russland, dem Iran und weiteren Autokratien.»
Döpfner schliesst seinen lauten Ruf für eine zweigeteilte Welt und damit für einen neuen Kalten Krieg, diesmal mit China, mit deutschem Pathos: «Es geht um mehr als um Geld. Es geht um unsere Freiheit, um Artikel 1 (des deutschen Grundgesetzes, Red.), den schönsten Begriff, der je in einem Gesetzestext gestanden hat: die Würde des Menschen.»
Döpfners Appell für eine zweigeteilte Welt basiert auf dem Verschweigen wichtiger Fakten
Kritische Leserinnen und Leser wissen es: Nicht nur, was in einem Kommentar erwähnt wird, ist relevant. Auch was – bewusst – nicht erwähnt wird, beeinflusst eine Argumentation.
- Döpfner verschweigt, dass die «Weltmacht» der USA darauf beruht, dass die USA seit vielen Jahren mehr Geld in die Rüstung und ins Militär investieren als alle anderen Länder dieser Welt: Im Jahr 2019 war es mehr als die Militärausgaben der zehn nächstgrössten Militärmächte China, Indien, Russland, Saudi-Arabien, Frankreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Japan, Südkorea und Brasilien zusammen! Und Döpfner verschweigt, dass die USA ausserhalb ihres eigenen Landes weltweit über 700 Militärbasen betreiben.
- Döpfner verschweigt, dass die von ihm zwar als «unperfekt» bezeichnete, aber alles in allem doch hochgepriesene und für die politische Entweder-Oder-Entscheidung massgebliche US-Demokratie in hohem Grade zu einer Plutokratie verkommen ist. In beiden Kammern des Kongresses sind mehr als die Hälfte der Abgeordneten Millionäre. Und im Wahlkampf 2016 wurden über 2 Milliarden US-Dollar allein für Wahlwerbung ausgegeben. Auch das Gerrymandering, die politisch motivierte Verschiebung der Wahlkreisgrenzen, um das Resultat bei den Wahlen für das Repräsentantenhaus zu manipulieren, ist bei Döpfner kein Thema.
- Döpfner verschweigt, dass der wirtschaftliche Aufschwung Chinas vor allem deswegen erfolgte, weil die neoliberalen US-Konzerne ihre Produkte im Billiglohnland China produzieren lassen, um selber mehr Gewinn zu machen. Siehe dazu, als Beispiel, das ZDF-Video zur Produktion des iPhones von Apple in China.
- Döpfner verschweigt, dass die USA mit nur 4,3 Prozent der Weltbevölkerung und mit 15,03 Prozent des Weltbruttosozialproduktes immer noch über einen weit überproportionalen Anteil am Weltbruttosozialprodukt verfügen. Und er verschweigt, dass auch die EU mit 6,6 Prozent der Weltbevölkerung und mit 16,05 Prozent Anteil am Weltbruttosozialprodukt immer noch über einen weit überproportionalen Anteil am Weltbruttosozialprodukt verfügt.
- Döpfner verschweigt, dass Chinas heutiger Anteil am Weltbruttosozialprodukt mit 19,24 Prozent durchaus im Rahmen seines Anteils von 18,6 Prozent an der Weltbevölkerung liegt.
- Döpfner verschweigt, dass die USA mit ihrem Geheimdienst «Central Intelligence Agency» CIA mit geschätzt über 20’000 Mitarbeitenden und ihrer «National Security Agency» NSA mit geschätzt zwischen 40’000 und 50’000 Mitarbeitenden das mit Abstand grösste geheime Überwachungssystem der Welt betreiben.
- Döpfner verschweigt, dass die USA nicht nur ihre «Feinde» überwachen, sondern auch ihre «Freunde», z.B. das Mobiltelefon der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch die Telefongespräche und E-Mails fast aller Bürgerinnen und Bürger werden überwacht, wie Edward Snowden aufgedeckt hat.
- Döpfner verschweigt, dass die USA seit dem Zweiten Weltkrieg aus eigener Initiative mehrere Dutzend militärische Interventionen unternommen haben, darunter nicht zuletzt die Bombardierung und Besetzung des Iraks im Jahr 2003 mit Hunderttausenden von Toten, und dies mit der erlogenen Begründung, der Irak verfüge über Massenvernichtungswaffen.
- Döpfner verschweigt, dass sein Medien-Konzern für alle Mitarbeitenden fünf verbindliche Grundsätze hat, darunter die Position 3 «Wir zeigen unsere Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika», dass also er, Mathias Döpfner, in seinem Aufruf zur engeren Bindung Europas an die USA gar nicht frei war.
- Döpfner verschweigt, dass der Medienkonzern Axel Springer SE bereits zu 42,5 Prozent dem US-amerikanischen Finanzinvestor KKR gehört (Nähere Angaben zu KKR siehe unten).
