Kosmopolitische Systeme bewahren Harmonie und Stabilität über ein ausgewogenes Zusammenspiel aller ihrer großen Elemente.
Abdolkarim Soroush, islamischer Philosoph
1. Die Natur ist ein System physikalischer, biologischer und chemischer Kräfte, die alle in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen und sich evolutionär entwickeln.
Den Menschen sind die Folgen von Veränderungen der Verhältnisse lange bekannt: Das Klima ändert sich, wenn beispielsweise der Luftdruck sinkt. Stürme oder Überschwemmungen können erwartet werden. Kraftwerke und Autoabgase erwärmen und schädigen die Qualität der Luft. Gletscher schmelzen und tiefliegende Landstriche und Inseln werden vom steigenden Meeresspiegel bedroht. Ein Übermaß an chemischen Substanzen, in die Natur versprüht, vernichtet die Artenvielfalt in Flora und Fauna. Wo sind die Insekten, wo die Vögel? Wer bestäubt die Blüten, fragt die Bevölkerung? Falls in der Natur etwas nicht ihren Gesetzen entspricht, erfolgen Anpassungen in langsamen Schritten der Evolution.
Naturwissenschaftler haben ihren Elfenbeinturm verlassen und schlagen Alarm (Berliner Zeitung 14.9.2019), weil die Leitungsebene der Wirtschaft und die Konsumenten die Natur zu gering schätzen. Beider Egoismus bremst nachhaltige Änderungen zugunsten der natürlichen Kreisläufe.
2. Die innere Stabilität der menschlichen Gesellschaft hängt gleichfalls von den Balancen zwischen ihren Schichten ab.
Die Kreisläufe der Marktwirtschaft geraten in Gefahr, wenn wichtige Bausteine ausfallen oder in Widerspruch zu einander geraten. Beispielsweise Einnahmen zur Bezahlung fälliger Kreditraten oder das Ausbleiben von Renditen/Gewinnen. Hat die Logik des Regelsystems beispielsweise zu hohe Arbeitskosten, stehen Entlassungen an oder der Austausch mit nicht tarifgebundenen Leiharbeitern u.ä. wird vorgenommen.
Die Staatskasse springt bei großen systemrelevanten Unternehmen zur Sicherung der Stabilität mit Subventionen, Fördermitteln, oder Abwrackprämien ein, auch mit Steuersenkungen. Das Ordnungssystem des Kapitals bleibt stabil, wenn die Komponenten seiner Logik im richtigen Verhältnis bleiben. Falls nicht und die Schichten der Gesellschaft geraten in unlösbare Widersprüche, müssen Menschen die Ordnung nachjustieren. Reformen oder Transformationen erreichen qualitativ oftmals nicht das notwendige Ziel. Der Mensch hat auch nicht so viel Zeit wie die Natur. Er greift zur Revolution, um eine neue gesellschaftliche Logik herzustellen.
3. Wie empfindlich ein Gesellschaftssystem sein kann, lassen die Folgen der CORONA-Pandemie schon nach 2 Monaten ahnen.
Produktionsbänder der Autoindustrie stehen still, Kultureinrichtungen und die Gastronomie sind leer, Schulen geschlossen, Sportplätze verödet. Die Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen arbeiten im Ausnahmezustand. Mit Heimarbeit wird die Verwaltung aufrechterhalten.
Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, schätzt ein, dass die ersten Maßnahmen nach Ausbruch der Corona-Pandemie Kosten von 150 bis 260 Milliarden Euro in Deutschland verursacht haben (Berliner Zeitung 04./05.04.2020).
Die Politiker der EU, die Europäische Zentralbank auch der internationale Währungsfonds rechnen mit höheren Summen zur Wiederherstellung des Normalzustandes. Die Bevölkerung kann daraus nur wage Schlüsse für ihr Alltagsleben ziehen. Die gedachten Summen deuten an, das etwas Gewaltiges im Gange ist.
Der Kursverfall der Börse von 13.781 auf 8.618 Punkte im Zeitraum vom 20.02. – 20.03.2020 zeigt an, dass die Bilanzwerte der 30 Großunternehmen Deutschlands stark gesunken sind.
Die Staatsverschuldung Deutschlands wird die 2 Billionen Grenze deutlich übersteigen. Das kann als gesichert angenommen werden. Die politischen Parteien streiten inzwischen, ob Schulden über Steuererhöhungen reduziert werden sollen.
Theoretische Erörterungen helfen im Moment wenig. Wichtig ist, dass punktuell die Kleinstunternehmer und der Mittelstand finanzielle Unterstützung aus dem Staatshaushalt erhalten. Die Zahlung von Kurzarbeitergeld ist beschlossen damit Betriebe weiterarbeiten können. Arbeitslosengelder sollen unbürokratisch genehmigt und ausgezahlt werden.
Die Zahlungen von nicht rückzahlbaren Einzelhilfen, Stundung von Steuerzahlungen, zeitweiliger Schutz vor Zwangsräumungen von Wohnungen sind zwischenzeitlich angelaufen. Die Zahlung von Kurzarbeitsgeldern mit reduzierter Lohnsumme für die Arbeitnehmer ermöglicht es, Betriebe weiterzuführen.
Die intensive Arbeit der Behörden fördert Vertrauen. Die Solidarität zwischen den Betroffenen hat zugenommen.
4. Die Erfahrungen aus der letzten großen gesellschaftlichen Krise 2008 oder den regelmäßigen Krisen der Marktwirtschaft haben für den Großteil der Arbeitnehmer, der Beamten, sowie für die Kleinunternehmer einen bitteren Nachgeschmack. Mit Entlassungen waren sie es, die die Hauptkosten getragen hatten. Die Wirtschaft wurden mit veränderten Regeln wieder angekurbelt.
Erfahrungen aus Zeiten der „Spanischen Grippe“, der Influenza-Epidemie von 1918 und 1920 werden gegenwärtig von den Gesundheitsbehörden und den Kommunalpolitikern beachtet. So beispielsweise die Meidung von Begegnungen aller Art, Gebrauch von Mundschutz, Abstandhaltung, Anordnung von Quarantäne und polizeiliche Kontrolle. Die notwendigen Hygienezustände standen schon zu diesem Zeitpunkt im Blickpunkt der Behörden, berichtet Wikipedia.
Trotz der Erkenntnisse, dass die wirksame Bekämpfung der Corona-Viren ein ganzes Bündels von Maßnahmen erfordert und der Interaktion von Wissenschaft und Politik bedarf, ist die Mitwirkung der Bevölkerung unerlässlich.
Das Prinzip Hoffnung bleibt bestehen, besonders in der Osterzeit.