- Döpfner verschweigt, dass er selber mit einem geschätzten Vermögen von über 150 Millionen Euro zu den 750 reichsten Deutschen gehört – oder also zu den reichsten 0,001 Prozent der deutschen Bevölkerung. Ein glaubhafter Vertreter der demokratischen Interessen der deutschen Bevölkerung und einer «sozialen Marktwirtschaft»?
Wäre Mathias Döpfner ein normaler Journalist, er würde wegen aktiver Anstiftung zu einem neuen Kalten Krieg vielleicht sogar gefeuert. Aber Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Medien-Konzerns Axel Springer SE, Präsident des «Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger» BDZV, mehrfacher Bilderberg-Konferenz-Teilnehmer und aktiver Mitredender an den Münchner Sicherheitskonferenzen MSC, kann es sich leisten, in seinem Namen einen solchen Aufruf zu veröffentlichen. Und jetzt werden Tausende von Journalistinnen und Journalisten in seinem Konzern sinngemäss das schreiben, was ihnen ihr oberster Boss mit seinem Aufruf vorgegeben hat, weil sie in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten erst recht Angst haben, bei der nächsten Sparrunde zu den Entlassenen zu gehören. Die journalistische Freiheit im Westen ist nicht durch eine staatliche Zensur gefährdet. Konzernvorgaben und die Schere im Kopf der Journalisten und Journalistinnen führen zu Selbstzensur – mit gleicher Wirkung.
Das sind die politischen Grundsätze der Axel Springer SE
1. Wir treten ein für Freiheit, Rechtsstaat, Demokratie und ein vereinigtes Europa.
2. Wir unterstützen das jüdische Volk und das Existenzrecht des Staates Israel.
3. Wir zeigen unsere Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.
4. Wir setzen uns für eine freie und soziale Marktwirtschaft ein.
5. Wir lehnen politischen und religiösen Extremismus ab.
Das sind die Informationen des Axel Springer-Konzerns über sich selbst
«Axel Springer ist ein Medien- und Technologieunternehmen und in mehr als 40 Ländern aktiv. Mit den Informationsangeboten ihrer vielfältigen Medienmarken (u. a. BILD, WELT, BUSINESS INSIDER, POLITICO Europe) und Rubrikenportalen (StepStone Gruppe und AVIV Group) hilft die Axel Springer SE Menschen, freie Entscheidungen für ihr Leben zu treffen. Der Wandel vom traditionellen Printmedienhaus zu Europas führendem Digitalverlag ist heute erfolgreich abgeschlossen. Das nächste Ziel ist gesteckt: Durch beschleunigtes Wachstum will Axel Springer Weltmarktführer im digitalen Journalismus und bei den digitalen Rubriken werden. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Berlin und beschäftigt mehr als 16’000 Mitarbeiter weltweit.»
Einige Informationen zum Finanzinvestor KKR
Der US-amerikanische Finanzinvestor KKR – von der «Welt» US-Investmentriese genannt – hat im Jahr 2019 und bis heute 42,5 Prozent des Aktienkapitals der Axel Springer SE übernommen.
Zur Website der KKR
Das Portfolio der KKR
Das schrieb die FAZ über die KKR.
Die Gründer der KKR:
Jerome Kohlberg Jr.
Henry Kravis
George R. Roberts
Im Management von KKR ist seit 2013 auch der ehemalige CIA-Direktor David H. Petraeus, der spätere General im Irakkrieg, der wegen Geheimnisverrats an eine aussereheliche Geliebte von all seinen militärischen Ämtern zurücktreten musste.
Axel Springer SE ist auch in der Schweiz aktiv
In der Schweiz gibt es den Zeitschriftenverlag Ringier Axel Springer Schweiz AG, eine 50:50-Tochtergesellschaft des Schweizer Medienhauses Ringier und des deutschen Medien-Konzerns Axel Springer SE. Die offizielle Information auf deren Website lautet: «Die Ringier Axel Springer Schweiz AG ist ein 2016 gegründetes Gemeinschaftsunternehmen der Ringier AG und der Axel Springer SE. Das Joint Venture ist das grösste Zeitschriftenhaus der Schweiz und produziert 30 Titel mit 880 Ausgaben pro Jahr. Seit 2010 führen die beiden Unternehmen zudem bereits ein erfolgreiches Joint Venture in Mittel- und Osteuropa. Ringier Axel Springer Schweiz hat ihren Sitz in Zürich sowie Lausanne und beschäftigt rund 550 Mitarbeitende.» Zu den Zeitschriften dieses Verlages gehören zum Beispiel die «Schweizer Illustrierte» oder auch der «Beobachter».